Unter Den Augen Tzulans
dann bist du mein Streiter, oder?« Sie betrachtete ihn eine Weile schweigend, dann nahm sie ein Amulett unter dem Kleid hervor und legte es dem Jungen um den Hals. »Aber du darfst es niemandem verraten. Es schickt sich nicht, dass sich eine Tadca mit einem Gemeinen einlässt.« Sie reichten sich die Hände, und wieder spürte er dieses Kribbeln in den Fingern und die Schmetterlinge im Bauch.
»Ich werde Euch eines Tages zur Frau nehmen«, versprach er leise und blickte fest in das Braun ihrer Augen.
Zvatochna kicherte. »Ich nehme dich aber nur, wenn du ein berühmter Reiter geworden bist, der viel Geld und Ruhm errungen hat.« Sie stellte sich ein wenig auf die Zehenspitzen und küsste flüchtig seine rechte Wange. »Sonst wirst du mich nicht bekommen, und ich suche mir einen Prinzen, der mir das alles geben kann.«
»Ich werde Euch alles das zu Füßen legen«, sagte Tokaro, halb besinnungslos vor Glück.
Sie zog ihre Finger zurück. »Ich muss gehen. Man wird sicherlich schon nach mir suchen«, entschuldigte sie sich und drückte den Jungen schnell noch einmal an sich. »Mein Streiter, enttäusche mich nicht. Und denk an dein Versprechen.« Sie huschte hinaus.
Der junge Rennreiter lehnte sich grinsend an Treskor. »Hast du das gehört? Ich werde die Tadca heiraten. Sie hat es mir versprochen.« Er nahm die Bürste und setzte das Striegeln voller Schwung fort, dass die Staubwolken flogen. »Und ich erwarte, dass du immer der Schnellste bist, mein Pferdchen. Von dir hängt es ab, ob ich sie zur Frau nehmen kann. Meine Mutter wird so stolz sein, wenn ich die Tochter des Kabcar in unsere Hütte führe.« Er streichelte den Hals des Hengstes. »Wir brauchen Geld. Viel Geld. Das werden wir uns irgendwie beschaffen, je früher, desto besser.«
Seufzend leerte Lodrik den Pokal und zog mit der anderen Hand das Henkersschwert halb aus der Scheide. Als würden ihn die Gravuren und aufgeschmiedeten Bannsprüche einmal mehr verhöhnen, blitzten sie im blutroten Schein der untergehenden Sonnen auf.
Noch immer war es ihm nicht gelungen, eine erfolgreiche Beschwörung durchzuführen. Mit allen Mitteln kämpften die Seelen der Verstorbenen dagegen an, von ihm ins Diesseits geholt zu werden.
Es schien, als hätte Jukolenko sich den Spaß erlaubt, im Jenseits seine Intrigen fortzuführen, um den Kabcar am Erringen von Erfolgen zu hindern. Auch sein Vater war nicht erschienen, er konnte mit der Asche seines Erzeugers anstellen, was er wollte.
Dennoch weigerte sich Lodrik standhaft, seinen Konsultanten um Rat zu fragen. Er wollte nicht, dass sein Vetter wusste, welche Experimente, die weit über das Beherrschen von simpler Magie hinausgingen, er durchführte. Und so sehr lag ihm die Nekromantie nicht am Herzen, dass er sie mit aller Macht erlernen wollte.
Lodrik beherrschte die Magie inzwischen beinahe im Schlaf, und er bedauerte es, dass er keine Gelegenheit bekam, die mächtigsten Energien zu befreien. Gleichzeitig widerstrebte es ihm, die Zauberkunst ohne Anlass einzusetzen.
Mit einem Fluch steckte er die Waffe zurück und machte sich auf zu seiner Frau und den Kindern, um sie ins Bett zu bringen.
Als Lodrik die Tür zum Spielzimmer seiner Sprösslinge öffnete, zeigte sich ihm dasselbe Bild wie immer, eine Szene, die ihn mehr und mehr abstieß. Es präsentierte sich ihm die perfekte Familie, nur dass nicht er in der Mitte saß, umringt von den Kindern und seiner Gattin, sondern ein anderer.
Mortva Nesreca hob den Kopf und nickte dem Kabcar zu, Govan absolvierte unter dessen Aufsicht ein kleineres magischen Kunststück, während der Krüppel mit riesigen Augen daneben hockte und auf die schwebenden Bauklötze glotzte. Mit der Kraft der Magie fügte sein ältester Sohn die Holzquader in der Luft zu einem Turm zusammen, bevor er die Handflächen zusammenlegte, mit den Fingerspitzen auf sein fliegendes Bauwerk deutete und es mit einem Blitz auseinandersprengte. Krutor, der fast schon die Größe eines ausgewachsenen Mannes hatte, lachte hohl und klatschte verkrampft in die Hände.
»Habt Ihr gesehen, Hoher Herr, was Euer Sohn schon alles kann?«, sagte sein Konsultant gespannt. »Er ist bereits sehr mächtig und macht, wenn man das so sagen kann, stündlich Fortschritte.«
»Es wird wohl auch an dem exquisiten Lehrer liegen, der sich so oft und ausgiebig um ihn kümmert«, meinte Aljascha freundlich, doch die Worte gossen Schierling in das süße Lob. Die Kritik, die Lodriks Gemahlin auf diese Weise äußerte, wurde
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