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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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»Er hat mich geschlagen. Zwei Mal.«
    »Zweimal«, bestätigte Krutor begeistert und schlug mit der Faust in die eigene Handfläche. »Patsch!«
    Mehrere Pferdeknechte sprangen in die Koppel, zerrten Tokaro heraus und schleuderten ihn vor dem Herrscher des Großreichs zu Boden.
    Hatte der Junge gehofft, von Zvatochna die versprochene Fürsprache zu erhalten, wurde er nun enttäuscht. Das bildhübsche Mädchen legte die Hände auf den Rücken und trat an die Seite ihres Vaters, die Augen gesenkt.
    »Möchtest du etwas dazu sagen, Junge?«, erkundigte sich Lodrik. »Welchen Grund gab es, dass du deine Hand gegen deinen Tadc erhebst?«
    »Hoheitlicher Kabcar, er hat die Pferde gequält«, sagte Tokaro mit leiser Stimme. »Und seinen Bruder. Das wollte ich nicht zulassen.« Weil ihn niemand unterbrach, wagte er es, den Kopf zu heben, um sich zum ersten Mal in seinem Leben den mächtigsten Mann Ulldarts anzuschauen. Als er die blauen Augen des Kabcar bemerkte, stutzte er. Sie harten die gleiche Farbe wie seine eigenen. Auch die Brauen Lodriks wanderten erstaunt in die Höhe, aber er sagte nichts. »Ich bin für Eure Pferde mit verantwortlich, hoheitlicher Kabcar«, erklärte er.
    »Dann gehört es auch mit zu deinen Aufgaben, meine Tiere zu reiten und auf ihrem Kreuz herumzuturnen?«, wollte der Kabcar wissen. »Soweit ich weiß, habe ich für das Abreiten teure Knechte eingestellt.«
    »Die taugen nichts«, entschlüpfte es dem Jungen. Die Gesichter der Bediensteten verfinsterten sich. »Sie sitzen lieber in der Großküche und spielen Karten.«
    Lodrik stemmte die Hände in die Seiten. »So ist das also. Ich muss mir von einem Kind die Wahrheit sagen lassen.«
    »Hoheitlicher Kabcar, das ist nicht wahr«, widersprach der Stallmeister beflissen. »Diese kleine Kröte lügt, wenn sie nur denkt. Ich wollte ihn ohnehin entlassen, weil er unzuverlässig ist.«
    Tokaro spürte, wie die Wut in ihm aufstieg. Er sprang in die Höhe. »Du bist unzuverlässig! Wenn ich die Pferde nicht heimlich ausreiten würde, wären sie fett und krank!« Zu spät bemerkte er seinen Fehler. Nun richteten sich alle Augen auf den Stalljungen.
    »Ich habe ihn darum gebeten, Kunststücke zu zeigen«, mischte sich Zvatochna ein, die Stimme voller Reue. »Es ist meine Schuld, dass er den Hengst aus dem Stall geholt hat.« Sie zwinkerte dem Stalljungen zu.
    »Wie mir scheint, häufen sich da ein paar Tatbestände«, stellte Lodrik fest, der die Abwechslung von den üblichen Geschäften eines Herrschers außerordentlich genoss. »Nun, was den Angriff auf den Tadc angeht, dafür verurteile ich dich zum Tode, junger Mann.« Der Stallbursche wurde bleich. »Dafür, dass du dich um das Wohl meiner Pferde sorgtest, danke ich dir. Und dafür, dass du mir vor aller Ohren die Wahrheit über die Knechte gesagt hast, gebührt dir Anerkennung und Respekt.« Er ging in die Hocke. »Ich mache dir einen Vorschlag. Du kannst dein Leben retten. Such dir ein Pferd aus dem Gestüt aus, und dann trittst du gegen alle Reitknechte an. Gewinnst du das Rennen, begnadige ich dich und behalte dich in meinen Diensten. Vielleicht sogar als Rennreiter bei Wettkämpfen, wenn du möchtest.« Er erhob sich und legte die Rechte an den Griff seiner Waffe. »Verlierst du, hast du dein Leben verwirkt.«
    »Ich nehme Treskor.« Tokaro beschloss, das Angebot anzunehmen. Für einen Moment überlegte er, mit dem Hengst das Weite zu suchen, aber sein Ehrgefühl ließ es nicht zu. Außerdem musste er das schöne Mädchen beeindrucken, und ein Feigling war dazu nicht in der Lage.
    »Aber, Vater«, protestierte Govan empört »Er muss sterben, weil er mir …«
    Lodrik hob die Hand, und der Tadc verstummte. »Er hat sich zwei Mal schlagen lassen, Govan. Wenn Er sich seiner Haut nicht wehren kann, muss Er mehr üben. Ich akzeptiere nicht, dass Er Tiere und seinen Bruder quält, das habe ich Ihm mehrmals verboten.« Die blauen Augen wurden kalt. »Also, halte Er seinen Mund.« Er wandte sich an seine Tochter. »Und Sie, kleines Fräulein, wird auch nicht ungeschoren davonkommen.«
    Derweil begannen die zehn Reitknechte mit ihren Vorbereitungen. Sie wussten, was für sie auf dem Spiel stand. Pferde wurden gesattelt, Lederhelme angelegt.
    Lodrik lächelte den Stallmeister an. »Nun?« Der Mann verstand zunächst nicht. »Wollt Ihr nicht Euer Ross aussuchen?«
    Der Mann schluckte. »Ich soll etwa auch, hoheitlicher Kabcar?« Seufzend drehte er sich um und warf Tokaro einen mörderischen Blick zu.

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