Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
hätte am liebsten geschrien, wollte aber die anderen nicht ablenken, weil Stellan sie dann sicherlich umgebracht hätte. Milo kauerte über Bobby, um ihn zu schützen, und ich roch, dass Jack und Peter aus frischen Wunden bluteten. Nur Olivia, die den Angriffen fast so flink auswich wie Stellan, war noch unverletzt.
Leif schien in seinem Kampf gegen Bear die Oberhand zu gewinnen. Er schlug seinen Gegner erneut zu Boden, packte ein Stück gesplittertes Holz, hob es hoch über den Kopf und stieß es Bear in die Kehle.
Es folgte ein schreckliches gurgelndes Geräusch, und ich schloss die Augen, um nicht weiter Zusehen zu müssen. Ich hörte das Krachen von Knochen und dann war Bears Herz nicht mehr zu hören. Leif hatte ihn enthauptet.
»Die sind alle so beschäftigt«, sagte Gunnar und schnalzte mit der Zunge. »Es ist schrecklich langweilig hier mit nur uns beiden, oder was meinst du?«
»Gunnar«, sagte Leif leise. Hände und Gesicht waren blutverschmiert. Er schritt bedächtig durch den Mittelgang auf uns zu. »Lass sie los. Sie willst du doch gar nicht.«
»Da hast du recht«, seufzte Gunnar. »Aber wie es scheint, wollen alle anderen sie. Wenn du nur einen Schritt näher kommst, schlitze ich ihr die Kehle auf.« Leif blieb stehen und starrte Gunnar wortlos an. Als Gunnar weitersprach, tat er es so laut, dass seine Stimme durch die gesamte Kathedrale dröhnte. »Was glaubst du, Peter? Wie viel Blut sollte die süße kleine Alice wohl an einem Tag verlieren?«
Peter und Jack erstarrten. Stellan nutzte den Moment und stürzte sich auf Jack. Er packte ihn hart an und warf ihn in eine Bank, sodass er hinter dem Geländer der Empore verschwand. Olivia zielte mit der Armbrust, doch sie konnte nicht abdrücken, solange die beiden miteinander rangen. Ezra sprang Jack zu Hilfe und versuchte, Stellan von ihm fortzuziehen, der jedoch sogar mit Jack im Würgegriff zu schnell für ihn war.
»Nein, Peter, hilf Jack!«, rief ich. »Er braucht dich mehr als ich!«
Als Peter mich mit brennenden Augen anstarrte, wusste ich, dass er nicht auf mich hören würde.
Peter sprang von der Empore, ohne mich aus den Augen zu lassen. Er ging bedächtigen Schrittes durch den Mittelgang. Von oben hörte ich Kampfgeräusche. Jack schnaubte, sein Herz raste, doch sehen konnte ich ihn nicht.
Milo war immer noch damit beschäftigt, Bobby zu schützen. Ich sah Ezra durch die Luft fliegen und gegen eine Wand knallen, wo er neben Olivia zu Boden sackte. Wenigstens schlug Jacks Herz noch. Er war am Leben.
Unterhalb der Stufen, die zum Altar führten, blieb Gunnar stehen. Wir befanden uns nun genau unterhalb des Kreuzes. Als ich nach oben blickte, sah ich die ausgezehrte Christusfigur über mir hängen. Ich fand das ziemlich gruselig, zumal ein Vampir kurz davor stand, mir die Kehle aufzuschlitzen.
»Lass sie los«, befahl Peter.
»Warum sollte ich?« Gunnar lachte. »Ich will dich doch so gerne leiden sehen!«
»Ich weiß schon, was du vorhast.« Peter stellte den Fuß auf die erste Altarstufe. »Du glaubst, du kommst hier lebend wieder heraus, aber eigentlich ist dir das auch völlig egal. Du willst nur gewinnen. Das heißt für dich, mich zu zerstören.«
»Das ist wahr«, stimmte Gunnar ihm zu und blickte dann in Leifs Richtung. »Und dann zerstöre ich ihn. Die anderen sind mir ziemlich schnuppe.« Er festigte den Griff um meinen Hals. »Aber du weißt doch, warum ich sie nicht gehen lassen kann.«
»Sie ist ein Mittel zum Zweck.« Als Peter noch eine Stufe nach oben ging, drückte mir Gunnar die Fingernägel tiefer in die Halsschlagader. Er ritzte die Haut gerade so tief, dass ein wenig Blut floss. Peter blieb stehen. »Du willst sie leiden lassen und ich soll dabei zusehen. Du willst mich quälen, indem du sie langsam umbringst.«
»Ja, und bisher geht die Rechnung ganz gut auf«, erwiderte Gunnar, der allerdings etwas unsicher klang.
»Wenn ich sterbe, verlierst du.« Peter duckte sich und hob einen von Olivias Titanbolzen von der obersten Stufe der Altartreppe auf. Zum ersten Mal spürte ich, dass Gunnars Selbstvertrauen erschüttert wurde. »Ich will sterben. Wenn ich vor ihr sterbe, dann muss ich es mir nicht ansehen. Ich werde nicht leiden.«
»Ich bringe sie trotzdem um«, entgegnete Gunnar nervös.
»Du bringst sie sowieso um.« Peter deutete mit dem Bolzen auf sein Herz. »Aber wenn ich zuerst sterbe, kannst du mir nichts anhaben. Ich bekomme, was ich will, und du nicht.«
»Aber du stirbst in dem Wissen, dass sie
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