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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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raunte sein Sohn ihm bittend ins Ohr. »Er macht mir Angst.«
    »Du musst dich nicht fürchten, Krutor«, beruhigte Lodrik ihn und tätschelte ihn behutsam. »Echòmer ist dein Freund.«
    Doch die stahlharte Umklammerung löste sich nicht. »Aber seine Stimme ist schrecklich. Wie die eines Raben. Und er hat keine Augen«, sprach der Jüngste furchtsam weiter. »Bitte, ich will nicht mehr lernen müssen.«
    »Ich verspreche dir, er wird dir nichts tun«, beschwichtigte der Kabcar, dem allmählich die Luft ausging. »Ich passe auf.«
    Krutor nahm die Arme weg, und unwillkürlich sog Lodrik Luft in die Lungen. Die Kraft, die in dem Krüppel steckte, würde man ihm niemals zutrauen. »Gut«, gab er nach und trottete zurück zu Govan.
    Der Ältere der Brüder drückte Mortva. »Bis morgen, mein Mentor. Ich erwarte die neuen Lektionen schon mit Ungeduld.« Eine artige Verbeugung in Richtung seiner Mutter, ein knappes Nicken zu seinem Vater, und der Tadc ließ sich von einem Livrierten in sein Gemach bringen.
    Innerlich hatte Lodrik seinen Ältesten bereits abgeschrieben. All die Jahre, die er im Sattel und unterwegs in seinem Reich verbracht hatte, sorgten dafür, dass der Konsultant schon lange über den Rang des »Onkels« hinaus aufgestiegen war.
    Aljascha entließ Zvatochna aus ihren Fängen. »Und nun ab ins Bett mit dir«, befahl sie. »Vergiss die Salbe nicht. Sie sorgt dafür, dass du eine schöne Haut behältst.«
    Das Mädchen verneigte sich vor der Mutter und dem Vater und wurde ebenfalls von einem Diener hinausbegleitet.
    Krutor kauerte inmitten des Spielzeugs und versuchte, den Turm, den er gebaut hatte, zum Fliegen zu bringen. Die Bausteine stiegen fast bis an die Zimmerdecke empor, dann regneten sie auf den zurückgebliebenen Jungen herab, der traurige Augen bekam.
    »Wie macht Govan das?«, fragte er seinen Vater. »Ich will das auch können.« Seine Stirn verzog sich, wütend schlug er auf ein Holzstück. »Dummes Ding!« Immer wieder schleuderte er es in die Höhe. »Flieg. Los, flieg!«
    »Krutor, es ist Zeit, dass du ins Bett gehst«, sagte Lodrik, dem das Herz beim Anblick seines zweiten Sohnes schwer wurde. Er würde Ulldrael diese heimtückische Rache niemals verzeihen. Er streckte die Hand aus, und der Junge, fast gleichgroß wie sein Vater, kam zu ihm gehopst. »Ich begleite dich.« Zusammen gingen sie an die Tür. »Mortva, ich erwarte Euch in einer halben Stunde in der Bibliothek. Wir haben etwas zu besprechen.« Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss.
    Der Konsultant erhob sich, stellte sich in den Rücken der Kabcara und küsste ihren Hals. »Wir haben eine halbe Stunde, Aljascha.«
    Die Frau kümmerte sich nicht darum, sondern frisierte ihr feuerrotes Haar. »Wie lange muss ich das noch alles ertragen? Ich erwarte, dass du mich auf meinen versprochenen Thron setzt.«
    Mortva legte seine samtweichen Hände auf ihre weißen Schultern. »Du erinnerst dich an unsere Abmachung. Zunächst soll der Kontinent vollständig in die Hand Lodriks gelangen, dann ist die Zeit reif.«
    Aljascha schüttelte die Hände ab. »Hast du einen Blick auf die Landkarte geworfen? Der Staatenbund fehlt uns ebenso wie Agarsien und die verdammten Piraten.« Die Haarbrüste fuhr durch die strahlend roten Locken. »Ich will augenblicklich eine feste Zusage, einen festen Zeitpunkt, oder …«
    »Oder was, hoheitliche Kabcara?«, meinte der Konsultant amüsiert. Noch immer versuchte die Frau, mit Drohungen etwas zu erreichen Doch die Herrscherin war wirklich derart in Rage, dass ihre Wut durch nichts mehr aufzuhalten war. »Ich habe, weiß Gott, Geduld bewahrt. Zwölf lange Jahre verbrachte ich mit einem Kind, das von einem perfekten Reich träumt, in dem alle Menschen glücklich sind, und das eine Reform nach der anderen aus den Kanzleien jagt. Ich muss mir seine Zudringlichkeiten gefallen lassen, um keinen Verdacht zu erwecken.« Sie drehte sich zu ihm um, die Bürste reckte sich in seine Richtung. »Wenn du nicht bald etwas unternimmst, dann schwöre ich, sorge ich dafür, dass er eines morgens tot im Bett liegen bleibt.« Aufgebracht schaute sie in den Spiegel und beobachtete in der reflektierenden Fläche das ansprechende Gesicht ihres geheimnisvollen Liebhabers. »Ich frage mich, warum ich das nicht schon längst getan habe.«
    Mortva beugte sich nach vorne, bedeckte ihre Schulter mit zärtlichen Küssen und zog sie behutsam auf die Beine. »Wenn der Kabcar jetzt stirbt, zerfällt das, was sich im Aufbau befindet«,

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