Unter dem Vampirmond 02 - Verfuehrung
enge Bindung er damit einging.
Im Buch erzählte Peter so gut wie nichts über sein Leben als Sterblicher. Er erwähnte nur, dass er eines Tages von seinem Pferd abgeworfen wurde. Das Pferd suchte das Weite, und er lag am Wegesrand im Sterben. Ein Fremder kam des Weges, und als er sah, in welchem Zustand Peter war, entschied er, dass er ihm nur das Leben retten konnte, indem er ihn verwandelte.
Peter beschreibt anschließend das starke Gefühl der Loyalität und Zuneigung zu dem Vampir.
Es war anders als alles, was ich bis dahin erlebt hatte. In meinem früheren Leben hatte ich einen Vater, einen Bruder, Freunde gehabt. Doch keine Bindung war dermaßen stark gewesen. Ich spürte alles, was er spürte, als wären es meine eigenen Empfindungen. Wenn er sich zu weit entfernte, erfasste mich eine schreckliche Unruhe. Ich hatte das Gefühl, ich könnte ohne ihn nicht leben.
Diese Bindung hatte jedoch nichts Fleischliches an sich. Es war, als sei ich ein Teil von ihm. Eine Trennung wäre so schmerzhaft gewesen wie die Entfernung einer meiner Gliedmaßen.
Zum Glück begegnete er mir mit Respekt und Würde. Viele andere junge Vampire teilten dieses glückliche Schicksal nicht.
Das erklärte zwar, was zwischen Milo und Jack geschah, beruhigte mich aber nicht gerade. Natürlich würde es eines Tages nachlassen wie bei Peter und Ezra, doch in dem Buch ließ sich auch Peter nicht genauer über den Zeitrahmen aus.
Er beschrieb weiter, wie er das erste Mal einen jungen Mann zum Vampir werden sah. Es war eine beunruhigende Szene, die ich nicht unbedingt erleben wollte.
Ich lag im Bett, las das Buch und hörte Elliott Smith. Am dritten Tag bei Sonnenuntergang hatte ich noch nichts von Milo oder Jack gehört. Ich hatte Peters Buch erst zur Hälfte durch, denn ich las langsam, um nichts zu übersehen.
Die Nacht legte sich über mein Zimmer. Als es zu dunkel wurde, um weiterzulesen, starrte ich mein Handy an und flehte innerlich, es möge klingeln.
Natürlich war mir klar, dass Milo Zeit brauchte, sich an sein Vampirdasein zu gewöhnen. Seine Eifersucht machte mein Zusammensein mit Jack noch gefährlicher. Trotzdem: Beide hatten mir versprochen, mich bald anzurufen, und nun waren schon drei Tage vergangen.
Einen ganzen Tag hatte ich damit verbracht, meine Mutter zu trösten, nachdem sie erfahren hatte, dass Milo ohne Abschied abgereist war. Nachdem sie viel geweint und noch mehr getrunken hatte, warf sie mit Flüchen und Gegenständen um sich.
Als wäre das noch nicht genug, würde in zwei Wochen wieder die Schule losgehen. Nach den Sommerferien musste ich abends wieder früh ins Bett und morgens in die Schule, sodass ich noch weniger Zeit für Jack und Milo hatte.
Meine Stimmung wurde immer düsterer. Ich würde den Rest meines Lebens allein in meiner Wohnung dahinsiechen, und sie hatten nicht einmal den Anstand, mich anzurufen, um mich mit einer letzten großen Party in die Wüste zu schicken.
In einem Anflug völlig unangebrachten Stolzes hatte ich auf einen Anruf oder eine SMS gewartet. Doch nun hatte ich keine Lust mehr zu warten. Die Vorstellung, noch eine Nacht in meinem stickigen kleinen Zimmer zu verbringen, war mir unerträglich.
Hallo. Was machst du gerade?, simste ich Jack.
Nichts Besonderes. Und du?
Er hatte etwa drei Minuten für die Antwort gebraucht, für ihn ungewöhnlich lange, zumal es bereits nach zehn Uhr abends war. Nicht einmal er schlief so spät noch.
Nichts. Ich sitze seit drei Tagen nur herum. Ich wollte ihm ein schlechtes Gewissen machen.
Hast du dich denn nicht mit Jane getroffen? Jack schlug doch tatsächlich vor, dass ich mir die Zeit mit Jane vertreiben sollte. Die Lage musste noch viel dramatischer sein, als ich vermutet hatte. Nach Peter war Jane die Person, die Jack in der ganzen Welt am wenigsten in meiner Nähe haben wollte. Und er riet mir, mich mit ihr zu treffen? Wow.
Nein. Aber das ist eine super Idee, erwiderte ich.
Jane war wahrscheinlich gerade dabei, sich zu betrinken oder mit einem Kerl herumzuknutschen. Wenn es nicht so spät gewesen wäre, hätten wir wohl noch etwas Vernünftiges anfangen können, shoppen zum Beispiel. Aber zwei Wochen vor Schulbeginn verbrachte Jane ihre Nächte garantiert in einem Strudel aus Sex und Alkohol.
Ich hatte in letzter Zeit viel zu tun. Tut mir leid, schrieb Jack.
Nein, das verstehe ich. Alles gut. Ich finde schon eine Beschäftigung. Das schrieb ich ihm jedenfalls, doch ich wusste, dass ich die Nacht weinend im Bett verbringen
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