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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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immer beißender und unerträglicher.
    »Ja, der Mentor könnte besser nicht sein«, stimmte der Kabcar zu. Insgeheim hatte er gehofft, dass die beiden Knaben zu ihm gelaufen kamen, aber sie konzentrierten sich weiterhin auf den Mann mit den silbernen Haaren, dem die letzten zwölf Jahre äußerlich scheinbar nichts anhaben konnten.
    Dafür verbrachte die Kabcara Stunden mit dem Besuch von Bädern, Kuren oder in den Händen von Quacksalbern, die ihr ihre Jugend erhalten sollten. Zwei Cerêler mussten ihr Tinkturen brauen, die von innen heraus wirkten.
    Lodrik versank in Gedanken. Auch an ihm waren die letzten Jahre nicht spurlos vorübergegangen. Die Sorge um seine Untertanen, die ständigen Eroberungen und die damit verbundenen gelegentlichen Scherereien mit Uneinsichtigen ließen sein Gesicht altern. Kaum mehr als ein paar Wochen war er in Ulsar anzutreffen, die meiste Zeit reiste er durch die Gegend, um sich überall seinen Untertanen zu zeigen oder Verhandlungen mit den Adligen seines Großreiches zu führen.
    Doch der Aufwand lohnte sich. Die Bewohner der neu eingegliederten Gebiete akzeptierten den neuen Mann auf dem Thron, der nur Vorteile brachte. Zumindest dem einfachen Volk, angefangen bei der Lockerung und Abschaffung der Leibeigenschaft bis hin zur Errichtung von Schulen, Universitäten, Bade- und Krankenhäusern, die eine kostenlose medizinische Versorgung gewährleisteten.
    Vieles war noch immer im Aufbau begriffen, aber die Menschen anerkannten die Bemühungen des jungen Mannes, der von seinen Feinden fälschlicherweise als Despot bezeichnet wurde.
    Zu den Feinden gehörten die Abtrünnigen der Provinz Karet, das Inselreich Rogogard sowie der Staatenbund im Süden des Kontinents, bestehend aus Tersion, Kensustria und Ilfaris.
    Dort hatten die meisten Verleumdungen ihren Ursprung, von dort kamen die Sänger, Dichter und Einflüsterer, die das Volk aufwiegeln wollten. Auch in adligen Kreisen gab es eine Konspiration, so viel war sicher. Wer nun aber genau dazugehörte, konnte Lodrik nicht mit Sicherheit sagen. Aber er würde es noch herausfinden.
    Sein Konsultant eröffnete eine Gegenoffensive der Gerüchte und schaffte es, den Staatenbund als eine Ansammlung von Neidern darzustellen, denen nichts mehr am Herzen läge als die Zerschlagung des Großreiches, um die alten Kräfteverhältnisse wieder herbeizuführen.
    Vor allem Tersion und das benachbarte Kaiserreich Angor wurden als dekadent, korrupt und zurückgeblieben bezeichnet. Das durch und durch absolutistische Herrschaftssystem, das sogar die Sklavenhaltung erlaubte, bot sich geradezu für ein derartiges Feindbild an. Kensustria war ohnehin allen suspekt, und damit rutschte auch Ilfaris im Ansehen ab, da es sich seit jeher gut mit den Grünhaaren verstand. Und gerade über diese »Gegenoffensive« musste Lodrik mit seinem Berater sprechen.
    Die Tür in seinem Rücken öffnete sich, seine Tochter huschte herein und blieb wie angewurzelt stehen, als sie ihren Vater erkannte. Sie machte eine tiefe Verbeugung und eilte zu ihrer Mutter, von der sie einen strafenden Blick bekam.
    »Wo warst du, Zvatochna? Du riechst nach Stall?« Betont vorwurfsvoll klaubte sie Stroh aus dem schwarzen Haar. »Was soll das, Fräulein? Wälzt sich eine Tadca im Heu?«
    Sie nahm sich eine Bürste von der Anrichte und kämmte den Schopf ihrer Tochter absichtlich so, dass es dem Mädchen wehtat. Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie hielt der Bestrafung eisern stand.
    »Das nächste Mal werde ich mir etwas für dich einfallen lassen«, drohte sie. »Stell dir vor, du hättest dich im Gesicht verletzt. Einer dieser scheußlichen Halme würde deine zarte Haut ritzen. Wie furchtbar.«
    »Ich werde es nicht wieder tun«, versprach die Tadca und spielte die Zerknirschte ebenso gut wie ihre Mutter.
    Lodrik kam sich reichlich überflüssig in dem Zimmer vor. Da ging ein Leuchten über das Gesicht des missgestalteten Knaben. Er grabschte sich einen Bauklotz und humpelte auf seinen Vater zu. »Schau mal«, verlangte er grinsend, legte den deformierten Kopf in den Nacken und balancierte das quadratische Holzstück auf seiner Nase aus. »Habe ich das gut gemacht, Vater?«
    Govan prustete, Zvatochna hielt sich die Hand vor den Mund. Ein spöttisches Lächeln war alles, was von Aljascha kam.
    Der Kabcar fuhr dem Jungen über die Haare. »Ja, Krutor«, würdigte er die Bemühungen und drückte die groteske Gestalt an sich.
    »Vater, ich will nicht mehr bei dem dunklen Mann lernen«,

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