Unter dem Zwillingsstern
erklärte Landis, zufrieden, endlich in einer Sache besser in f or m iert zu sein: »Na ja, Carl junior soll nicht gerade entzückt über Kohners Rückkehr sein. Er liegt sich ja sowieso schon m it seinem Schw a ger Berger m an in d e n Haaren, und Papa Carl hat Kohner immer als eine Art Sohn betrachtet. T rotz dem , sollte es zu e inem Machtka m pf zwischen J unior und Kohner kommen, setze ich auf Junio r , und das würde ich dir auch raten, Teuerste. Trink lieber kei n e Brüderschaft m it den Kohners.«
»John, du bist die Verkörperung all dessen, was ich an Hollywood so liebe«, entgegnete Carla und überließ sich dankbar Pierces Assistentin, die ihr Make-up erneuerte. Der Meister würde erst m orgen selbst Hand anlegen, w enn sie begannen, die Gegenwartshandlung der Geschichte zu fil m e n. Car l a konnte sich nicht entscheiden, ob Sie kehrt z u rück nun Die Mumie oder Henry Rider Haggars Ro m an Sie m ehr plagiierte. Doch Plagiat oder nicht, Nefertiri hatte eine ganze Reihe von Dialogen und Monologen, die ihr gestatteten, tatsächlich wieder eine neue Person in ihr e m Kopf zu erschaffen. D e r fertige Film würde m it der un v er m eidlich e n Entdeckung eines fluchbeladenen Grabes nebst Mu m i e beginnen und dann nach Europa übersiedeln, nach P aris, um die alten Sets von Mord in der Rue Morgue nutzen zu können. Dort verliebte sich laut Drehbuch der Sohn des bei der Ausgrabung von der Mu m i e erwürgten Archäologen, Guy, trotz seiner treuen und hingebungsvollen V e rlobten in eine geheimnisvolle aus dem N i chts auftauchende Gräfin. Den Zuschauern, m it wesentlich m ehr I ntelligenz als der H e ld gesegnet, würde ver m u t lich von Anfang an klar sein, daß die Grä f in und die Mu m ie e i n und dieselbe Person waren, aber erst die Entz i fferung der Grabinschrift durch den Bruder der Verlobten leitete die R ü ckblenden ein, die klar m achten, daß Nefertiri einst aus Eifersucht den Mann, den sie liebte, getötet hatte, bei lebendigem Leib m u m i fiziert worden und dazu verflucht war, auf Erden zu wandeln, bis s i e seiner Reinkarnation wiederbegegnete. Nefertiri in der Gegen w art sollte schön und gleichzeitig unnatürlich aussehen, w i e ausgetro c knet, genau wie Karloff als I m- Ho-Tep.
»Sie haben so eine helle Haut!« schi m p fte Jack Pierce, als er v o rbeischa u te, um seine Assiste n tin zu beaufsichtigen. »R o thaarige! Alle gleich. Das wird katastrophal morgen!«
Carla hörte ihn kau m . Sie konzentrierte s i ch auf Nefertiri, die gleich A m enophis er m orden würde. Das Konglo m erat an Autoren, durch deren Hände das Drehbuch gegangen war, konnte man nicht unbedingt als shakespeareanisch bezeichnen und Nefertiri kaum als weiblic h en Othello, a be r in i h rer Art war die Szene gut geschrieben.
Ei f ersucht… Dies m al dachte sie nic h t an ih r en Vate r ; der W all, den sie um diese speziellen Erinnerun g en gebaut hatte, stand wieder. Statt des s en dachte sie an die h ä ßlichen kleinen Szenen m it Monika. Es war nicht dasselbe, denn sie wollte wirklich nicht m it Robert verheiratet sein, doch wie sollte m an den Groll nennen, der seit ihrer ge m eins a m e n Schulzeit an ihr nagte, wann i m m e r Monika ihren W eg kreuzte? Aber nein, das Gefühl w a r nicht stark genug, um es für Nefertiri verwenden zu können.
Eifersucht… Sie war auch oft auf Robert eifersüchtig gewesen, wegen der größeren Freiheit, die er in ihrer Kindheit genossen hatte, und später wegen der schnellen Erfolge. Nur unterschied sich diese Art von Eifersucht zu sehr von der erotischen. Es war auch keine Hilfe, daß dieser Idiot John Lan d is das Objekt ihrer Besessenheit spielte, sowohl in der Vergangenheit wie auch in der G e genwart. Nach d e m , was er ihr über Paul K ohner erzählt hatte, blieb ihr nichts anderes übrig, als den Mann tatsächlich zu besuchen, sonst kä m e sie sich genau s o opportunistisch wie W i esel und Kröte vor. Unwillig schüttelte sie den Kopf. Nefertiri, befahl Carla sich. Konzentriere dich.
Gut, Amenophis. Ihr habt gewählt. So wähle ich nun auch für uns beide den Tod!
Als sie m it Nancy das Drehbuch zum ersten m al durchgegangen war, hatte sie sich an dieser Stelle gefragt, wie si e den Satz je würde bringen können, ohne ins Chargieren zu verfallen; die ganze Szene war eine einzige Versuchung zur heillosen Übertreibung. Seit dem witzigen, zynisch-resig n ierenden Text, den Michael Maitger für Susanne geschrieben hatte, gab es kei n e Rolle m ehr, in der
Weitere Kostenlose Bücher