Unter Deutschen
mit blassbraunen Lippen. Alle tragen Bündel mit sich herum. Wohin sie unterwegs sind, weiß wohl keiner. Ich frage mich, ob sie selbst es wissen.
Sie schlafen in Kellern. Die Frauen würden für Essen alles tun. Ein oder zwei Frauen trugen Lippenstift, doch die meisten scheinen sich so unscheinbar wie möglich machen zu wollen, um der Aufmerksamkeit der Russen zu entgehen.
Die Russen waren klein, gedrungen und blickten finster drein. Ihre Gesichtszüge waren grob, ihre Uniformen schmutzig.
Hitlers Reichskanzlei war nur noch eine Hülle. In den Mauern klafften Löcher, sie waren von Kugeln zernarbt – Spuren des schrecklichen Kampfes, der hier tobte, als sie fiel. Hitlers Luftschutzbunkerlag etwa 120 Fuß [36 Meter] unter der Erde – gut eingerichtet, aber völlig verwüstet. In dem Raum, wo Hitler den Tod gefunden haben soll, waren versengte Wände, Spuren von Feuer, zu sehen. Es gibt jedoch keinen sicheren Beweis, dass die Leiche, die man gefunden hat, Hitlers Leiche war. Die Russen bezweifeln, dass er tot ist.
Gespräch mit Oberst Howley,
Direktor der amerikanischen Militärregierung in Berlin
Als die amerikanischen Truppen in Berlin eintrafen, begegnete man ihnen mit tiefem Misstrauen. Die Russen verwehrten ihnen zunächst die Übernahme des Kommandos – unter dem Vorwand, dass sie Zeit für ihren Abzug brauchten. Der Oberst jedoch meint, dass es ihnen darum ging, weiter ungestört plündern zu können.
Eines Morgens befahl der Oberst seinem Stab, die Büros zu beziehen. Als die Russen eintrafen, fanden sie bereits die Amerikaner vor. Nach anfänglichen Protesten zogen sie sich zurück. Inzwischen gehen die Dinge einigermaßen reibungslos vonstatten.
Sämtliche Entscheidungen müssen von den vier Besatzungsmächten einstimmig getroffen werden. Sie verwalten die Stadt als Einheit – Streitigkeiten werden so lange verhandelt, bis die Entscheidung einstimmig ist.
Die Lebensmittel für die amerikanische Zone werden bisher von den Amerikanern bis an die Grenze der russischen Zone im Westen geliefert, die sich 200 Meilen westlich von Berlin erstreckt. Von dort transportieren die Russen sie nach Berlin. Nach dem 15. August,wenn die Brücken und Straßen repariert sind, werden die Vereinigten Staaten ihre Lebensmittel selbst hereinbringen.
Die Tagesration beträgt 1 ½ Pfund – was etwa 1200 Kalorien entspricht (2000 schätzen die Gesundheitsbehörden als normalen Tagesbedarf ein – in Wien liegt die Ration bei nur 900 Kalorien).
Die Briten versorgen die Stadt täglich mit etwa 9000 Tonnen Kohle, die für die öffentliche Versorgung und für die Besatzungsmächte bestimmt sind. Im kommenden Winter könnte die Lage sehr ernst werden. Der Oberst meint, dass die Russen in Bedrängnis geraten könnten. Sollte es dazu kommen, werden sie sich ohne Frage an den Lebensmitteln bedienen, die für die Zivilisten bestimmt sind. Das könnte uns vor ein Problem stellen, denn die Amerikaner können ihre Zivilisten nicht besser versorgen, als jene in der russischen Zone versorgt werden, weil das sonst einen Zustrom aus ganz Berlin zur Folge haben würde.
Die Russen haben das Land schwer geplündert, sie leben auf seine Kosten – und so werden sie wohl, obwohl sie Deutschlands Kornkammerkontrollieren, ihre Quote für diesen Winter niemals erfüllen können.
Dem Oberst zufolge arbeitet der russische Stab schlampig. Termine werden häufig nicht eingehalten. In der Regel liegt das aber nicht an einer Gleichgültigkeit gegenüber den Amerikanern, sondern schlicht daran, dass sie betrunken in ihren Betten liegen. Der Oberst sagt, die Amerikaner müssen wissen, was Sache ist, und Klartext reden. Er hat aber auch das Gefühl, dass das Misstrauen zwischen den Russen und den Amerikanern seit Beginn der Besatzung abgenommen hat.
Gespräch mit Pierre Huss,
Chefkorrespondent des
International News Service (INS)
in Berlin
Die Russen sind mit einer solchen Brutalität einmarschiert, sie haben Fabriken geplündert und Frauen vergewaltigt, dass sie sogar die deutschen Mitglieder der Kommunistischen Partei gegen sich aufbrachten, die einigen Einfluss in den Fabriken hatten.
Die deutschen Kommunisten beschwerten sich bei Schukow, der jetzt eine andere Armee, eine Vorzeigearmee, eingesetzt hat, und die Russen gestatten politische Aktivitäten, wenngleich unter strengen Auflagen. Es gibt vier politische Parteien, alle linksgerichtet, und die Russen sind im Begriff, das Paulus-Komitee aus Moskau zu holen, von dem sie sich erhoffen, dass
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