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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Gatter überwinden zu wollen. Hart stemmte es die Vorderläufe in den Boden und bremste ab, krachte mit dem Hals und der Brust gegen die Latten und riss sie von den Posten ab. Der Stallmeister segelte schreiend durch die Luft, prallte gegen eine der Latten und rutschte ohnmächtig zu Boden.
    Überglücklich umarmte Tokaro den schnell atmenden Hengst und klopfte ihm auf das schweißnasse Fell. Dann sprang er mit glühenden Wangen von dessen Rücken herab und kniete sich vor den Kabcar hin.
    »Du hast deine Sache sehr gut gemacht.« Der Herrscher von Tarpol zeigte sich beeindruckt. »Ich habe noch kein Kind gesehen, das wie ein Dämon reiten kann. Die meisten Erwachsenen sind nicht in der Lage, das zu bewerkstelligen.« Er nickte dem Stallburschen zu. »Nun denn, so sei es. Von heute an wirst du für mich an Rennen teilnehmen, junger Mann. Und als Zeichen meiner Wertschätzung sowie als Belohnung für das, was du geleistet hast, schenke ich dir den Hengst. Was sich so gut versteht, soll man nicht trennen.«
    Um ein Haar wäre Tokaro aufgesprungen und hätte den Kabcar umarmt. Govans braune Augen waren nur dünne Schlitze, Krutor applaudierte dagegen laut und linkisch. Zvatochna zwinkerte ihm verschmitzt zu.
    Der Kabcar nickte in Richtung der Knechte und des bewusstlosen Stallmeisters. »Führt sie ab«, befahl er seinen Leibwachen. »Sie haben das Rennen und meine Gnade verloren.« Er lächelte Tokaro zu. »Ich will dich später im Gutshaus sehen. Wir müssen noch ein paar Dinge bereden.«
    Der Herrscher rückte zusammen mit der Leibwache und seinen Kindern ab. Der Krüppel schlug dem zum Rennreiter beförderten Stalljungen im Vorbeigehen grölend auf die Schulter, dass das Gelenk knirschte.
    Dann stand Tokaro ganz allein mit Treskor in der Koppel, seine Knie zitterten. Allmählich verstand er, welchen Aufschwung sein Werdegang genommen hatte.
    Seine Mutter würde ihm das niemals glauben. Er führte den Schimmel in sein Abteil zurück, um ihn sorgfältig trockenzureiben. Er legte seine Stirn auf die weichen Nüstern des Rosses. »Du gehörst jetzt mir, Treskor. Was hältst du davon?«
    Der Hengst schnaubte seine Zustimmung.
    Eine Stunde später ging Tokaro aufgeregt über den Hof zum Gutshaus, das zum Gestüt gehörte. Diener hatten ihm in aller Eile frische Kleidung gebracht, in der er sich überhaupt nicht wohl fühlte. Er kam sich in der aufwändig gearbeiteten Hose, dem Wams und der Jacke vor wie ein Pfau, zumal die Perücke, die sie ihm aufgezwungen hatten, furchtbar auf seinen braunen Haaren juckte. Und in den seltsamen Schnallenschuhen war er noch nie in seinem Leben gelaufen.
    Er sah, während er die Stufen zum Eingang überwand, wie mehrere Pferde gesattelt wurden.
    Die Tiere, die vor dem Gästestall akkurat angeordnet nebeneinander standen, kannte er nicht, die Zeichen auf den Satteldecken hatte er vorher noch nie gesehen.
    Ein Livrierter, den er sonst immer nur von weitem gesehen hatte, lotste ihn über eine Freitreppe hinauf in den zweiten Stock und führte ihn in eine Art Wohnraum. Allein dieses Zimmer hatte die Grundfläche des Hauses, in dem er und seine Mutter in Ulsar wohnten.
    Der Kabcar saß am offenen Fenster, ein Buch in der Hand, und schien gerade etwas zu seinem Gegenüber sagen zu wollen. Der zweite Mann im Raum gehörte mit Abstand zu den beeindruckendsten Erscheinungen, die Tokaro jemals gesehen hatte.
    Vor einem Gemälde, das das Gestüt zeigte, stand ein schwergerüsteter Mann, den der einstige Stalljunge auf Mitte Vierzig schätzte, in einem schimmernden Plattenpanzer. Die rechte Hand ruhte am juwelenbesetzten Griff eines Schwertes, die linke hielt einen schweren Silberkelch.
    Schimmernd reflektierte das blanke, gravierte Metall der Rüstung das Licht der Sonnen. Der dazu passende eindrucksvolle Helm mit dem Schweif aus schwarzem und weißem Rosshaar lag auf dem Tisch. Sein dunkelbraunes Haar war oben auf dem Schädel nur eine Fingerkuppe lang, ansonsten gänzlich abrasiert. Ein langer, gewachster und golden gefärbter Kinnbart reichte bis auf die Brust und wirkte wie eine Kordel aus dem gelben Edelmetall.
    Auf Tokaro machte die Szene den Eindruck, als sei eine Gestalt aus der Vergangenheit aus einem der vielen Bilder im Zimmer herausgestiegen, um sich mit dem Kabcar zu unterhalten.
    In der Annahme, er würde eine seiner Kappen tragen, riss er sich die Perücke vom Kopf, machte eine tiefe Verbeugung und verharrte in dieser Haltung.
    »Darf ich Euch meinen neuen Rennreiter vorstellen,

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