Unter dem Teebaum
vor?«
»Die Farben könnten von intensiven Rottönen mit Spuren von Violett bis hin zu Ziegelrot reichen und im Alter Brauntöne aufweisen«, entgegnete Amber.
»Und der Geschmack? Die Aromen? Das Bouquet?«
»Die primären Aromen wären neu und einzigartig: grüner Pfeffer, Zimt, Eukalyptus, Laub, Minze, Veilchen, Beeren, schwarze Johannisbeere und Tinte. Im Alter könnte der Wein Duftnoten entwickeln, die zwar nicht mehr typisch für Australien sind, aber ebenfalls einzigartig: erdig, mit Anklängen an Zigarrenkistenholz, Zedernholz, Schokolade, Tabak und Kaffeebohnen«, erklärte Amber. Ihre Wangen waren gerötet, und Walter Jordan konnte sehen, dass seiner Tochter diese neue Cuvée wirklich am Herzen lag.
»Eukalyptus und Minze? Zigarrenkistenholz? Zedern? Ich habe noch nie einen solchen Wein gekostet. Er wäre ungewöhnlich, das gebe ich gern zu. Aber wollen die Kunden wirklich einen Wein, der nach Tinte und Veilchen schmeckt?«
Amber nickte. »Davon bin ich überzeugt. Eukalyptus und Minze machen die Cuvée leicht, Tinte und Veilchen begleiten den Wein im Abgang. Die Holznoten geben ihm aber die nötige Schwere eines guten Rotweins.«
Walter Jordan sah seine Tochter zweifelnd, aber nicht mehr abgeneigt an.
»Ein Verschnitt von Shiraz und Cabernet«, wiederholte er und schüttelte den Kopf. »Du bist kein Winemaker, Amber, du bist eine Revolutionärin.«
Er ging langsam weiter, blieb nach ein paar Schritten stehen, beschirmte die Augen mit der Hand und sah bis zum Ende seiner Weinberge. »Willst du wirklich den bewährten Weg verlassen?«, fragte er. »Wir haben Erfolg mit unseren Weinen, haben seit Jahren treue Kunden. Wir machen das, was alle hier machen: gute Cabernets und als Spezialität einen guten Shiraz. Warum sollen wir plötzlich damit aufhören?«
Amber kam zu ihrem Vater, legte ihm eine Hand auf den Arm. »Weil die Welt sich dreht«, antwortete sie. »Weil nichts von Dauer ist. Alles verändert sich.«
Der Winzer schüttelte den Kopf. »Du redest Unfug«, sagte er streng. »Es gibt Dinge, die nicht geändert werden müssen, weil sie gut sind, wie sie sind. Und es gibt Dinge, die sich nicht ändern lassen. Hier in Barossa Valley gibt es niemanden, der sich an neuen Weinen versucht. Wir haben unser Handwerk alle gelernt. Der Boden ist nur für bestimmte Weine geeignet. Du wirst die erste Kellermeisterin hier sein. Ist das nicht Veränderung genug?«
Amber sah ihn enttäuscht an. »Heißt das, alles bleibt, wie es ist, wie es immer war? Heißt das, du machst mich zur Kellermeisterin des Gutes, um alles beim Alten zu belassen?«
»Die Dinge brauchen ihre Zeit. Nur wer das Bewährte im Schlaf beherrscht, ist fähig und befugt, neue Wege zu gehen.«
Amber nickte traurig. »Meine Ausbildung ist also noch nicht vorbei. Im Grunde ist es gleichgültig, ob ich ein Winemaker-Diplom habe oder nicht. Hier auf dem Gut soll alles so bleiben, wie es immer war.«
Der Vater lächelte. »Daran ist doch nichts Schlechtes, Kind. Ich möchte einfach nur, dass du es besser hast, als ich es in deinem Alter hatte. Eines Tages wirst du jemanden hier aus der Gegend heiraten, der etwas vom Wein versteht. Neues Land und neue Reben werden dazukommen, und schon ist nichts mehr, wie es jetzt ist. Alles braucht seine Zeit, Amber.«
»Jemanden aus der Gegend heiraten, der etwas vom Wein versteht«, murmelte Amber vor sich hin und kratzte mit der Spitze ihrer Sandale im warmen Sand.
»Es muss nicht unbedingt ein Winzer sein. In Tanunda gibt es einige junge Männer, die mir für dich passend erscheinen. Und manchmal liegt das Beste direkt vor der eigenen Nase.«
Ambers Gesicht verdüsterte sich. »Du denkst an Steve Emslie, nicht wahr? Aber ihn werde ich niemals heiraten.« Die Worte kamen entschieden und mit einer gehörigen Portion Trotz.
Walter trat zu ihr, legte die Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. »Steve ist ein guter Mann. Er kennt sich mit dem Weinbau aus, ist ein tüchtiger Verwalter. Er trinkt nicht übermäßig, und seinen Jähzorn wird er über kurz oder lang ebenfalls in den Griff bekommen.«
»Ist das alles, was du deiner Tochter wünschst?«, fragte Amber fassungslos. »Einen Mann, der sein Handwerk versteht und nicht übermäßig trinkt?«
»Was ist daran schlecht?«, fragte der Vater. »Was willst du denn noch?«
Amber antwortete nicht. Wie sollte sie ihrem Vater erklären, dass sie sich einen Mann wünschte, den sie liebte? Einen Mann, mit dem sie
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