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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ine unendlich ergiebigere Rolle als die ewige Jungfrau, wenn Sie m i ch fragen.«
    Dies m al konnte sich Carla nic h t m e hr zurückhalten; sie lac h te, leise und kultiviert, wie sie es hier im Laufe des letzten Jahres gelernt hatte. Renate Beuren schenkte i h r ein m okantes Lächeln.
    »Es i s t das beliebteste Rates p iel seit Jahren«, sagte sie. » W ann wird Max Reinhardt eine Sche i dung durchsetzen, die von den Anwälten sei n er Frau nicht sofort wieder für ungültig erklärt werden kann? W erden er und die Thi m ig zum Altar schreiten können, ehe aus der schönen Helene die ehrwürdige Antiklea geworden ist? Aber dieser Lohengrin hat eine Elsa, d i e ihn gewiß nicht lo s las s en w ird, m it Schwan oder ohne. Wenn die Hei m s auch nur ein Drittel der Energie, m it der sie sich seit all den Jahren gegen die Scheidung wehrt, in ih r e Darst e llu n gen gest e ckt hätte, dann wäre sie heute berüh m ter als die Düse, und uns, m eine Liebe, würde es entsc h ieden an Gesprächsstoff mangeln.«
    »Besser ein Skandal sein als überhaupt kein The m a«, steuerte Carla bei, wie s ie es in e in e m Gespräch m it einem ihrer Alt e r s genossen getan hätte, und wurde sich erst danach des Risikos be w ußt. Daß Frau Beuren in ihrer Gegenwart über Max Reinhar d ts Geliebte und seine Ehefrau herzog, bedeutete noch lange nicht, daß m an ihr das gleic h e gestattete.
    Die alte Da m e erwiderte nichts, s o ndern m usterte sie m it hochgezogenen Augenbrauen, doch sie dachte nicht daran, jetzt zu kuschen. Oder sollte das wieder eine der Prüfungen ihrer Standfestigkeit sein, denen sie Renate Beuren m anch m al unterzog? Ohne den Blick zu senken, sc h aute sie zurück; m ittlerweile war s i e daran ge wöhnt, in der Regel keine Brille zu tragen, und ihre Augen hefteten sich an das nächste Objekt vor dem verschwimmenden Hintergrund: Renate Beurens undurchdringliches Gesicht.
    »In der Tat«, sagte die S chauspiele r in schließlich ruhig. Die Li m onade sch m eckte etwas zu süß, als Carla erneut von ihr trank.
    »Ich habe F rau Hei m s nie auf der Bühne erlebt«, m einte sie dann, um zu zeigen, daß sie im m er noch nicht eingeschüchtert war, und weil es sie wirklich interessierte. »Ist sie Ihrer M e inung nach eine bessere oder eine schlechtere Schauspielerin als Frau Thi m ig ? «
    »Eine andere. Da m it wir uns nic h t m i ßverstehen Zerbrechlichkeit, Reinheit und Unschuld zu verkörp e rn i s t h a rte Arbeit und ganz und gar nicht einfach. Die Hei m s ist m ehr der junonische Typ, herber, aber auf geistreiche Art. Übrigens w erden Sie wohl kaum Gelegenheit haben, sie spielen zu sehen, wenn Sie nicht in die Provinz gehen, sie wird nä m lich schon seit Jahren von den großen Bühnen boykottiert. Ich weiß nie, ob ich es be w undernswert oder töricht finde, lieber einen A usschluß von den ersten Bühnen des Landes in Kauf zu neh m en, als m i ch scheiden zu lassen. W as m einen Sie ? «
    »Töricht«, antwortete Carla, oh n e zu zögern, und fügte m i t der Selbstgewißheit der Jugend hinzu: »Ich würde m ich nie eines Mannes wegen von der Bühne fernhalten lassen.«
    » H mmm. N och nicht ei n m al, wenn Sie ihn und Ihre Rivalin dadurch gründlich de m ütigen könnten? Bedenken Sie, die Thi m ig kann auf keinen offiziellen E m pfängen neben Reinhardt sitzen, sie m uß jedes m al so tun, als ob sie Sch l oß Leopoldskron wieder verließe, statt die Gä s te bis zur T ü r zu bringen, und sollte Max je das Intere s se verlieren, dann wird sie noch nic h t ein m al Anspruch auf Unterhalt als Trost haben.«
    »Ich habe schon verstanden«, sagte Carla, und der Schalk tanzte in ihren Augen. »Keine ernsthaften Affären oder Ehen m it Theaterdirektoren.« Sie m achte die gleic h e Kunstpause wie Frau Beuren.
    » W enn sie m ehr als ein Theater haben.«
    »Das ist der Weish e it l e tzter S chlu ß «, stim m t e Renate Beuren zu, und Carla ergänzte, nun sicher, daß ihre Lehrerin heute zugänglich genug war, um ihr eigentliches Anliegen zu erörtern: »Nur der verdient sich Freiheit wie das Leb e n/ der täglich sie erobern muß!«
    »Grundgütiger, wenn je m and aus dem Faust zitiert, dann wird es ernst. W as haben Sie auf dem Herzen ? «
    Renate Beuren hörte auf m erks a m zu, während Carla ihr von dem Dilem m a erzählte, in dem sie stec k te. Sie konnte im Herbst entweder beim Deutschen Theater anfangen, a llerdings nur als Statistin, oder sich einer kleinen Bühne in Nürnb e rg anschließen, wo

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