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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Titel: Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Angst habe, ich könnte mein Baby aus mir rausheulen.
    Was soll ich nur tun? Ich fühle mich hilflos. Mein Mann fühlt sich auch hilflos. Und ich finde, es gibt nichts Schlimmeres als hilflose Männer.
    Ich habe ihn des Raumes verwiesen. Und er ist tatsächlich gegangen. Typisch. Männer werden nie begreifen, wann Frauen meinen, was sie sagen, und wann nicht.
    «Bleib bei mir, Schlomo», denke ich heulend in Richtung schmerzender Bauch. «Wir beide werden auch allein zurechtkommen.»
    Telefon.
    Es ist Johanna.

«Die Schwangerschaft und das Baby haben mir ein
    Selbstwertgefühl gegeben, wie ich es noch nie hatte.
    Das erste Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl,
    etwas genau richtig gemacht zu haben.»
    LIV TYLER
    1. Januar um 13 Uhr 10
    D ie wichtigsten und unersetzlichsten Utensilien während einer Schwangerschaft sind eine Freundin, die die Nerven behält, und ein Frauenarzt, der die Frauen versteht.
    Nachdem ich Johanna von dem beängstigenden Befund erzählt hatte, sagte sie mir, ich solle gefälligst sofort meinen eigenen Arzt anrufen, schließlich habe er mir für genau solche Fälle seine Handynummer gegeben.
    Ich erreichte ihn auf dem Weihnachtsmarkt, wo er gerade zusammen mit seinen Kindern Bratwürstchen aß.
    «Kommen Sie in einer halben Stunde in die Praxis», sagte er mit vollem Mund, und ich nahm mir vor, meinen Sohn, sollte er je das Licht der Welt erblicken, nach diesem Arzt zu benennen, auch wenn Frank weder ein besonders zeitgemäßer noch ein überwältigend schöner Name ist.
    Ich stieg also mit zittrigen Beinen zum zweiten Mal auf einen Behandlungsstuhl und starrte unsicher in das Gesicht meines Arztes, aus dem ich eher schlau zu werden hoffte als aus dem kryptischen Ultraschall.
    Er guckte ernst.
    Zu ernst?
    Ich fing schon wieder an zu heulen.
    «Dachte ich’s mir doch», sagte er schließlich. «Fehldiagnose. Ihr innerer Muttermund ist geschlossen. Sie können sich beruhigen und wieder anziehen.»
    «Aber wieso, Ihr Kollege meinte doch …?», stammelte ich fassungslos. Während ich in meine unschöne H&M-Big-is-beautiful-Unterhose stieg – ich hatte in dieser Notsituation keine Zeit mehr gefunden, mich untenrum chic zu machen –, erklärte mir mein Arzt, es handele sich um einen relativ häufigen Irrtum. Irgendein Dingens in diesem Stadium der Schwangerschaft sähe im Ultraschall genauso aus wie irgendein anderes Dingens, was dann dazu führe, dass man diese Dingens, wenn die nötige Erfahrung fehle, leicht für einen geöffneten inneren Muttermund halten könne.
    Mir war das alles egal. Ich war glücklich, und mein Sohn würde Frank heißen!
    Mein Mann war auch glücklich, legte aber zum Glück ein Veto ein, denn sein Mathelehrer hatte Frank geheißen, und jeder, der weiß, wie mein Mann rechnet, weiß auch sofort, dass dieser Name nicht in Frage kommt. Kann man nichts machen.
    Wir feierten ein frohes Silvester mit ein paar harmlosen Ladykrachern, damit sich unser Schlomo und seine Mutter nicht unnötig erschreckten, mit einem Glas Champagner und mit fest geschlossenem Muttermund.

«Früher war mein Leben Whiskey, Tränen und Zigaretten –
    jetzt ist es Schnodder, Tränen und Häufchen.
    Ich vermisse allerdings den Whiskey.»
    PINK
    25. Januar
    Schwangerschaftswoche: 27, (7. Monat!!!) 
    Gewicht: Werde mich morgen wiegen, versprochen, aber um mal von etwas Erfreulicherem zu sprechen, mein Blutdruck bleibt immer super konstant: 100 zu 60. Ist doch ein wunderbares Ergebnis!
    Zustand Schlomo: Räkelt sich, tritt und ist unüberspürbar. Er wiegt jetzt ein Kilo, ist also, obschon alleiniger Auslöser, für weniger als ein Zehntel meiner Gewichtszunahme verantwortlich.
    Zustand Mutter: Andere Schwangere sehen im neunten Monat so aus wie ich jetzt. Wohin soll das noch führen? 
     
    I rgendwas ist ja immer.
    Im Moment macht mir das Wetter zu schaffen. Es ist eisig kalt, seit drei Wochen liegt tiefer Schnee, und die Alster ist komplett zugefroren. Also wirklich, kein Verlass mehr auf den norddeutschen Winter. Ich hatte auf den typischen lauen Nieselregen gehofft, denn als immer umfangreicher werdende Frau bist du ja froh um jede Kleidungsschicht, die du nicht anziehen und vor allem nicht in angemessener Größe neu kaufen musst.
    Wenn ich morgens zu meinem Auto stapfe, erinnere ich an einen Astronauten, der seine ersten ungelenken Schritte auf einen fremden Planeten setzt.
    Und während jeder Hamburger, der was auf sich hält, am Wochenende einmal quer über die zugefrorene Alster

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