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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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erneut. Für einen Moment drehte der Wind und wehte den stinkenden, die Lungen lähmenden Rauch zum Geschütz herüber. Hustend musste die Männer ihre Arbeit unterbrechen.
    Varèsz und Widock ritten heran.
    »Ist sie einsatzbereit?«, verlangte der Stratege ungeduldig zu wissen. »Feuern? Wann?«, fügte er nach einem kurzen Zögern hinzu.
    »Sie wurde nicht beschädigt, die Flammen konnten ihr nichts anhaben«, berichtete der Geschützmeister. »Und meine Ausfälle an Knechten konnte ich durch ein paar Eurer Männer ausgleichen, der Rest sind Stegreiflösungen. Dieser Hetrál ist nicht dämlich. Der Trick mit dem Rauch ist nicht ohne.«
    »Wenn er dämlich wäre, würde sich diese verfluchte Festung schon lange in meiner Hand befinden«, maulte Varèsz auf ihn herab. Aber das verstand der Bombardier nicht.
    »Stehen wir nun auch weit genug weg?«, vergewisserte sich Widock, damit ein zweiter Beschuss aus dem Inneren der Festung heraus ohne Folgen bleiben würde.
    »Ich habe Euch damals gefragt, ob die da drinnen über große Schleudern verfügen«, verteidigte sich der Goldene. »Wir hatten wohl den Beistand des Gebrannten, dass keiner der Steinklötze die Bombarde traf, sonst wäre sie in tausend Teile zerborsten. Aber einen halben Warst Abstand zu überbrücken, gelingt keiner Wurfmaschine.«
    Als hätten die Belagerten seine Bemerkung gehört, verkündeten ein Surren und ein kleiner schwarzer Fleck, der rasch näher kam und größer wurde, dass eine der Matafundae ihnen ein massives Geschoss sandte. Mit einem geräuschvollen Rumpeln zerschlug der Stein etwa nach siebenhundert Schritt am Boden.
    »Sie variieren die Gegengewichte der Wurfmaschinen«, schätzte der Stratege ruhig. »Sie haben tatsächlich die Hoffnung, sie kämen bis hierher.« Er wandte sich dem Goldenen zu. »Ich will, dass du so schnell schießt, wie die Bombarde es schafft. Und setz diese verdammten Schleudern außer Gefecht. Ich will spätestens in einer Woche stürmen.« Er riss sein Pferd brutal herum und ritt ins Lager zurück.
    »Ja, man merkt, dass du keine Ahnung hast, Schlitzlippe«, meinte der Geschützmeister leise und legte eine Hand auf das warme Rohr. »Es ist nicht so einfach, wie es aussieht.« Er warf einen betrübten Blick auf die improvisierte Lafette, die sie aus den Karrenüberresten mit Seilen und Nägeln zusammengebaut hatten. Der Rückschlag von »Tzulans Stimme« beanspruchte das Holz dermaßen, dass nach dem folgenden zweiten Schuss vermutlich ein neuer Rahmen gezimmert werden musste.
    Der Lauf wurde gereinigt, zwei Säcke des neuartigen, grobkörnigeren Sprengpulvers, was Fehlzündungen verhinderte, verschwanden im Mund des Gebrannten. Der Geschützmeister nahm ein erkaltetes Stück Kohle und schrieb »Tzulan sagt ›Vernichtung‹« darauf. Nach dem Einschieben des Filzpfropfens, mit dem das Pulver zusammengepresst und im Lauf abgedichtet wurde, wuchteten die Knechte mit Hilfe der Pferde und des Seilzugs die Granitkugel in den Schlund. Ein letzter Blick über die Zielvorrichtungen, und die Lunte brannte.
    Eilig brachten sich die Männer hinter einem Fels kauernd in Deckung und hielten sich die Ohren zu. Nur der Goldene hielt neben dem Geschütz aus und lächelte in Vorfreude, wie er es jedes Mal tat.
    Die »Stimme Tzulans« sprach dröhnend und spie ihr Wort gegen die Mauern von Windtrutz. Allein die Detonation der Treibladung klang wie ein auf der Erde losbrechender einzelner Donnerschlag und erzeugte eine solche Druckwelle, dass der schwarze Rauch des Pechund Strohfeuers sich zusammenduckte, als wollte er schleunigst Platz für die Kugel machen. Aus dem Mund des stilisierten Gottesgesichts stoben meterlange Flammen und Dampfwolken.
    Das Granitgeschoss schlug wie berechnet in die Mitte des Bergfrieds ein und brachte ihn zum Wanken. Durch das Loch, das gerissen worden war, verlor das Bauwerk an Stabilität, das Gewicht der oberen Steine und der Aussichtsplattform sorgten dafür, das der Turm einknickte und abbrach. Polternd und staubend verschwanden zwei Drittel des Bergfrieds außerhalb des Sichtfelds der johlenden Truppen des Kabcar in den Innenhof.
    Der Goldene freute sich wie ein Kind über seinen Erfolg. Er war noch ganz benommen von dem unglaublichen Dröhnen, das durch seine Eingeweide gegangen war, und von dem Erzittern der Erde.
    Nach wenigen Lidschlägen stiller Verzückung hetzte der Bombardier die Knechte an die Arbeit, um einen neuen Rahmen für das Geschütz zu bauen. Dass »Tzulans Stimme« eben sein

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