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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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seiner Hosentasche.
     
    Dann deutete er hinter mich und rief:
»Was macht der Depp denn da?«
    Ich drehte mich instinktiv um und schaute aus dem Dielenfenster, in dessen Richtung er gedeutet hatte.
    Draußen hängte ein älterer Mann im angrenzenden Garten Wäsche auf. Ich drehte mich wieder zu Dirk:
»Wieso, was ist denn daran schlimm? Er hängt doch nur die Wäsche …«
    Weiter kam ich nicht, denn in diesem Moment sprang der Idiot von der Treppe und stand in voller Mannespracht vor mir. Und ich meine, VOLLE Mannespracht:
»Kennst Du DIESE Zigarre?«
    Ich war entsetzt und angewidert! Gerade noch konnte ich »Du bist so bescheuert!« stammeln und rannte schnell in den Keller.
     
    Auf dem Weg dorthin rief er mir noch nach:
»Bring mir eine Schaufel mit von unten!«
    Ich brauchte ein paar Minuten, um mich wieder zu fassen, blieb aber im Keller, um die Wäsche zu machen. Eine Stunde später hörte ich die Haustür zuschlagen.
    Dirk war weg.
     
    Gegenüber lebt er mit seiner Frau. Seine Kinder kommen in dieses Haus zum Spielen. Was für ein Mensch …
     
    Erst jetzt fällt mir wieder ein, dass er auch vorher schon viele anzügliche Bemerkungen gemacht hatte. Zwei Wochen vor dem Vorfall hatte er mir in aller Genauigkeit erzählt, wie er seine Frau erwischt hätte, als sie ihn betrogen habe.
    Zur Untermalung zeigte er mir SMS, die der Liebhaber seiner Frau ihr angeblich geschrieben habe. Bei einer Gartenparty sei sie plötzlich verschwunden:
»Ich hab sie überall gesucht. Dann hab ich sie in der Garage gefunden. Als sie ihrem Liebhaber einen geblasen hat!«
    Ich fragte ihn damals, wie er es schaffen könne, noch mit ihr unter einem Dach zu leben. Ich wäre an seiner Stelle längst ausgezogen. Er antwortete: »Wegen der Kinder.«
    Er hatte mir noch leidgetan. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher, dass die Geschichte überhaupt wahr ist.
     
    Wenn ich den Boden putzte, stand er manchmal hinter mir und bemerkte:
»Ich bin ein Genießer – wenn ich Deinen Hintern beim Putzen sehe!«
    Solche Momente, die ich einfach ignoriert hatte, kommen mir jetzt wieder ins Gedächtnis. Und machen mich wütend.
    Ich wünschte, ich wäre schlagfertiger gewesen oder hätte wenigstens auf seine »Zigarre« gedeutet und laut gelacht oder so was.
    Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, was ich in solchen Situationen anderes tun soll, als sie zu ignorieren, darüber hinwegzusehen.
     
    Der Hausherrin davon zu erzählen war mir zu riskant.
    Wir hatten kein vertrautes Verhältnis miteinander. Sie schickt ihre Kinder zu Dirk zum Spielen.
    Ich weiß nicht, ob sie mir geglaubt hätte. Wahrscheinlich nicht.
    Dann wäre ich meine Stelle los gewesen und obendrein noch die polnische Schlampe.
    Dirk hätte es sicher nicht zugegeben.
    Da konnte ich nur verlieren.
     
    Seitdem habe ich Dirk nicht wiedergesehen. Ich weiß nicht, ob er mir aus dem Weg gegangen ist oder ob es Zufall war. Ich bin jedenfalls dankbar, dass ich seine blöde Visage nicht mehr sehen musste.
    Oder seine »Zigarre«.
     
    Manchmal fragen mich Leute, warum ich das alles mitmache.
    Aber die verstehen nicht.
    Das ist der Job.
    Es gehört einfach dazu.
    Wenn ich jedes Mal kündigen würde, wenn mir jemand auf den Fuß tritt, mich beleidigt oder belästigt, könnte ich nicht mehr davon leben.
     
    Natürlich macht das etwas mit einem.
    Natürlich ist es manchmal zu viel.
    Natürlich werden Grenzen überschritten.
     
    Aber mir geht es gut. Ich habe einen Job. Ich begegne auch vielen interessanten und netten Menschen, von denen ich lernen kann.
    Ich muss nicht hungern, mein Leben ist nicht bedroht, ich muss keine fetten, schwitzenden Freier befriedigen und kann in einem Land leben, das mir gefällt.
     
    Wenn ich dafür ein paar Idioten ertragen muss, was soll’s.
     
    Ich bin frei.

Dein Hasenmann
    F ür die meisten Polen ist Schwulsein etwas ganz Abartiges, Ekelhaftes und Unnatürliches. Man glaubt, Schwule müssten nach ihrem Ableben direkt in die Hölle. Allein der Gedanke, einen Schwulen anzufassen oder von einem angefasst zu werden, empfindet man als ekelerregend.
    Obwohl viele Priester selbst schwul sind, wettert die katholische Kirche in Polen unablässig gegen gleichgeschlechtliche Liebe.
    Wie überall.
    Nur in Polen glauben ihr noch die meisten.
    Ich tat das auch.
    Ich kannte keine Schwulen. Jedenfalls nicht offiziell.
     
    Ich war gerade beim Einkaufen im Supermarkt, als das Handy klingelte. Eine dunkle Männerstimme begrüßte mich freundlich:
Er: Guten Tag, Sie

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