Unter deutschen Betten
Wie man einen Mopp benutzt? Oder eher Waschmittelkunde? Vielleicht auch die Notwehrmaßnahmen kennen, wenn einen Wollmäuse anfallen? Sieht man Flecken besser mit Erfahrung? Fallen einem intelligentere Putzlösungen ein, wenn man 40 ist? Putzt man eleganter mit 50? Da freue ich mich ja richtig aufs Alter!
»Wolltest Du schon immer Putzfrau werden?«
Aber klar! Es war schon immer mein Traum, für fremde Menschen den Dreck wegzumachen. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als im Müll zu wühlen, meine Hände in Schmutzwasser zu stecken und Toiletten zu putzen. Immer wenn mich ein junges Mädchen fragt, was es werden soll, frage ich es: Hast Du schon mal ans Putzen gedacht? Das ist für so ein Kind doch ein tolles Ziel. Aber es gibt auch immer wieder erwachsene Quereinsteiger. Das Schöne ist ja, jeder kann Putzfrau werden. Sofort. Vielleicht hätten Sie ja auch Lust?
Marie aus Belgien
A ls ich noch neu war in Deutschland, stellte mich Marie ein. Sie war Belgierin, wohnte in der Innenstadt und benötigte eine Putzhilfe für ihre Fünfzimmerwohnung.
Zweimal pro Woche. Vier Stunden.
Marie hatte einen deutschen Mann und zwei kleine Jungs, vier und sechs. Ich war sehr gerne bei ihr, denn sie hatte gleich meine Zuneigung gewonnen, als sie mir beim ersten Treffen schon den Wohnungsschlüssel anvertraute.
Alles schien perfekt.
Der Mann, ein Immobilienmakler, war freundlich, ich bekam mein Geld zur angemessenen Zeit, es gab kleine Aufmerksamkeiten zu Ostern und Weihnachten, Kleider für Polen. Das ganze nette Programm.
Anfangs machte es mir nichts aus, dass sie mich selbstverständlich duzte, ich sie aber im Gegenzug siezen musste. Einmal schlüpfte mir ein »Du« heraus, da wies sie mich sofort zurecht, dass sie das nicht wolle. Das sei ihr zu privat. Also achtete ich auf das »Sie«. Kein Problem.
Auch störte es mich nicht, dass sie steif und fest behauptete, sie sei Architektin, obwohl sie nie gearbeitet, irgendetwas entworfen oder gebaut hatte oder auch nur über Architektur Bescheid wusste. Ich fand diese Behauptung nur unnötig. Ich bin doch die Letzte, die ein Problem damit hat, wenn jemand nicht studiert hat oder keinem klassischen Beruf nachgeht.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass sich in solchen Dingen schon das Problem andeutete, das in den Folgejahren zur vollen Blüte kam: Marie wurde komplett hysterisch.
Nicht nur erfand sie ohne Grund Identitäten und zog eine überkandidelte Standesgrenze zwischen sich und der Putzfrau. Das wäre zwar unangemessen, aber noch »normal« gewesen.
Ihre Hysterie führte auch dazu, dass sie ihren Frust nach Streit mit ihrem Mann cholerisch kreischend an mir ausließ. Und Streit gab es leider sehr oft, weil er sie ständig mit anderen Frauen betrog.
Schließlich wagte ich mich kaum ins Haus und konnte vor schierer Panik kaum noch putzen.
Marie war eine unberechenbare Furie.
Ich war noch zu jung und unsicher in dem fremden Land, um mich zu wehren.
So ertrug ich viel zu viel. Das weiß ich heute.
Froh macht mich nur, dass ich am Ende gewann.
Aber eines nach dem anderen.
Nach meinem ersten Jahr bei Marie kam ein großer Tag: der Umzug in das neu gebaute Haus. 600 Quadratmeter in einer reichen Gegend.
Ich sollte nun dreimal pro Woche kommen.
Zu dieser Zeit bemerkte ich auch, dass etwas mit Marie nicht stimmte.
Einmal putzte ich die Treppe, als sie laut schreiend aus dem Schlafzimmer gerannt kam und zwei Stilettos dicht neben meinem Kopf in die Wand knallten.
Die Absätze hinterließen tiefe Krater im Putz.
Begleitet wurde die Attacke von:
»SCHEISSE, MANN! FUCK! PUTZ SAUBER, DU SCHLAMPE!!!«
Marie hatte sich mit ihrem Mann um Geld gestritten, so viel hatte ich mitbekommen.
Ich war starr vor Schock.
So übertrieben ihre Wut war, so extrem waren auch ihre Sympathiebekundungen. Als ich über das Wochenende nach Polen fuhr, legte sie mir 300 Mark hin. Zwar freute ich mich über den Geldsegen, ahnte aber schon, dass der Preis dafür hoch sein würde, wenn ich wieder zurück war.
Tatsächlich schrie sie mich ein paar Tage später wieder an:
»DU BLÖDE SAU WILLST NUR MEIN GELD!«
Jedes Jahr flogen Marie und ihre Familie in den Urlaub nach Ibiza. Als sie im ersten Jahr ins neue Haus zurückkamen, fand ich einen offenen Brief auf dem Küchentisch. Da meine Kunden oft Nachrichten für mich hinterlassen wie: »Bitte heute Wäsche machen.« – »Bitte nächste Woche nicht kommen.« Oder: »Hast Du meine blauen Socken
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