Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Ausdruck auf ihrem Gesicht. Das ist nun das einzige Mitglied unseres Stammes, das einzige Mädchen aus meinem ganzen beschissenen Stamm, das es je geschafft hat, von hier wegzukommen, und nun ist sie wieder da, und das mit diesem Arschloch, der unseren Leuten Drogen verkauft. Als hätten wir es nicht so schon schwer genug, Alex. Als hätten wir nicht auch ohne den Scheiß sowieso keine Chance.«
»Ist schon klar«, sagte ich.
»Da ist es passiert, Alex. Da bin ich auf ihn los.«
»Das kann ich verstehen.«
»Ich habe meinen Hockeyschläger geholt und bin hinter ihm her. In zwei Sekunden waren seine ganzen Kumpel draußen. Ich denke, die wollten sowieso gerade gehen. Ich habe ’n paar ganz schöne Treffer gelandet, aber dann ist mir jemand auf die Figur gesprungen.«
»Und die Polizisten wollten das dann schlichten? Haben sie sich zu erkennen gegeben?«
»Das weiß ich doch nicht«, sagte er. »Ich kann mich nicht erinnern. Ich glaube, daß da zwei Polizisten vom Soo waren, die frei hatten. Ich hab bloß den Schläger geschwungen, Alex. Mir war egal, wen ich getroffen habe.«
»Was war mit Bruckman und seinen Jungs? Die Polizisten haben dich verhaftet und ihn laufenlassen?«
»Warum sollten sie ihn festnehmen? Ich war doch derjenige, der sie angegriffen hat.«
»Hast du ihnen denn nicht gesagt, daß er Drogen verkauft hat?«
»Nachdem ich dem Polizisten mit dem Hockeyknüppel ins Gesicht geschlagen habe? Soll ich ihm da sagen, was er zu tun hat?«
»Sie haben sich also davongemacht?«
»Ja.«
»Und später in der Nacht ist Dorothy von ihm weggelaufen. Und er ist hinter ihr her.«
»Wenn ihr was passiert, Alex … So wahr mir Gott helfe, ich bring ihn um.«
»Spar dir das«, sagte ich. »Laß uns erst mal hier verschwinden.«
»Ich hab doch schon gesagt, daß ich die Kaution vom Stamm nicht will.«
»Ich kenne einen, der das macht. Wir werden sogar sein erster Kunde sein.«
»Alex, das brauchst du wirklich nicht zu machen.«
»Doch, ich brauche dich«, sagte ich. Ich stand auf und schob den Stuhl weg. »Ich brauche dich, um sie zu finden.«
Kapitel 7
In der Lobby hing ein Münzfernsprecher, und auf dem Sockel darunter lag ein Telefonbuch. Es war nicht angekettet. Mit der Stadtpolizei auf der einen und der des County auf der anderen Seite ging man wohl davon aus, daß es keiner stehlen würde. Ich sah die Nummer nach und wählte sie unter Kopfschütteln. Du machst da einen Fehler, dachte ich. In Mackinac gibt es einen Kautionsagenten. In anderthalb Stunden konnte er hier sein.
»Sie sind mit Leon Prudell verbunden«, tönte die Stimme. »Ich bin im Moment nicht da, um persönlich mit Ihnen zu sprechen. Wenn Sie meine Dienste benötigen, hinterlassen Sie bitte eine Nachricht. Ich werde dann schnellstmöglich zurückrufen. Wenn es sich um einen Notfall handelt, können Sie mich auch über meinen Beeper unter Nummer …« Es folgte eine 800er Nummer mit neun Stellen. Hastig kritzelte ich sie auf einen Zettel.
Ich hängte ein, sagte mir, das sei die letzte Chance, um meinen Entschluß doch noch zu ändern, und wählte dann Leons Beeper. Ich gab die Nummer des Münztelefons ein und hängte dann wieder auf. In weniger als einer Minute klingelte es.
»Hier ist Leon Prudell«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun?«
»Prudell, hier ist Alex McKnight. Ich brauche eine Kaution.«
»Alex! Mensch, der Beeper tut es ja. Sie sind der erste Anruf. Sie rufen mich an, weil Sie sich das mit der Partnerschaft anders überlegt haben, stimmt’s?«
»Kommen Sie bitte sofort ins Gefängnis des County«, sagte ich. »Ich benötige eine Kaution in Höhe von zehntausend Dollar. Die kriegt man doch für tausend, oder?«
»Jawohl, zehn Prozent.«
»Wie kommen Sie an das Geld? Ich meine, woher stammt das?«
»Ich sagte schon, ich arbeite mit einem Sicherheitsdienst zusammen. Im Moment als Teilzeitjob. Das ist meine erste Kaution. Natürlich geht das ohne den ganzen Papierkram, schließlich sind Sie mein Partner.«
»Ich bin nicht Ihr Partner«, widersprach ich. »Wann können Sie hier sein?«
»Im Moment bin ich gerade in meinem Zweitjob tätig«, sagte er. »Aber für Sie laß ich alles stehen und liegen. Wozu hat man denn Partner?«
»Ich bin nicht Ihr Partner. Prudell, verdammt noch mal, kommen Sie hierher.«
»Schon auf dem Weg, Partner.« Er legte auf.
Ich knallte den Hörer auf die Gabel. Die Dame am Empfang sah mich kurz an und tippte dann weiter.
Ich setzte mich auf einen der harten Plastikstühle in
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