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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Es war die alte Geschichte, Sir – Dollars gegen Schillinge, die Chance für ein neues Leben, bessere Bezahlung und unter den Stars und Stripes auch eine bessere Behandlung.«
    Bolitho mußte an Adams
Anemone
denken. Ein paar Männer waren damals auch übergelaufen, als die Flagge gestrichen wurde. Doch dies war etwas ganz anderes – nicht Desertion, die schlimm genug war. Hier ging es um Meuterei.
    »Als sie zugestimmt hatten, hat der Yankee ihnen gesagt, sie könnten jetzt ihren Kapitän auf dieselbe Art bestrafen, wie sie unter ihm gelitten hatten. Und das taten sie sofort. Erst fingen ein paar hartgesottene Übeltäter damit an, dann griff es um sich, wie Wahnsinn. Sie banden ihn fest und peitschten ihn aus, bis er nur noch ein blutiger Fetzen war. Zweihundert, dreihundert Hiebe, wer wollte sie zählen? Auf der
Alfriston
haben wir keinen Schiffsarzt, aber wir taten für ihn, was wir konnten, und auch für den Ersten Offizier, auf den man eingestochen hatte, als er versuchte, den Kapitän zu verteidigen. Der arme Hund wird wahrscheinlich überleben. Aber ich möchte nicht für einen Sack voll Gold in seinen Schuhen stecken.«
    »Und dann?«
    »Sie enterten die
Killarney
und machten sich mit ihr davon. Ich wartete weiter und setzte dann meine Reise zu den Bermudas fort. Da habe ich die Überlebenden an Land gesetzt und dem Befehlshaber Bericht erstattet. Der hat mir befohlen, Sie zu finden und Ihnen alles zu berichten.« Er sah sich in der großen Kajüte um, als habe er sie bisher nicht bemerkt. »Sie hätten auch die
Alfriston
nehmen können, wenn sie gewollt hätten.«
    Bolitho stand auf und trat an die Heckgalerie. Er konnte gerade noch die dunklen Umrisse der kleinen Brigg erkennen und im fallenden Licht hellrosa die Topprahen.
    »Nein, Commander Borradaile. Sie sollten Zeuge sein, der Beweis dafür, daß eine Meuterei ausgebrochen war. Sie wurde vielleicht provoziert, aber man kann sie nicht verzeihen. Als Befehlshabende müssen wir solcher Gefahren immer bewußt sein. Und Sie sind hier. Das ist der zweite Grund.«
    »Um Ihnen Bericht zu erstatten, Sir? Das dachte ich auch«, meinte Borradaile.
    »Und der Kapitän?« wollte Bolitho wissen.
    »Er starb, Sir. Verfluchte und verdammte bis zum Ende alles. Seine letzten Worte waren:
Dafür werden sie hängen

    »Und das werden sie, wenn wir sie kriegen.« Er durchquerte die Kajüte und ergriff die Hand des schmuddligen Borradaile. »Sie haben sehr klug gehandelt. Ich werde das in meinen Berichten festhalten.« Er schaute zu Tyacke hinüber. »Ich würde Sie gerne befördern, aber ich denke, dafür würden Sie mich verfluchen. Sie wollen sicher Ihre
Alfriston
unter allen Umständen behalten!«
    Ohne Zweifel war Borradaile froh, daß die Männer der
Reaper
die
Alfriston
verlassen hatten. Die Schande, sich ergeben zu haben, konnte Männer verderben. Es war besser, die Leute von der
Reaper
losgeworden zu sein.
    »Begleiten Sie Commander Borradaile von Bord, James!« Er sah sie gehen, trat dann an die Heckgalerie und öffnete ein Fenster. Die Luft war überraschend kalt, doch sie half ihm, wieder klare Gedanken zu fassen.
    Avery, der die Szene beobachtet und die ganze Zeit über geschwiegen hatte, meinte leise: »Eine gut geplante Falle. Eine Flagge, unter der man verhandeln will, dann eine provozierte Meuterei, falls eine Provokation überhaupt nötig war. Und jetzt segelt eins unserer Schiffe unter ihrer Flagge.«
    Bolitho sah ihn an, Gischt auf dem Gesicht wie kalte Tränen.
    »Reden Sie weiter, Mann. Sagen Sie, was Sie denken.« Avery hob die Schultern kaum merklich. »Gerechtigkeit, Rache, nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich denke, ich verstehe jetzt, was Sie mit dem Gesicht in der Menge meinten. Es droht immer, will in eine Falle locken, will brutale Rache provozieren. Man will Sie, ohne Zweifel!«
    Bolitho hörte das Schrillen der Bootsmannspfeifen, als ein Kommandant dem anderen seinen Respekt erwies.
    Wie Tyacke teilte wohl auch Avery die persönliche Ansicht des riesigen Mannes, der gerade von Bord ging: Der Kommandant der
Reaper
hatte für seine Tyrannei den rechten Preis bezahlen müssen. Er war nicht der erste. Gebe Gott, daß er der letzte war.
    Er dachte an die Flagge, die im Masttopp hoch über dem Deck wehte und ihm war, als höre er ihre Stimme:
Mein Admiral von England.
    Er war sich völlig klar, wo die wahre Verantwortung ruhte und wen man zur Rechenschaft ziehen würde.

Der älteste Trick
    Adam Bolitho blieb vor dem breiten, beeindruckenden

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