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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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drückte das verschmutzte Leinen dem Mönch in die Hand.
    Angewidert streckte Matuc die verdauten Überreste von sich und schaute sich um, wohin er den Inhalt entsorgen konnte. »Ich habe keine Ahnung«, log er. Er vermutete, dass es etwas mit den magischen Fähigkeiten vom Vater des Neugeborenen zu tun hatte. »Aber es sollte uns nicht weiter beunruhigen. Nur ein Zufall, weiter nichts.«
    Die Borasgotanerin blickte ihn strafend an, der Mönch wich ihren braunen Augen aus. »Das glaubst du doch selbst nicht. Dürfen Geistliche denn lügen?«
    Matuc hob die Hand mit der Windel. »Ich schwöre bei diesem Gestank, dass ich nicht weiß, was genau im Zimmer des Bürgermeisters geschehen ist. Aber, nun ja. Lorin wird vermutlich magisch begabt sein. Das Erbe seines Vaters, wie ich annehme.«
    Fatja schien beruhigt. »Mein kleiner Bruder hat aber mächtig was auf dem Kasten, wenn er die Heilkräfte eines Cerêlers irgendwie verändert.«
    »So soll es sein«, sagte der Mönch. »Wenn es Ulldraels Wille ist, dass er eines Tages die Dunkelheit besiegt, muss er wohl so stark sein.«
    »Und er hat die gleichen Kräfte wie die Dunkelheit«, murmelte die Borasgotanerin, die sich an ihre Vision im Gasthaus in allen Einzelheiten erinnern konnte.
    Beide betrachteten den halb nackten Jungen, ohne ein Wort zu sagen.
    »Ich habe das Gefühl, dass uns da noch einiges bevorsteht«, meinte Fatja und reinigte das Kind zu Ende, bevor sie ihm mit zahlreichen Knoten eine neue Windel anlegte. »Wir machen es so: Du betest zu Ulldrael, ich bete vorsichtshalber zu Kalisstra.« Sie hob den Jungen hoch und musterte ihn. »Und du, kleiner Bruder, sorgst dafür, dass das Gute siegt.«
    Der frische, aber zu locker geschnürte Stoff rutschte Lorins Beine hinab und landete auf dem Holztisch.
    »Es ist doch schwieriger, als man annimmt«, sagte Matuc amüsiert.
    Das Mädchen bedachte ihn mit einem bösen Blick und machte sich an den nächsten Versuch, die Windel richtig zu binden. Stolz präsentierte sie das Ergebnis.
    Der Mönch beugte sich hinunter und schnupperte prüfend. »Gute Arbeit. Aber du kannst gleich wieder von vorne beginnen. Dein kleiner Bruder hat sich eben wieder erleichtert.«
    Gespielt böse kitzelte Fatja den Säugling. »Du kleiner Stinker. Warte nur, wenn du groß bist, werde ich dich alle meine Botengänge machen lassen.«
    Lorin schien zu lächeln.
    Ulldart, Königreich Aldoreel, Telmaran, Winter 443/444 n.S.
    Nerestro saß auf einem Baumstumpf, die Beine von sich gestreckt, die Arme auf die Parierstange der aldoreelischen Klinge gestützt, die er in den Boden gerammt hatte, und starrte geistesabwesend in die Flammen des Lagerfeuers.
    Nur bekleidet mit einem wattierten Waffenrock und Unterwäsche, voller getrocknetem Schlamm vom Fuß bis zu den kurzen braunen Haaren auf dem Schädel, hockte er in einem unbekannten Waldstück, in dem er vor wenigen Stunden erwacht war. Über den Flammen hingen mehrere gehäutete, ausgenommene kleine Tiere, die in der Hitze garten und einen angenehmen Geruch verbreiteten. Um ihn herum gaben die Nachttiere ihr Konzert.
    Der Ordensritter der Hohen Schwerter war in Gedanken bei der Schlacht, die für ihn nicht stattgefunden hatte. Nach dem wunderlichen Ereignis am Wasserfall wurde er, wie die vielen anderen des Geeinten Heeres, einfach von den hereinbrechenden Fluten mitgerissen und wie Unrat davongespült. Durch die Kollision mit einem treibenden Wagen brach er sich das rechte Bein. Irgendwann war er in dem dreckigen Nass untergegangen, aber auf welchem Weg er zwischen die Stämme der mächtigen Eichen gelangt war und wer seine Verletzung geschient hatte, daran konnte er sich nicht erinnern. Doch es beschlich ihn eine dunkle Ahnung.
    Die Ungewissheit über den Verlauf des weiteren Tages, der unweigerlich in einen Kampf münden musste, ließ ihn fast rasend werden. Das vorsichtige Belasten seines Beins brachte ihm jedoch die Einsicht, dass er mit seinen geborstenen Knochen nicht weit kommen würde. Außerdem wäre es, sollten die Truppen des Kabcar gewonnen haben, Selbstmord, in diesem Zustand gegen sie anzutreten. Was er auch nicht beabsichtigte.
    Nerestro glaubte mehr und mehr, dass es ein Fehler gewesen war, sich gegen den jungen Herrscher zu stellen. Wann immer sie unter der Führung von Matuc eine Gelegenheit gehabt hatten, den Jungen umzubringen, verpassten sie diese oder sie retteten den Herrscher stattdessen. Die Vision seines Gottes Angor, die ihm befahl, den Kabcar zu töten, wenn er zu einer

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