Unter Den Augen Tzulans
vom Orden der Hohen Schwerter, der Kabcar kennt uns beide.«
»Die Hohen Schwerter?«, sagte der Mann belustigt und lehnte sich in seinem Sattel zurück, damit ihn seine Begleiter hören konnten. Dann deutete er auf das Schlachtfeld. »Dann solltest du schleunigst zu deinen Freunden fahren. Die warten schon auf dich.« Er setzte die Speerspitze auf die Brust des Ritters. »Ich schicke euch beide auf der Stelle zu Angor, wie wäre das? Dein Schwert gefällt mir nämlich sehr gut. Könnte das eine der kostbaren aldoreelischen Klingen sein?«
»Ja«, bestätigte Nerestro ruhig. »Und sie wird durch deinen Leib fahren, wenn du nicht sofort das tust, was ich dir aufgetragen habe, Soldat.« Die braunen Augen fixierten sein Gegenüber. »Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod, wenn du mich damit schrecken willst. Und du?«
Herodin langte unbemerkt nach seinem Dolch, während der Sohn des Bauern auf dem Kutschbock immer kleiner wurde.
»Man könnte es auf einen Versuch ankommen lassen«, sagte der Patrouillenführer langsam, sein Gesicht wirkte unentschlossen. »Ich bin schneller als …«
Nerestros Hand zuckte an den Griff, die Klinge zog im Licht der untergehenden Sonnen eine schimmernde Bahn und durchschlug den Schaft des Speers wie einen Grashalm. Polternd fiel die Spitze in das Wageninnere, einige der Pferde sprangen erschrocken zurück. Der Junge schlug sich die Hände vors Gesicht und jammerte.
Abwartend saß der Ritter da, die Waffe seelenruhig in der Rechten, das geschiente Bein von sich gestreckt. »Nun, Soldat, danke mir nicht für meine Milde. Reite zum Kabcar und sage ihm, wer ihn sprechen möchte.«
Der Mann rief etwas in einer unbekannten Sprache, die Wachen senkten die Spieße und wollten ihren Tieren die Fersen in die Flanken rammen, da erschallte eine zweite Stimme auf Tzulandrisch vom Schlachtfeld herauf. Augenblicklich ruckten die Spitzen nach oben.
Ein Reiter im schwarzen Plattenpanzer preschte heran, einen gewaltigen gezackten Zweihänder auf dem Rücken, einen Helm mit Kopfhautstücken am Gürtel festgeschnallt. Kurze schwarze Haare bedeckten seinen Schädel, die Unterlippe war gespalten und stark vernarbt.
Es folgte ein kurzer Wortwechsel zwischen ihm und dem plötzlich kleinlauten Patrouillenführer, der damit endete, dass der Neuankömmling eine neunschwänzige Katze vom Waffengurt zog und dem offenbar Untergebenen die Schnüre mit Wucht ins Gesicht schlug. Dann wandte er sich den Rittern zu.
»Es ist selten, dass die Überlebenden einer Schlacht sich freiwillig in Gefangenschaft begeben möchten«, sagte der Mann neugierig. »Was hat Euch dazu bewogen?«
»Wenigstens einer in dem ganzen Haufen, der Manieren hat. Niemand sprach davon, dass wir uns ergeben«, verbesserte Nerestro. »Wir werden mit dem Kabcar sprechen, und danach ziehen wir unserer Wege.« Er stellte sich und seinen Begleiter vor.
»Ich habe von Euch gehört«, sagte der Mann mit dem Zweihänder und neigte anerkennend das Haupt. »Ihr habt die Hohen Schwerter damals bei Dujulev geführt und einen großen Tagessieg gegen Borasgotan errungen. Ich bin Osbin Leod Varèsz, Stratege des Kabcar. Ich bringe Euch zu ihm, und danach werden wir sehen, ob und wohin Ihr geht.«
Er bedeutete dem Jungen, den Karren anrollen zu lassen, während er parallel dazu ritt. Die Patrouille blieb zurück. Der Blick, mit dem der Anführer sich das Blut aus dem Gesicht wischte, das von den tiefen Wunden der Peitsche stammte, war mörderisch.
»Ich habe gehört, das Wunder am Repol-Fall wurde von Euren Männern ausgelöst?«, erkundigte sich Nerestro und verstaute die Klinge. »Meint Ihr, das sei besonders ehrenhaft gewesen, wie Ihr Tod und Verderben über die Männer gebracht habt? Sie hätten im Kampf sterben sollen.«
Varèsz schnaubte. »Ein Krieg ist niemals etwas Ehrenhaftes. Es geht darum, den Feind zu vernichten. Und je eher das geschieht, desto besser. Ich nutzte dabei alle Möglichkeiten, die mir zur Verfügung standen.« Er sah kurz zurück auf die rotbraune Schlammebene. »Mit Erfolg. Euer Orden besteht aus Träumern, die den Kampf verherrlichen. Eure Turniere, bei allem Respekt vor Euren unbestrittenen Waffenfertigkeiten, haben mit dem Ablauf von echten Schlachten wenig zu tun, wie Ihr gesehen habt. Dujulev war dagegen harmlos. Da wir in der Unterzahl waren, musste ein Ausgleich geschaffen werden. Ein wenig graben hier, ein bisschen Wasser dort, und schon standen die Aussichten zu unseren Gunsten.« Varèsz sah ihn an. »Im Krieg geht
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