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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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übrigen können Sie m i r nicht erzählen, daß Sie nichts für Prinzessinnen übrig haben. Sonst hätten Sie nicht jahrelang eine unterrichtet, in einem finst e ren kapitalistischen Reich, das von einem bösen König re g i ert wurde, der ebenfalls ein p aar Leben auf dem Gewissen hatte. Vielleicht n i cht so viele wie der Zar, a b er…«
    Überrascht, daß er das auch so sah, beendete K ä the sei n en Satz f ür ihn: »…bei den Profiten, die er aus seinen Kriegslieferungen geschlagen hat, waren es sicher fast so viele.«
    »Ich dachte nicht an seine Kriegsgewinne«, entgegnete Dr. Gold m ann, ehe er sich eines Besseren besann und sich auf die Zunge biß. Er wollte h e ute keine weit e re ideolo g ische Auseinanders e tz u ng m ehr riskieren, doch wenn sie darauf bestand, m ußte er sie darauf hinweisen, daß die Ar m ee nun ein m al b e liefert werden m ußte, ob nun von Heinrich Fehr oder einem anderen, das blieb sich gleich. »Ja, an was denn dann ? «
    Nun war es an Martin G old m ann, v e rblüfft zu reagieren. »An seine Ehefrauen natürlich.«
    Sie schaute ihn ratlos an, dann v e ränderte sich ihr Gesichtsausdruck, und sie at m ete so plötzlich tief ein, daß Dr. Goldmann eine Hand ausstreckte, um ihren Arm festzuhalten.
    »Sie wußten es nicht ? « fragte er, immer noch verwundert. Käthe schüttelte stumm den Kopf.
    »Er hat sie alle beide getötet. Bei Angharad kann ich es natürlich nicht hundertprozentig beschwören, a b er sie wollte ihn verlassen, um wieder auf die Bühne zurückzukeh r en, und er glaubte, zu Unrecht übrigens, sie betrüge ihn. Bei dem jungen Ding, das er dann geheiratet hat, war es offensichtlich. Pöhner saß da m als noch im Polizeipräsidiu m , und Fehr war einflußreich und finanzstark genug, um sich einen Fe m e mord zu bestellen. Aber wie kom m t es, daß Sie das nicht gewußt haben? Hat das Mädchen nie m it Ihnen darüber gesproche n ?«
    Der letzte Rest von Farbe wich aus ihren W angen. »Nein«, f l üsterte sie. I h r Arm unter Dr. Gold m anns Hand zitt er t e. Seit d em Tag des fehlgeschla g enen Putsc h es hatte er Fräulein Brod nicht m e hr in einem solchen Zustand erlebt. Ohne noch länger zu zögern, führte er sie zur n äc h sten Bank u nd brachte sie dazu, sich hinzusetzen.
    »Danke, es geht schon wieder«, wehrte Käthe ab, als er m it einem Taschentuch, das er in den See getaucht h atte, wieder z u rückka m .
    »Ich bin nur… Martin, wenn ich Sie das nächste Mal naiv nenne, erinn e rn Sie m ich bitte a n diesen T a g. Ich h abe es wir k lich nicht g ewußt, und das m acht m i ch zu einer völli g en Versagerin, n i cht wahr? Kein W under, daß Carla an dem Abend so geschrien hat. All m ächtiger. W enn ich das gewußt hätte i c h hätte s i e d och nie allein gela s sen.«
    »Da hatten Sie keine Wahl«, sag t e Martin Gold m ann beschwichtigend. »Sie sind nicht freiwillig gegangen, Sie sind entlassen worden. Sie haben Ihr Bestes getan.«
    »All m ächtiger«, wiederholte Käthe, und da erst setzte ihr Verstand wieder ein u nd erinnerte sie daran, daß ihr Vokabular ihren Ü berzeugungen hinterherhinkte. »Ich glaube selbstverständlich nicht m ehr an Gott«, sagte sie zusammenhanglos und noch im m er schockiert, »aber die Redewendungen, sie haften einfach in einem fest.«
    »Ja, ich weiß. Mir geht es auch so«, stim m t e Dr. Gold m ann zu. Um sie abzulen k en, fuhr er fort: »Ich war ver m utlich seit m einer Kindheit nicht m ehr in einer Synagoge, aber während des letzten Kriegsjahres, als m i r ein verstüm m elter Soldat nach d e m anderen gebracht wurde, und dann während der Gasangriffe, da m erkte ich auf einmal, wie ich das Nachtgebet vor m i ch hin sprach, im m er wieder, wie einen schützenden Zauberspruch. Siehe, da ist Salomons Lager. Drei Reihen von Helden stehen ringsum . «
    »Jeder hat sein Schwert an sei n er Hüfte, den König zu schützen gegen die Schrecken der Nacht«, vollend e te Käthe m echanisch. Er wartete darauf, daß sie verlegen hinzufügte, dieser Rückfall in kindliche Gewohnheiten ändere nic h ts an ihren Ü berzeugungen, doch offenbar traute sie ihm das W i ssen zu, daß sich das von selbst verstand. Dann überraschte sie i h n von neuem, dies m al mit einem scheuen Lächeln.
    »Sie sind ein lieber Mensch, Martin.«
     
    Mit Renate Beuren zu arbeiten unterschied sich von den regulären Stunden und allem anderen Unterricht, den Carla je erfahren hatte. Zunächst ein m al entschlüpfte Frau Beuren nie, nie m als

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