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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hier und endete auch hier. Daß der Sohn hier gefallen war, hatte niemand an Bord zu verantworten. Hockenhull fühlte sich vielleicht deswegen scheußlich, aber einen Vorwurf hatte ihm niemand gemacht.
    Bolitho spürte die Unruhe unter den wartenden Seeleuten. Die erste Spannung und Erwartung war verflogen. Man würde sie später ablösen, und dann hätten sie Zeit, über alles nachzudenken. Jetzt fühlten sie sich betrogen von der leeren See, so als habe man sie in die Irre geführt.
    Und endlich stieg die Sonne auf und färbte die Kimm goldrot. Zum ersten Mal sah Bolitho jetzt die Bramsegel der
Attacker
und eine Ahnung von Farbe auf dem Wimpel im Großmast.
    Jemand rief eine Warnung, als ein dumpfer Schuß über die weißkappige See echote. Ein einziger Schuß, aber das Echo pflanzte sich sekundenlang fort wie in einer Mine oder in einem langen Tunnel.
    Sofort stand Tyacke neben ihm: »Signal, Sir Richard! Von der
Virtue
. Feind in Sicht.«
    »Mehr Segel setzen. Und dann so schnell es geht…« Carletons Stimme kam wieder klar und deutlich von oben: »An Deck! Zwei Segel im Nordosten.«
    Wieder waren ferne Schüsse zu hören, diesmal klang nichts nach Übermut.
    Tyackes starke Stimme brachte die plötzliche Unsicherheit um sie her unter Kontrolle. »Aufentern lassen, Mr. Daubeny. Setzen Sie die Royals!« Dann an York: »Luv-Ruder! Lassen Sie sie zwei Strich abfallen.« Dann rieb er sich die Hände. »Wir werden sie jetzt fliegen sehen, Leute!«
    Wieder Schüsse, sporadisch noch, aber bestimmt. Zwei Schiffe, vielleicht mehr. Tyacke schaute zu ihm herüber.
    »Wann immer Sie bereit sind, Kapitän Tyacke«, sagte Bolitho. Er blickte nach oben, wo die Royals sich donnernd an ihren Rahen entfalteten und ihre Kraft in die unter Druck stehenden Masten und in das Rigg strömen ließen.
    »Lassen Sie alle Mann auf Station trommeln, Mr. Daubeny. Und dann das Schiff klar zum Gefecht machen, wenn ich bitten darf!«
    Daubeny starrte ihn an, dachte zurück und dann voraus an das Kommende.
    Die Trommler der Seesoldaten standen schon unterhalb des Achterdecks. Auf ein Zeichen ihres Sergeanten begannen sie das vertraute Wirbeln. Es wurde bald durch den Lärm der Füße übertönt, als Freigänger und Freiwachen sich bei ihren Mannschaften einfanden. Jede wußte exakt, was von ihr erwartet wurde. Bolitho stand völlig unbewegt und beobachtete die Aktionen um sich herum, die in monatelangem Drill den Männern eingebleut worden waren.
    Die Kajüte unter seinen Füßen würde leergeräumt werden, nackt wie der Rest des Schiffes sein. Alle Wände würde man entfernen, alles Private würde verschwinden, bis das Schiff offen war, vom Bug bis zum Heck – ein kampfbereites Kriegsschiff.
    »Schiff ist klar zum Gefecht, Sir!« Daubeny wandte sich wieder zu seinem Kommandanten.
    Tyacke nickte. »Das war sehr gut.« Denn legte er die Hand an den Hut und grüßte seinen Admiral förmlich.
    »Die
Virtue
kämpft allein ohne Unterstützung, Sir Richard!«
    Bolitho schwieg. M’Cullom war niemand, der wartete. Es ging Schiff gegen Schiff, alte Rechnungen mußten beglichen werden. Da ergriff jeder Kommandant einer Fregatte die Initiative. Carletons Stimme kam von oben wie ein Blitz.
    »Drittes Segel in Sicht, Sir. Und da ist Rauch!«
    Bolitho sagte nur: »Steigen Sie nach oben, George, und sehen Sie zu, was Sie entdecken können!«
    Avery sah nur kurz zurück, als er an die Webleinen eilte. Hinterher erinnerte er sich an seine schmerzenden Augen, als habe er bereits alles geahnt. Weiterer Kanonendonner. Zum ersten Mal sah jetzt auch Bolitho den Rauch wie einen Fleck auf dem graublauen Wasser. Er fühlte, wie sich das Deck hob und dann nach unten donnerte. Die
Indomitable
warf ihre vierzehnhundert Tonnen jeder anrollenden See entgegen. Selbst die Rahen schienen sich zu krümmen wie gewaltige Bögen, jedes Segel stand voll, alle Stagen und Wanten waren auf das äußerste gespannt unter der gewaltigen Segelpyramide.
    »Laden, Sir?« Tyacke war mit seinen Blicken überall, so auch oben, wo ein Mann beinahe seinen Halt verloren hätte, als er ein Netz festzurrte, das die Mannschaften an den Kanonen vor herabstürzenden Spieren schützen würde.
    Bolitho schaute auf den Wimpel im Großtopp. Der Feind würde sie nicht aussegeln können, und sie hatten auch keine Zeit, wieder abzufallen. M’Cullom mußte das alles bereits bedacht und sich für das Risiko entschieden haben. Sei es drum.
    »Ja, lassen Sie laden. Aber noch nicht ausrennen. Virtue hat uns Zeit

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