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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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einige Male vor die Herausforderung, ihr nicht ins Gesicht zu explodieren. Zu diesem Thema ist meine Lieblingsgeschichte die folgende:
     
    Einmal kam ich statt um 09:00 Uhr erst um 09:10. Ich bin sonst eher überpünktlich, aber an diesem Tag hatte es heftig geschneit und der Verkehr lief unerwartet träge.
    Nachdem ich mit dem Putzen fertig war, übergab mir Jutta meinen Lohn.
    Statt der üblichen 15 DM drückte sie mir 13 DM in die Hand.
Ich: Äh, bekomme ich nicht noch zwei Mark?
Sie: Du warst ja heute nicht die volle Zeit da.
Ich: Wieso?
Sie: Du bist heute erst um zehn nach neun gekommen.
Ich: Aha?
Sie: Zehn Minuten machen bei einem Stundenlohn von 15 Mark 2,50. Deshalb bekommst Du heute eben mal 12,50. Beim nächsten Mal kommst Du einfach wieder pünktlich, dann kriegst Du auch wieder den vollen Lohn.
Ich: Aber das sind keine 12,50, sondern 13 Mark.
Sie: Ich weiß, ich habe kein Kleingeld mehr. Aber das macht nichts, ich habe es mir aufgeschrieben. Beim nächsten Mal verrechnen wir das dann.
    Und tatsächlich zog sie mir am übernächsten Tag die zu viel gezahlten 50 Pfennige ab. So hatte alles wieder seine Richtigkeit.
     
    War das die berühmte »deutsche Genauigkeit«?
     
    Wenn ja, wurde sie von Jutta nicht beidseitig verstanden. Denn dass ich fast nie genau um 10:00 Schluss machte, sondern meistens noch eine Viertelstunde länger putzte, um nicht mitten in der Arbeit aufzuhören, fand keinen Niederschlag in der Endabrechnung.
     
    Gerechtigkeit sieht anders aus.

Fiese Bärchen
    2004 zog meine Schwester zu mir nach Deutschland. Mittlerweile steht sie auf eigenen Beinen, aber in der Anfangszeit wohnte sie bei mir.
    Sie wollte ursprünglich in Frankfurt Psychologie studieren, aber es fehlte das Geld.
    Deshalb begann sie ebenfalls zu putzen. Als Zwischenlösung. Die nun schon einige Jahre andauert.
    Aber auch sie hat ihren Traum nicht aufgegeben. Und wie ich sieht sie das Putzen als gute Möglichkeit, sich einen soliden Lebensunterhalt zu verdienen.
     
    Ich setzte also damals wieder einmal meine Kleinanzeige in die Zeitung. Diesmal für meine Schwester:
Putz- und Bügelstelle gesucht
Tel.: 0178 275 780
    Darauf meldete sich ein junger Mann, der für eine Arztpraxis in der Nähe vom Bahnhof eine Putzfrau suchte. Er hieß Markus, klang sehr nett und charmant.
    Wir machten einen Termin aus.
    Am nächsten Morgen, ein Samstag, machte ich mich mit meiner Schwester auf den Weg zum Vorstellungstermin.
    Das Haus, in dem sich die Praxis befand, war ein stattliches Gebäude. Neubau. Weiße Fassade. Große Fenster. Drei Stockwerke.
    In dem Haus befanden sich neben unserem Arzt, einem HNO-Spezialisten, noch drei weitere Arztpraxen.
    Ein seriöser Kunde. Wir freuten uns.
     
    Auf unser Klingeln hin wurden wir hineingelassen, und wir liefen erwartungsvoll die beiden Treppen zum zweiten Stock hinauf.
     
    Zwei Männer, beide Mitte dreißig, erwarteten uns an der Tür.
    Der eine stellte sich als Thomas vor.
    Der andere war Markus vom Telefon.
    Ich war überrascht.
    Ich hatte ihn mir ganz anders vorgestellt.
    Irgendwie attraktiver.
    Stattdessen war Markus ein kleines, sehr übergewichtiges Kerlchen im Hawaiihemd und mit Halbglatze.
    Er stand da mit in die Hüften gestemmten Armen, den Oberkörper zurückgelehnt, schnaufte heftig und schwitzte dabei.
    Ich stellte mir vor, wie dieser Mann Patienten in den Rachen schaute und ihnen dabei ganz nah kam.
    Ich bekam Gänsehaut.
    Aber offenbar störte das außer mir niemanden, denn die Praxis schien gut zu gehen.
    Alles war neu und hochwertig eingerichtet.
     
    Markus hielt sich zunächst im Hintergrund. Es war Thomas, der uns zeigte, was zu putzen war.
     
    Am Ende der Tour ergriff Markus das Wort:
»Ich habe auch eine Wohnung, die geputzt werden muss. Sind Sie interessiert?«
    Natürlich waren wir das – besser konnte es ja gar nicht laufen. Wir verabredeten uns ein paar Stunden später in seiner Wohnung. Dort könnten wir dann alles Weitere klären.
     
    Markus erwartete uns schon im Treppenhaus. Er zeigte uns die Wohnung. Vier Zimmer, Küche, Bad. Gut aufgeräumt. Ein Zimmer wurde als Büro genutzt. Markus war alleinstehend. Beiläufig ließ er fallen:
»Ich bin Philatologe. Briefmarkenhändler.«
    Aha, also kein Arzt?
»Nein, nein. Die Praxis gehört Thomas. Wir sind befreundet.«
    »Komische Nummer«, dachte ich. Hatte Markus nicht am Telefon von »seiner« Praxis gesprochen?
    Aber mir war es gleich.
    Arzt, Briefmarkensammler oder Steuerfachgehilfe.
    Was machte das für einen

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