Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
vermeiden. Es sah aus wie beim üblichen Exerzieren. Hier und da brauchte man eine Handspake. Männer warfen sich in die Brocktaue, um die Mündung ein paar Zoll weiterzubewegen.
    Das feindliche Schiff hatte leicht geschwoit, das gefallene Rigg hing längsseits. Die Tide fiel zusehends. Gleich würde die Fregatte wie ein gestrandeter Wal trockengefallen sein.
    Das Rad drehte sich wieder. York beobachtete das Land und die Strömung und fühlte die Gefahr für das eigene Schiff mehr, als er sie sah.
    »Kurs Nord bei Ost, Sir!«
    Bolitho befahl: »Eine Gelegenheit, Kapitän Tyacke! Zwei Breitseiten, drei, wenn Sie’s schaffen.« Ihre Blicke trafen sich.
Zeit und Entfernung.
    Midshipman Essex sprang herum, als sei er getroffen worden, und schrie: »Unsere anderen Schiffe sind da, Sir!« Er winkte mit dem Hut, als ferner Kanonendonner wie dumpfes Gewittergrollen über die See rollte. Dann wurde ihm klar, daß er gerade seinen Admiral angebrüllt hatte. Er sah errötend zu Boden.
    »Feuern in der Aufwärtsbewegung!«
    Bolitho blickte über Steuerbord und sah die Stückführer an den straff gespannten Zugleinen. Die langsam brennenden Zündschnüre qualmten wie Weihrauch in einem Tempel.
    Daubeny am Großmast, den Säbel über der Schulter, Philip Protheroe, der Vierte Offizier, ganz vorn mit der ersten Division Kanonen. Und hier auf dem Achterdeck der jüngste Offizier, Blythe, der auf die knienden Seeleute sah, als erwarte er gleich eine Meuterei. Das gestrandete Schiff kam langsam näher, die abgesetzten Boote bewegten sich plötzlich nicht mehr. Die schwache Sonne warf die zitternden Schatten der Segel auf das Wasser.
    Daubeny hob den Säbel. »Ziel erfassen!«
    Leutnant Protheroe blickte nach achtern und brüllte dann: »Feuerfrei!«
    Divisionsweise donnerten die Kanonen über die See. Die Vierundzwanzigpfünder rollten durch den Rückstoß zurück in die Brocktaue und wurden wie wilde Tiere eingefangen.
    Bolitho glaubte, die Breitseite wie eine Schockwelle über das Wasser rasen zu sehen und sich wie eine höllische Sichel einen Weg zu schneiden. Als die ersten doppelten Ladungen und die Schrapnells die Boote zerrissen und im Schiff explodierten, suchten Protheroes Männer mit ihren Wurmhaken bereits nach brennenden Rückständen und wischten die Rohre aus, ehe sie neue Kartuschen und Geschosse luden.
    Als letzte feuerten die Kanonen des Achterdecks. Blythe’ Stimme überschlug sich fast, als er rief: »Eine Guinee für die erste Kanone, eine Guinee für die erste!«
    Bolitho betrachtete das alles mit einer seltsamen Taubheit. Er spürte selbst sein Herz nicht mehr schlagen. Tyakke hatte sie alle gut gedrillt. Drei Runden alle zwei Minuten. Vor dem Wenden, um nicht wie der Amerikaner auf Grund zu laufen, würde sie also eine dritte Breitseite feuern können.
    Eine Pfeife schrillte. »Klar, Sir!«
    »Feuer frei!«
    Boote und Bruchstücke von Booten. Uniformierte, die im Wasser um sich schlugen. Ihre Schreie verstummten, als Waffen und Gepäckstücke sie in die eisige Tiefe zogen. Andere, die es noch bis zur Seite des Schiffs geschafft hatten, suchten woanders Schutz. Doch die nächste gezielte Breitseite mähte sie auch hier nieder. Der Amerikaner brannte und zerfetzte unter den einschlagenden Kugeln. Doch schlimmer noch war das Blut. Es lief aus dem Rumpf und vom Deck ins Wasser, das sich im Sonnenlicht rosa färbte.
    In einer kurzen Feuerpause hörte Bolitho Allday sagen: »Wenn die als erste gefeuert hätten, hätten sie mit uns auch kein Pardon gekannt.« Er sprach mit Avery, doch dessen Antwort ging in einer neuen Salve unter.
    Jenseits der erbarmungslosen Todesarena spielte sich eine zweite Tragödie ab. Schiff kämpfte mit Schiff, zwei gegen eins, wenn die Chancen schlecht standen. Keine Linie mehr, nur einzelne Kämpfe, wie Mann gegen Mann.
    Heiser brüllte York plötzlich: »Weiße Flagge, Sir. Sie sind erledigt!«
    Doch die letzte und dritte Breitseite schlug schon ein und zerstörte, was immer ihre Pläne gewesen sein mochten. Als die Männer von den Kanonen an Fallen und Brassen rannten, um das Schiff durch den Wind zu bringen, sah Bolitho zum letzten Mal auf den Feind. Doch selbst die weiße Flagge war jetzt im Rauch verschwunden.
    Daubeny ließ seinen Säbel in die Scheide zurückgleiten, seine rotgeränderten Augen glänzten.
    »Signal von der
Chivalrous
, Sir. Der Feind hat das Gefecht abgebrochen.« Er schaute auf seine Hand, um zu prüfen, ob sie zitterte. »Sie haben erreicht, was sie

Weitere Kostenlose Bücher