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Unter Deutschen

Unter Deutschen

Titel: Unter Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Kennedy
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Marinesoldaten.
    Hier, wie im übrigen Deutschland, legte die Armee eine mustergültige Disziplin an den Tag – nicht zu vergleichen mit der Laxheit, die in Paris herrschte. Vor dem Haus des Präsidenten standen in Zivil die Männer vom amerikanischen Personenschutz. Sie wirkten kräftig und hart und machten ebenso ernste Gesichter wie die Russen.
    Der Minister sprach für ein paar Minuten mit dem Präsidenten, dann fuhren wir weiter zu einem Haus am Kleinen Wannsee – einemhübsch eingerichteten Haus in herrlicher Lage an einem schönen See. Es hatte den Bombenkrieg unversehrt überstanden, doch als wir am Abend mit einem Schnellboot über den See fuhren, sahen wir, dass viele Häuser in dieser Wohngegend schwer getroffen worden waren.
    Anmerkungen:
    Bei der russischen Armee, die jetzt in Berlin ist, handelt es sich um die zweite russische Besatzungsarmee. Die erste Armee, also die kämpfende Truppe, war, als wir eintrafen, bereits abgezogen worden. Nachdem die erste Armee die Stadt eingenommen hatte, gaben die Russen ihren Soldaten einen Urlaub von 72 Stunden, in denen Vergewaltigungen und Plünderungen an der Tagesordnung waren. Was sie nicht mitnahmen, zerstörten sie. Als diese Armee abgezogen war, gewährte man der zweiten russischen Armee den gleichen Ausgang und die gleichen Sonderrechte, doch seither ist es um die Disziplin besser bestellt. Die Russen nehmen alle körperlich leistungsfähigenMänner und Frauen gefangen und transportieren sie ab. Gefangene, die wir freilassen, werden aufgegriffen und nach Russland geschickt.
    Alle Kinder unter fünfzehn, Frauen über fünfzig und alte Männer werden dagegen in der amerikanischen Zone abgeladen und fallen so unter die Verantwortung der Amerikaner.
    (Lebensmittelversorgung)
    Ursprünglich waren es in der amerikanischen Zone etwa 900 000. Dann kamen die Franzosen als Besatzungsmacht dazu, auf Kosten der Briten, die dadurch nun 200 000 weniger zu versorgen haben. Das bedeutet aber, dass die Amerikaner jetzt noch 200 000 mehr ernähren müssen, da die Amerikaner die französische Zone mit Lebensmitteln versorgen.
    (Anmerkung)
    Die meisten Deutschen scheinen gehofft zu haben, ihre Armee würde im Westen aufhören zu kämpfen und es den Alliierten ermöglichen, vor den Russen einzumarschieren. Was die Behandlung der Deutschen durch die Russen betrifft, so geben die meisten zu, dass es genauso schlimm war, wie es ihnen die Propaganda vorhergesagt hatte. Vergewaltigungen waren an der Tagesordnung. Am liebsten stahlen die Russen Uhren, die sie dann als Zahlungsmittel benutzten, Fotoapparate waren zweite Wahl. Die Russen sind vor kurzem bezahlt worden, und sie gehen sehr freigebig mit ihrem Geld um. Der geltende Preis für Uhren brachte einigen Amerikanern mehr als 400 Dollar ein. Der offizielle Wechselkurs liegt bei 10 Mark für einen Dollar.
    Man vermutet, dass die Russen nicht vorhaben, jemals aus ihrer Besatzungszone wieder abzuziehen, sondern dass sie aus ihrem Teil Deutschlands eine Sozialistische Sowjetrepublik machen wollen. Die Frage ist daher, ob es sich die drei anderen Besatzungsmächte leistenkönnen, aus ihren Zonen abzurücken. Bislang scheinen die Briten eine wirtschaftliche Wiederbelebung Deutschlands zu unterstützen. (Die neue britische Regierung könnte davon Abstand nehmen.)
    Die Franzosen, die das Rheinland besetzt halten, werden vermutlich weiter große Teile der deutschen Produktion für sich beanspruchen. Die Vereinigten Staaten werden sich vermutlich zurückziehen wollen – der derzeitige Plan sieht vor, eine Besatzungsarmee von 400 000 zu behalten. Sollte es im Hinblick auf die Einrichtung einer längerfristigen Verwaltung zu einem Bruch zwischen den vier Großmächten kommen, wird es ernst werden. Deutschland wird nicht imstande sein, Verkehrswege, Straßen, Kanäle, Handel, Kohle und Nahrungsmittel zu gewährleisten. Wenn wir nicht abziehen und es ihnen ermöglichen, sich selbst zu verwalten, werden wir vor einem äußerst schwierigen Organisationsproblem stehen. Wenn wir abziehen, kann es jedoch sein, dass wir ein politisches Vakuum hinterlassen, das die Russen nur allzu gern ausfüllen werden.
Eindrücke von den Trümmern Berlins
    Alles ist zerstört. Unter den Linden und die Straßen sind verhältnismäßig frei, doch es gibt kein einziges Gebäude, das nicht ausgebrannt ist. In manchen Straßen ist der Gestank der Leichen überwältigend – süßlich und ekelerregend.
    Die Menschen haben vollkommen farblose Gesichter – gelbstichig,

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