Unter dem Vampirmond 02 - Verfuehrung
hatte.
» Wie wäre es, wenn du dir von Jack etwas zu essen geben lässt, während ich nachsehe, ob mit Milo alles in Ordnung ist? « Ezra formulierte es als Frage, sein Ton ließ allerdings keinen Widerspruch zu.
» Ich bin absolut in der Lage, mir selbst etwas zu essen zu machen « , sagte ich und stand auf. Ich konnte einfach nicht anders, als ihre Großzügigkeit mit Trotz zu beantworten.
Jack verdrehte die Augen. » Na gut, dann sehe ich dir dabei zu. «
In der Küche klapperte ich demonstrativ mit dem Geschirr, riss Schubladen auf und schlug Schranktüren zu. Jack seufzte, während ich mir das zornigste Erdnussbutterbrot der Welt machte.
Der Radau, den ich veranstaltete, hatte gar nichts mit Wut auf Jack oder Ezra zu tun. Ich hatte einfach nur Angst.
Kapitel 5
Obwohl ich im Flur stand, konnte ich Peters Duft riechen. Sofort raste mein Herz, und meine Beine zitterten. Ich ärgerte mich über meine heftige Reaktion und versuchte, den Schmerz, der unerträglich in mir brannte, zu unterdrücken.
Zum Glück war Jack unten und leistete Abbitte, indem er meine Wäsche wusch. Unter anderen Umständen hätte Mae das erledigt, doch sie war mit Milo beschäftigt, der rund um die Uhr Pflege brauchte.
Ich war schon fast drei Tage im Haus, hatte sie jedoch so gut wie gar nicht zu Gesicht bekommen, ebenso wenig wie Milo.
Ich war einsam und verwirrt und hatte eine Menge Zeit, durch das Haus zu geistern. Jack versuchte zwar, mich aufzuheitern, blieb aber gleichzeitig auf Distanz. Das hellte meine Stimmung nicht sonderlich auf.
Jack schlief im Wohnzimmer auf dem Sofa und überließ mir sein Zimmer. Ich stöberte in seinen Schubladen, in der Hoffnung, etwas Spannendes zu finden, aber alles war völlig harmlos. Er hatte eine Truhe voller Graphic Novels in seinem Wandschrank. Ich blätterte darin herum, konnte mich aber auf nichts wirklich konzentrieren.
Ich hätte mich damit trösten können, dass mir Milo nun auf alle Zeit erhalten bleiben würde. Wenn ich mich bereits verwandelt hätte, dann wäre mir das vielleicht gelungen, denn ich hätte nachvollziehen können, was Milo durchmachte. So aber konnte ich mich nur an Jacks vage Aussage klammern, Vampir zu sein sei einfach fantastisch.
Doch was war, wenn Milo etwas Furchtbares zustieß? Wenn er todkrank wurde oder sich in ein abscheuliches Monster verwandelte? Wenn er nicht mehr Milo war, der schüchterne, überfürsorgliche Streber, den ich liebte, sondern ein fanatischer Blutsauger?
Oder wenn er mir nicht verzieh, was ich ihm angetan hatte? Dass ich ihm das mit den Vampiren verschwiegen hatte? Wenn er mich den Rest meines Lebens hasste?
Als ich es müde war, Jacks Zimmer zu durchsuchen und mich mit Selbstvorwürfen zu quälen, gab ich Peter doch noch nach. Eine ganze Weile stand ich einfach nur im Flur und atmete seinen berauschenden Geruch ein, der noch in der Luft hing.
Als Peter im Frühjahr weggegangen war, nach dem Zwischenfall, bei dem er mich fast umgebracht hätte, hatte Mae die Tür zu seinem Zimmer einfach zugemacht. Niemand hatte je laut darüber nachgedacht, ob er zurückkommen würde, obwohl seine Sachen alle noch da waren.
Es herrschte unausgesprochene Einigkeit darüber, dass Ezra eine Lösung für uns alle finden und wieder Normalität in unser Leben einkehren würde. Nicht, dass ich noch gewusst hätte, was unter » Normalität « zu verstehen war.
Ich öffnete die Tür zu Peters Zimmer, nicht ohne mich vorher umzusehen, ob Jack in der Nähe war. Niemand hatte mir verboten, den Raum zu betreten. Mae und Ezra war es wahrscheinlich egal, doch Jack würde es mir sicher übel nehmen.
Schon die reine Erwähnung von Peters Namen brachte ihn auf die Palme. Ich hoffte, dass sich das eines Tages legen würde, zweifelte allerdings daran, dass Jack je wieder etwas mit Peter zu tun haben wollte, egal, wie sich unsere Beziehung entwickelte.
Dass Peters Zimmer immer noch genau so war, wie er es verlassen hatte, fiel mir zunächst gar nicht auf. Ich schloss einfach die Augen, atmete tief ein, und eine wunderbare Wärme umschloss mich. Von seinem Zimmer ging eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Obwohl Peter schon mehrere Monate weg war, schrie mein Körper nach ihm wie eh und je.
Auf dem weißen Teppichboden vor den Massivholz-Bücherregalen waren noch ein paar Tropfen meines Blutes zu sehen. Mir fiel wieder ein, in welchen Rauschzustand mich Peters Biss versetzt hatte. Ein herrlich friedliches Gefühl hatte mich ergriffen, als das Leben aus mir
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