Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
Vom Netzwerk:
soll.«
    »Das könnte ich niemals«, sagte er.
    »Und was ist mit deinem Stamm? Die würden doch auf der Stelle die Kaution für dich hinterlegen, oder?«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte er. »Ich würde niemals beim Stamm anrufen, daß die mich hier rausholen.«
    »Nein, Gott bewahre!« sagte ich. »Es ist ja auch so gemütlich hier.«
    »Nie im Leben würde ich das tun!«
    »Dann erzähl mir wenigstens die Geschichte.«
    »Welche Geschichte?«
    »Welche Geschichte. Das ist ja niedlich. Die Geschichte, wie man dich verhaftet hat. Fang damit an, wie ich dich neulich in der Bar zurückgelassen habe, und dann arbeitest du dich langsam vor bis zu dem Zeitpunkt, wo du einen Polizisten mit dem Hockeyknüppel geschlagen hast.«
    Vinnie seufzte lange und resigniert und massierte die Schwellung unter seinem Auge. »Ich wollte den Polizisten nicht schlagen, Alex. Ich wußte ja nicht mal, daß es einer war . Er hatte keine Uniform an.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Er war plötzlich im Weg, Alex. Ich wollte auf Bruckman los.«
    »Moment mal«, sagte ich. Ich rückte meinen Stuhl näher an das Gitter. »Vinnie, das ist jetzt sehr wichtig. Erzähl mir alles, was passiert ist.«
    »Als du neulich weg warst, habe ich zwei von den Jungs zurück ins Reservat gebracht. Ich fuhr durch die Stadt, und da ist doch diese Tankstelle am Loop, und da sah ich Bruckman und ein paar von seinen Freunden, wie sie ihre Schneemobile auftankten.«
    »Also hatten sie Schneemobile«, sagte ich. »Aber in der Kneipe hatten sie nicht solche Anzüge an.«
    »Die hatten sie auch noch immer nicht an. Nur Lederjacken. Ganz schön blöd, aber das wundert mich nicht.«
    »Die junge Frau, die du in der Kneipe bei ihnen gesehen hast, war die noch dabei?«
    »Ja«, sagte er. »Die war da.«
    »Sie heißt Dorothy Parrish.«
    »Das weiß ich«, sagte er. Er starrte auf den Boden.
    »Wieso kennst du sie, Vinnie? Ich habe sie nach dir gefragt. Sie sagt, sie kennt dich überhaupt nicht.«
    Er stieß kurz Luft aus. Man hätte es für ein Lachen halten können, hätte er nicht in einer Zelle gesessen. »Das wundert mich nicht«, sagte er.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Alex, Dorothy Parrish habe ich gekannt, seit ich ein kleiner Junge war. Sie war zwei Jahre älter als ich. In der High School war sie …« Er schüttelte den Kopf. »Also erstens war sie wunderschön. Und eine wirklich gute Schülerin. Und so was von beliebt. Alle haben sie geliebt. Alle Jungen hingen ständig um sie rum. Die weißen Jungs, meine ich. Die Stars der Football-Mannschaft. Sie war das erste Mädchen aus dem Stamm, das zur Königin bei der Abschlußfeier gewählt wurde, stell dir das mal vor.«
    »Ich nehme an, daß ihr zwei nicht viel miteinander zu tun hattet.«
    »Kaum«, sagte er. »So gut wie nicht. Damals war das Reservat nichts als ein Haufen baufälliger Schuppen. So muß es doch noch gewesen sein, als du zum erstenmal herkamst. Du mußt das noch gesehen haben.«
    »Doch, ich erinnere mich.«
    »Jetzt ist da alles besser, kann man sagen, aber damals … viele andere Kids vom Stamm … nun, es war schon hart. Nur nicht für Dorothy. Sie war die Ausnahme. Wenigstens in der Schulzeit.«
    »Hast du sie deshalb gehaßt?«
    »Sie gehaßt?« wiederholte er. »Ich glaube, Dorothy Parrish war das erste Mädchen, das ich geliebt habe. Eben so, wie man mit sechzehn ein Mädchen liebt, das nicht einmal den Namen von einem kennt. Oder ihn nicht kennen will . Ich hätte sie daran erinnert, wo sie herkommt. Und wohin sie jeden Abend zurückkehren mußte. Sie konnte ihren Schulabschluß kaum erwarten, um von hier zu verschwinden.«
    »Und was denkst du, warum sie jetzt zurückgekommen ist?«
    »Dazu fehlt mir die Phantasie«, sagte er. »Sie hat das hier alles dermaßen gehaßt. Bis neulich abends habe ich sie nie wiedergesehen.«
    »Vinnie«, sagte ich. »Sie ist ins Glasgow gekommen. Sie hat mich gesucht. Ich sollte ihr helfen, von Bruckman wegzukommen.«
    Er sah mich an, ohne etwas zu sagen.
    »Letzte Nacht ist sie bei mir gewesen«, sagte ich. »In einer der anderen Hütten, meine ich. Heute morgen war sie verschwunden. Ich glaube, Bruckman hat sie mitgenommen.«
    Er schloß die Augen. »Oh nein«, sagte er. »Bitte nicht.«
    »Was war denn nun mit Bruckman? Du hast gesagt, du hast ihn an der Tankstelle gesehen.«
    »Ja«, sagte er. »Dorothy saß auf einem der Schneemobile. Direkt unter einer Lampe. Ich konnte ihr Gesicht sehen. Sie sah so elend aus. Und so kalt, als ob sie friere.

Weitere Kostenlose Bücher