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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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könne m a n doch wohl schlußfolgern, daß er sich die H örner abgestoßen habe.
    Käthe m achte ein ske p tisches Ge si cht. » W enn Sie ihn wirklich ent m utigen wollen, da n n verst e cken Sie um Himmels will e n das Album m it den Artikeln, und t un Sie so, als sei er gerade erst aus der Schule gekommen, ohne ihm eine einzige Frage über die Schweiz zu stellen.« S ie seufzte. »Aber selbst falls Sie das fertigbringen, bezweifle ich, daß es wirkt. Carla ist im Herbst m i t ihrem Au s bildungsjahr fertig. Dann wird sie wohl versuchen, ein Engage m e nt zu bekom m en, und wie Sie w i ssen, befinden wir uns m it diesen beiden da in einem Teufelskreis.«
    »Ich m ache m i r Sorgen um Carl a «, fügte sie nach einer W eile hinzu, in der sie einträchtig neben e inander hergegangen waren. Ihre wöchentlichen Treffen m it Dr. Go l d m ann würden ihr fehlen, wenn sie München verließ, und dazu war s i e fest ent s chlossen. Sie brauc h te nur noch eine feste A nstellung bei irgendeiner Berliner Zeitung.
    »Schreibt sie Ihnen wieder ? «
    »Ja. Frostige, kleine Briefe. Früher habe ich m ir im m er wi e der gesagt, wie t ö ric h t es sei, sein Herz an ein Kind zu hängen, das nicht das eigene ist. Ich hätte auf m i ch hören sollen.«
    Ihr Satz war kaum verklungen, da erkannte sie die Taktlosigkeit, die m an daraus entneh m en konnte. »Ich wollte nicht…«
    »Schon gut«, sagte Dr. Gold m ann besänftigend. »Es stim m t natürlich. Aber ich habe Rob e rt nie als ein fr e m des K i nd e m pfunden, von dem Mo m e nt an nicht, als seine M u tt e r m it ihm m eine Praxis bet r at, weil sie sich während ihres Besuches in München den Fuß verstaucht hatte. E r …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Käthe nicht unfreundlich, aber bestim m t . »Sie haben m i r die Geschichte schon ein paar m al erzählt.«
    Dr. Gold m a nn lachte. »Nun ja, m it einem W u nderkind gibt m an eben gerne an.«
    Ein kleiner Hund kam a uf sie zugerannt, den seine Besitzerin gerade von der Leine gelöst hatte. Ü b er m ütig in seiner unerwarteten Freiheit, verhedderte er sich in Käthes alt m odischem langen Rock. Es dauerte eine W eile, bis das kläffende Knäuel sich m it Dr. Gold m anns Hil f e entwirrte u nd weit e r l ief. Käthe dankte ih m , dann be m e r k t e s i e:
    »Sie werden m i r bestimmt nic h t glauben, aber m einer Meinung nach ist Robert kein W u nderkind. Ich habe ihn immerhin monatelang unterrichtet. Er hatte da m als einen im m ensen Wortschatz und ein beeindruckendes Gedächtnis, und er war s elb st sicherer als jedes andere Kind in diesem Alter, a b er darüber hinaus? Für neue Lektionen brauchte er genauso lange wie Carla, und ich habe sie nie als W underkind ge s ehen. Als sehr int e lli g e n t, ja, aber n icht als genial. Und dann hatte er entsetzliche W i ssensl ü cken in all e n Naturwis s enscha f ten. Ver m utlich h a t e r di e j e tzt auch noch, denn auf diesen Gebieten war er regelrecht schwerfällig.«
    »Ich habe nie behauptet, daß er auf allen Gebie t en ein Genie…«, begann Dr. Gold m ann indigniert. K äthe kam ein Verdacht.
    »Martin, Sie waren doch nicht et w a der er s te, der ihm ei n gered e t hat, er sei eins, oder ? «
    Ihr Begleiter antwort e te nicht, und Käthe unterdrückte ein weiteres Seufzen. Die Sonne ließ die Bäume bereits lange Schatten ins Gras und auf die Spazierwege werfen, doch an diesem Spätnach m ittag brannte sie ihr im m er noch ins Ges i cht, und sie wünschte, sie hätte einen Schirm wie einige der ält e ren Da m en, die wie sie am See entlang pro m enierten. Natürlich war ein Schirm ein bürgerliches Relikt, doch im Sommer unbestreitbar nützli c h, und sie hatte sich nie an die Manie der letzten Jahre, soviel Haut wie m öglich der Sonne auszusetzen, gewöhnen können.
    »Auch wenn ich nichts gesagt hät t e, wäre es für jeder m ann offensichtlich gewesen, daß sie kein g e wöhnliches Kind vor sich hatten«, beharrte Martin Gold m ann störrisch. »Das hätte er auch nie sein können. W is sen Sie, seine Mutter h a t ihn nie wie ein Kind behandelt. Sie war eine erstaunliche Frau. ›I c h möchte nicht, daß irgend je m and ihm diese scheußlichen Kleinkindidiotien bei b ringt‹, pfle g t e s i e zu sagen. Kein Gutzigutzi oder ähnli c hes Gerede. Er wird von Anfang an lernen, richtig zu sprechen.«
    »Lassen Sie m ich raten«, warf K ä the, deren w eibliche Solida r it ä t m it der ver s torbenen Barbara König in diesem Mo m ent auf ein M ini m u m

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