Unter dem Zwillingsstern
es sich bei Sie keh r t zurück um eine abgekupferte Billigproduktion handelte.
Wenn Boris Karloff, derzeit einer der beiden berüh m testen S chauspieler, d i e Universal z u bi e t en h atte, ihre Ve r l egenh e it b e m erkte, ließ er sie nichts davon spüren. Er wünschte ihr Glück, sah ihr eine Weile beim Drehen zu und lud sie dann g e m einsam m it d e m m ännlichen Hauptdarsteller zu einem Mittagessen ein. Es war ei n e nette, kollegiale Geste, aber schon kurz nachdem sie sich gesetzt hatten, stellte sich heraus, daß er einen bestimmten Zw e ck damit verfolgte.
» W as es bisher in diesem Land an Gewerkschaften für Schauspieler gab«, verkündete der auch in n a tura sehr große Karloff m it seinem britisc h en Englisch, das von der flachen kalifornischen Sprechweise so sehr abstach, »ist ein W itz. Ganz besonders die AEA. Der einzige Streik, den sie je organisiert hat, um bei den Produzenten zu m indest einen Standardvertrag für Schaus pi eler durchzusetzen, endete in einer jäm m erlichen Niede r lage. Und daß sie letztes Jahr ja und a m en sagten, als die Produzenten jeder m anns Gehalt um fünfzig Prozent kürzten, disqualifiziert sie endgültig. Deswegen haben wir eine neue Gewerkschaft gegründet, eine richtige Gewerkschaft, keine Alibiorganisation für die Produzenten.«
»Laß m ich raten«, m ur m elte der a n dere m ännliche Star des Studios, der sich neben Carla gesetzt hatte und äußerst m i ßbilligend den Salat m usterte, den m an ihnen gerade servierte. »Ihr brauc h t Mitglieder.«
Im Gegensatz zu Boris Karlo ff , der als W illi a m Pratt in einem Londoner Vorort geboren war, stam m te Bela Lugosi tatsächlich aus Osteuropa; sein starker ungarisch e r Akzent war nicht zu überhören.
Die beiden Rivalen, die gerade i h r e n er s t en ge m einsa m en Fil m , Die Schwarze Katze, drehten, standen deutlich jenseits der Vierzig, doch das war auch die einzi g e Ge m einsamkeit, die m an auf Anhieb erkennen konnte. Karloffs zerfurchtes Gesicht m i t seinen tiefliegenden Augen hatte ihm eine endlose Rei h e von Gangsterrollen eingebracht, bis Ja m es Whale ihn für Franke n stein entdeckte. Lugosi dagegen erinnerte Carla m it seinem rö m is c hen Profil und dem glatten schwarzen Haar ein wenig an Jean-Pierre; m an sah ihm an, daß er in sein e r Jugend auf ro m antische Rollen spezi a lisiert gewesen war, bevor er Universals Dracula wurde. Sei n e nervösen, f ahrigen Bewegungen riefen eine weitere Erinnerung in i h r wach, die sie jedoch nicht näher bestim m en konnte, und standen im Gegensatz zu dem gelassenen, sich bedächtig bewegenden Karloff, der wirkte, als könne ihn nie etwas aus der Ruhe bringen.
»So ist es«, erwiderte er freun d lich. »Hast du nicht begründete Beschwerden, Bela, wie jeder hier an diesem Tisch ? «
Lugosis Gesicht verdüsterte sich. Dracula hatte bei Univer s al den Tonfilm m i t aus der Taufe gehob e n und die W elle an Fil m en m it phantastischen The m en begonnen, doch spätestens bei den Verhandlungen für Die Schwarze Katze hatte m an ihm gezei g t , daß er dabei war, der Star von gestern zu werden. Er wurde nach Arbeitstagen bezahlt, im Gegensatz zu Karloff, der eine feste Summe erhielt, was für den Briten auf eine über die Häl f te höhere Gage für eine gleich große Rolle hinauslief. Als ob das noch nicht demütigend genug war, hatte Lugosi erst am Vortag h e rausgefunden, daß sogar David Manners, der den jugendlichen Helden spielte und vier Tage weniger arbeitete als der Ungar, ebenfalls eine feste Summe und da m it hundertfünfundzw a nzig Dollar m ehr erhielt. Das Schlimmste war, daß er diese de m ütigenden Bedingungen akzeptieren mußte, weil sich Dracula als Fluch und Segen zugleich erwiesen hatte. Nie m and in Hollywood traute ihm andersartige Rol l en zu, während Karloff m it seinen Gangstern und gelegentlichen W esternschurken ein zweites Standbein hatte. Karloff hatte gut reden; er konnte es sich leisten, sich m it dem Studio anzulegen.
»Sicher habe ich die « , knurrte Lugosi. »Me i ne Hauptbeschwerde ist dieser K aninchenfraß. Gott, was gäbe ich nicht für einen anständigen Gulasch bei Gundel! Pörkö l t im Matthi a s-Kell e r… Zwetschgenknödel oder ein Quarkpalatschinken im C a fé New York…«
Carla, die sich gerade ein Salat b latt in den Mund schob, verzog das Gesicht zu einem m itfühlenden Gri n sen. All das frische Obst, das es hier gab, h ö rte n i e auf, s i e zu begeistern, doch ein gewisses
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