Unter deutschen Betten
könnte ja auch einfach mal einen Schrank kaufen …
Frau Kiste und ich lachen herzhaft über den Kisten-Tick. Sie behauptet ja immer: »Wir haben zu wenig Platz.« Kürzlich fragte ich sie deshalb, ob sie mehr Ordnung halten würde, wenn sie ein größeres Haus hätten. »Ja klar!«, schoss es aus ihr heraus.
Aber ich musste laut lachen über ihren verblüfften Gesichtsausdruck, als sie selbst merkte, dass sie zwar »Ja« geantwortet, aber dabei mit dem Kopf geschüttelt hatte.
Der Körper verrät manchmal mehr als die Worte, die man benutzt.
Sehr raffiniert ist auch die »Aufräumtechnik« von Frau Kiste: Wenn Besuch kommt, schmeißt sie einfach alles in ein Zimmer und macht die Tür zu.
Einfache Lösungen sind ihr Markenzeichen.
Und große Menschlichkeit. Sehr sensibel und ohne Standesdünkel nimmt sie andere Menschen wahr. So pragmatisch-locker sie mit Ordnung umgeht, so tut sie es auch sonst im Leben.
Wirklich feine Menschen sind sich für nichts zu fein.
Als ich einmal bei ihr putzte, fiel mir auf, dass auf dem langen Panoramafenster im Wohnzimmer großflächig Vogeldreck verteilt war. Ich nahm mir vor, es gleich zu säubern, nachdem ich das Bad gemacht hätte.
Aber als ich schließlich mit Eimer und Tuch anrückte, sah ich Frau Kiste schon am Fenster stehen und die Verdauungsreste des Gefieders selbst wegwischen.
Obwohl die Putzfrau im Haus war.
Es sind die vermeintlich kleinen Gesten, die das wahre Wesen von Menschen offenbaren.
Von meiner Hochzeit habe ich außer Mr. Chaos sowie Frau Kiste und ihrem Mann keinem Kunden etwas erzählt. Ich bin mit privaten Informationen sehr zurückhaltend. Arbeit ist Arbeit und Privatleben ist Privatleben.
Frau Kiste war begeistert:
Sie: Oh TOLL! Was sollen wir Dir schenken? Was wünscht Ihr Euch denn?
Ich: Ihr müsst gar nichts schenken.
Sie: Aber natürlich schenken wir Euch was! Was wollt Ihr denn haben? Oder lieber Geld? Schenkt man in Polen Geld?
Ich: Na ja, wir haben allen gesagt, wir wollen nur Geld – sonst ist es in Polen so, dass man acht Bügeleisen, fünf Handrührgeräte und zwei Waschmaschinen bekommt. Das Geld ist für unsere Flitterwochen.
Sie: Na perfekt! Das Geld muss ja irgendwohin …
Ich: Ja, da wird halt immer so eine Kiste aufgestellt. Da werfen die Gäste dann ihr Geld rein.
Sie: Na mit Kisten kenn ich mich ja aus! Ich mach Dir eine Schatztruhe für Euer Geld!
Ich fand das klasse: eine Kiste von Frau Kiste!
Und wer meint, das klinge zu langweilig, hat sich getäuscht.
Eine Kiste von Frau Kiste ist nicht einfach nur eine Kiste …
Sie war ganz begeistert und ließ ein ganzes Programm anrollen:
Erst besorgte sie ein Piratenkostüm für meinen Mann und bat mich dann, ihr im Gegenzug zwei Fotos von uns mitzubringen, auf denen er das Kostüm und ich einen Bikini anhatte.
Die Fotos bearbeitete sie dann am Computer so, dass es aussah, als läge ich als Meerjungfrau am Strand. Mein Mann, der Pirat, stand hinter mir und schaute mit einem langen Fernrohr aufs weite Meer hinaus. Ganz so, als wollte er die Honeymooninseln finden. Mit diesem Foto beklebte sie dann eine kleine Schatztruhe.
Ich war so gerührt von diesem kreativen und aufmerksamen Geschenk, dass ich die 100 Euro, die darin lagen, erst gar nicht entdeckte.
So einen großzügigen Beitrag zu unserer Hochzeitsreise hatte ich überhaupt nicht erwartet.
Ich fand die Kiste schon beeindruckend genug. Sie steht bis heute bei uns im Regal.
Aufmerksamkeit und Mühe zeichnen Frau Kiste auch im Umgang mit ihren beiden Kindern aus. Die sind sieben und zehn, ein Junge und ein Mädchen.
Obwohl sie voll arbeitet, kommt sie jeden Mittag nach Hause und kocht für die beiden. Immer frische Sachen, nie Fertiggerichte oder Tiefkühlkost.
Beide Kinder sind sehr angenehme, sensible und liebevolle kleine Menschen. Ich finde es vorbildhaft, wie Frau Kiste sie zu Wertschätzung und Anteilnahme erzieht.
Wenn Gäste im Haus sind, kommen die beiden aus ihren Zimmern und begrüßen sie. Dasselbe bei der Verabschiedung.
Frau Kiste achtet darauf, dass sie auch mich behandeln wie einen persönlichen Gast des Hauses.
Als sie einmal zum Spielen zu Freunden gingen und vergaßen, sich von mir zu verabschieden, rief sie sie zurück und sagte: »Sagt tschüss zu Justyna.«
Ich war ganz gerührt, als die beiden daraufhin zu mir rannten, mir um den Hals fielen und mir »Tschüss, Justyna« ins Ohr flöteten.
Das hatte ich nicht erwartet.
Und es zauberte mir
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