Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Bruckman kam zu ihr und fing an, sie anzubrüllen. Ich konnte nicht hören, was er sagte, aber sie … Gott, Alex, sie krümmte sich regelrecht. Und dann stieß er sie vom Rücksitz des Schneemobils. Sie stand auf und ging in den Laden neben der Tankstelle. Als sie wieder herauskam, waren alle zur Abfahrt fertig. Sie stand nur lange vor der Tür, und dann stieg sie wieder hinten auf Lonnies Schneemobil, und sie fuhren los. Und ich bin ihnen gefolgt, Alex. Warum, weiß ich nicht. Ich mußte einfach. Ich konnte es nicht lassen. Jimmy und Buck saßen hinten, aber sie waren total ausgefallen. Ich bin Bruckman und seiner Horde den Loop runter gefolgt. Sie fuhren direkt neben der Straße, deshalb war es einfach. An einer kleinen Piste, die nach Westen führt, sind sie dann rechts abgebogen, so habe ich sie für eine Weile verloren. Aber ich weiß, daß diese Piste an der Three Mile Road wieder rauskommt. So bin ich einfach weiter nach Westen gefahren und hab nach ihnen Ausschau gehalten. Und dann sah ich, daß ihre Schneemobile vor Cappy’s parkten, weißt du, die kleine Kneipe an der Stadtgrenze. Ich konnte sie nicht sehen, und da dachte ich mir, die sind da drinnen, um sich aufzuwärmen. Ich hielt den Wagen an und wartete eine Zeitlang. Ich dachte mal dran reinzugehen, aber dann habe ich mir gedacht, sie erkennen mich. Ich meine, ich hatte gerade Hockey gegen sie gespielt, und dann hatten sie mich im Horns Inn gesehen. Also habe ich gewartet.«
Als er seine Erzählung unterbrach, war es still in der Zelle; nur die Lampen über uns brummten. Seine drei Zellengenossen lauschten intensiv, sogar Mr. Freundlich an der Rückwand. Bessere Unterhaltung würde es heute für ihn nicht mehr geben. Ich schob meinen Stuhl noch näher ans Gitter. »Entschuldigen Sie uns, meine Herren«, sagte ich.
Mr. Freundlich spuckte auf den Boden.
»Du hast also gewartet«, sagte ich mit gedämpfter Stimme. »Und irgendwann sind sie rausgekommen.« Ich weiß, worauf das hinausläuft, dachte ich. Sie kommen raus, Bruckman schnauzt sie wieder an, Vinnie geht mit dem Hockeyknüppel auf ihn los und ein Polizist vom Soo, der gerade dienstfrei ist, will schlichten. Und jetzt sitzt er im Knast. Aber das war es nicht, was er mir erzählte.
»Er kam alleine raus«, sagte Vinnie. »Er stand da und rauchte auf dem Parkplatz eine Zigarette. Und dann ist Juno aufgetaucht.«
»Wer ist Juno?«
»Juno ist mein Vetter. Väterlicherseits. Er hat viele Probleme im Leben gehabt, Alex. Er hat oft in Schwierigkeiten gesteckt. Vor zwei Jahren war da mal ’ne kleine Gefängnisstrafe. Gott, ich bin sicher, hier in dieser Zelle hat er öfter als einmal gesessen. Jedenfalls kommt er, und Bruckman geht zu seinem Wagen. Juno dreht die Scheibe runter, und ich sehe, wie Bruckman ihm etwas gibt. War schon ziemlich klar, was die da machten. Juno fährt also weg und die Three Mile Road runter, Richtung Reservat. Bruckman steht noch immer da. Es ist scheißkalt, aber ihm scheint das nichts zu machen, auch wenn er bloß diese Lederjacke anhat. Ich war mir nicht sicher, was ich jetzt machen sollte, aber Jimmy und Buck schnarchten noch dahinten, und da hab ich gedacht, ich warte und gucke, was passiert.«
Er hielt inne, wieder war es still, und seine Zellengenossen betrachteten ihn immer noch. Ich sagte nichts. Ich wartete nur, bis er die richtigen Worte für das fände, was jetzt kommen mochte.
»Nun geht Bruckman für ein paar Minuten in die Kneipe und kommt dann wieder raus. Er raucht noch ’ne Zigarette, wie er da auf dem Parkplatz steht. Und Juno kommt wieder. Er konnte nicht mehr als dreißig, fünfunddreißig Minuten weggewesen sein. Gerade genug, um zum Reservat und zurück zu fahren. Diesmal, als Bruckman zu Juno ans Fenster geht, gibt Juno ihm was. Mußte wohl Geld sein, dachte ich. Bruckman hat ihm Drogen gegeben, und Juno bringt sie ins Reservat. Also nun …« Vinnie atmete tief und schluckte dann. »Da wurde ich wütend. Das da ist mein Vetter, und der bringt Drogen ins Reservat. Und Bruckman ist der Kerl, der ihm die Drogen besorgt, Alex. Das hat mich echt geschafft. Mein eigener Vetter, Alex.« Seine Stimme wurde rauh. »Verdammt noch mal, der Sohn vom Bruder meines Vaters ist … ich konnt’s einfach nicht ertragen, Alex. Und dann kam Dorothy aus der Kneipe, und sie steht da im Licht der Tür. Eine Sekunde nur ist sie draußen, und man sieht schon, wie kalt es ihr ist. Und Bruckman brüllt sie wieder wegen was an. Also geht sie wieder rein. Aber der
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