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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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geschossen?
Das Gesicht in der Menge.
    Jemand rief: »Der Kreuzmast der
Virtue
geht über Bord!«
    Und böse knurrte Isaac York zurück: »Das sehen wir selber, Mr. Essex.«
    Bolitho suchte weiter. Er spürte die Schultern des Jungen zittern – aus Erregung oder Furcht oder wegen beidem.
    Die Fregatte stand jetzt fast genau vor ihnen, lehnte über, als die Brassen dichtgeholt wurden, um sie auf dem neuen Bug zu halten. Sie war ziemlich nahe, vielleicht ganze fünf Meilen entfernt. Sie würden bald auf konvergierenden Kursen segeln. Tyacke hatte das wohl geahnt und York befohlen, die
Indomitable
zwei Strich abfallen zu lassen. In jedem Fall hatten sie jetzt den besseren Wind. Es würde zu einem schnellen, wahrscheinlich entscheidenden Treffen führen.
    Die feindliche Fregatte versuchte, höher an den Wind zu gehen, aber ihre schlagenden Segel füllten sich erst wieder, als sie ihren jetzigen Kurs hielt.
    Bolitho hörte Tyacke murmeln: »Dich haben wir!«
    »Seesoldaten, Achtung!« Merricks Kommando. Er war ein guter Offizier, obwohl er immer unter der Fuchtel von du Cann gestanden hatte, den eine Drehbasse in blutige Fetzen gerissen hatte, als er gerade seine Soldaten auf das Deck des Amerikaners führen wollte.
    Er bewegte mit trockenen Lippen sein Glas weiter und sah, wie die
Virtue
im Pulverrauch abfiel, dem Ruder nicht mehr gehorchte. Ihre Segel schlugen im Wind wie zerfetzte Banner.
    Laut war Tyacke zu hören. »Steuerbord-Batterie, Mr. Daubeny! Lassen Sie die Geschützpforten öffnen!«
    Eine Pfeife schrillte, und Bolitho stellte sich vor, daß sich jetzt die Pforten an ihrer gischtnassen Seite öffneten.
    »Ausrennen!«
    Bolitho setzte das Glas ab und dankte dem Midshipman. Avery beobachtete ihn und sagte: »Der führende Kommandant drüben hält sich im Augenblick zurück.«
    Tyacke trat zu ihnen und meinte wütend: »Damit ein anderer seine Aufgabe erledigt, dieser Bastard!«
    Über der näher kommenden Fregatte hing plötzlich ein Rauchball, und einen Augenblick später klatschte eine Kugel weit hinter dem emporragenden Bugspriet der
Indomitable
ins Wasser.
    »Kürzen Sie Segel, Kapitän Tyacke«, sagte Bolitho. Er sprach jetzt wie zu einem Fremden.
    Tyacke rief seinen Offizieren noch Befehle zu, während hoch oben über dem Deck die Toppgasten schon mit Händen und Füßen versuchten, das wilde Tuch zu bändigen, und sich brüllend verständigten, wie sie das bei endlosen Drills und vielen Wettkämpfen Mast gegen Mast immer getan hatten. Bolitho streckte seinen Rücken. Es war immer das gleiche: Das aufgetuchte Großsegel verminderte zwar die Gefahr eines Brandes, doch die Männer an ihren Kanonen und die Seeleute mit ihren nackten Rücken an Brassen und Fallen fühlten sich verletzbarer.
    Er maß die treibende
Virtue
. Wenn sie diesen Tag überlebte, würde es Monate dauern, sie wieder instand zu setzen und sie auszurüsten. Den fernen oder auch den nächsten Tag würden viele ihrer Männer, die heute noch kämpften, nicht mehr erleben.
    Doch ihre Flagge wehte noch munter von einer unversehrten Rah. Durch den Rauch konnte er Seeleute erkennen, die in die Gangway stiegen und winkten und jubelten, während die
Indomitable
auf sie zu preschte.
    Avery löste seinen Blick von dem anderen Schiff und sah Bolitho fragend an: »Sehen Sie? Die können immer noch jubeln!« Bolitho drückte eine Hand an sein Auge, doch Avery hatte die Rührung und den Schmerz bemerkt.
    Tyacke lehnte an der Reling, als führe er sein Schiff ganz allein.
    »Feuern in der Aufwärtsbewegung, Mr. Daubeny!« Er zog seinen Säbel und hob ihn, bis der Erste Offizier sich zu ihm umgedreht hatte.
    »Sobald Sie soweit sind, Mr. York!«
    York hob bestätigend die Hand. »Ruder nach Lee und Kurs halten!«
    Mit achterlichem Wind drehte die
Indomitable
leicht und ohne Mühe, ihr langer Bugspriet fuhr wie die Lanze eines Riesen über die anderen Schiffe.
    »Kurs liegt an, Sir. Nord bei Ost.«
    »Feuerfrei!«
    Exakt, Kanone nach Kanone, donnerte die Breitseite vom Bug zum Heck. Nach dem fernen Seegefecht war der Donner so betäubend laut, daß einige der Seeleute fast den Griff an den Brassen gelockert hätten, als sie mit aller Kraft die Rahen herumholten, um den Wind besser zu nutzen. Die feindliche Fregatte hatte abgewartet, um näher zu kommen oder um Tyackes ersten Schritt zu erkennen. Doch jetzt war für sie alles bereits zu spät.
    Bolitho sah, wie die Breitseite mit der doppelten Ladung in das andere Schiff schlug, und meinte, sie rucken zu

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