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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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dennoch gestorben. Und die Erkenntnis, dass er wieder dafür verantwortlich war, allein dadurch, dass er sich ihr näherte, schnitt mit glühenden Klingen in sein untotes Fleisch. Er fürchtete sich seit dem letzten Mal davor, dass es wieder geschehen würde. Aber die Begegnung war unausweichlich.
    Vor einer Woche hatte er sie wiedergesehen. Im Foyer des Theaters. Sein Herz blutete, doch diesmal sollte es anders sein. Jetzt wusste er, wie er sie retten konnte: Indem er auf sie verzichtete. Das musste des Rätsels Lösung sein. Wenn er den Tod brachte, dann durfte er sie nur nicht berühren, sich nicht zu erkennen geben. Dieses Mal hatte er sich ihr nicht genähert, als er sie sah, obwohl er sie sofort erkannte. Ihre Augen. Dieses Leuchten, das nur sie besaß. Sein Geist war in den ihren gedrungen, nur für einen kurzen Moment. Sie hatte zu ihm herübergesehen, gelächelt, und die Versuchung war so groß gewesen. Doch statt zu ihr zu gehen, hatte er sie dieses Mal freigegeben, sich umgedreht und war gegangen. Er nahm einen Schluck Wein und lächelte. Diesmal würde sie nicht sterben.
    »Aber ich will ein Leben. Ich lasse mich nicht betrügen«, sprach eine Stimme hinter ihm.
    Er fuhr aus seinem Sessel auf und drehte sich zu dem Mann um, der neben dem Kamin lehnte. Sein unsterbliches Herz setzte einen Schlag aus. Vor ihm stand der Sensenmann mit Totenschädel, knöchernen Fingern und einer schwarzen Kapuze, die ihm tief ins Gesicht fiel.
    »Ein Leben will ich haben. Willst du sie retten, dann gib mir deins.«
    Noch ehe Ruthven antworten konnte, trat aus dem Schatten ein weiteres Geschöpf hervor. Ein schwarzer Engel mit gewaltigen Schwingen, spitzen Hörnern auf dem Kopf und einem Dreizack in der Hand. Ruthven erkannte seine grünen Augen sofort wieder.
    »Du sprichst von Betrug, Gevatter? Betrogen werde ich «, begehrte der Teufel auf. »Er hat einen Pakt mit mir geschlossen. Ich habe mein Wort gehalten. Nun gehört er mir, wenn sein Leben zu Ende sein soll.«
    »Und wer zahlt meine Rechnung? Ihr habt das Kleingedruckte verschwiegen, werter Teufel. Euer Pakt ist nichtig. Kennt man in der Hölle gar kein Ehrgefühl?«
    Wütend stampfte der Teufel mit dem Fuß auf und schlug energisch mit den Schwingen. »Er hat nicht gefragt. Wollte sie nur erkennen, damit er sie nicht mehr tötet. Das war sein einziges Begehr.«
    Der Tod dachte nach. Solch eine Situation war noch nicht vorgekommen. Er hatte ein Recht auf ein Leben, denn es war eines fällig. Aber der Teufel hatte ebenso ein Recht auf Ruthvens Seele. Das stimmte. Und andere Seelen standen nicht zur Wahl. Doch Ruthven hatte den Kreislauf gebrochen und sich seiner Partnerseele nicht genähert. Der Auslöser, der seit tausend Jahren für ihren Tod erforderlich war. Damit fehlte ein Stein in der Dominokette.
    »Hat er nicht Strafe in der Hölle verdient, allein für seine Ursprungstat?«, unterbrach der Teufel die Gedanken des Sensenmanns.
    Der merkte auf. »Für diese eine Tat büßt er bereits. Unsterblichkeit, die in jedem neuen Zyklus das gleiche Verbrechen begehen muss, mit derselben Erkenntnis der Unschuld. Eine ewig währende Wunde. Ein ewiger Schmerz. Und wenn er nun sein Leben für das ihre gibt, dann wäscht ihn das rein, und er hat die Hölle nicht länger verdient.«
    Der Teufel schnaubte. »Wie viel Sünden hat sein Herz in den Jahrhunderten begangen?«
    »Die Anzahl muss nicht schwerer wiegen als sein Opfer und seine guten Taten«, gab der Tod zu bedenken.
    »Dann lasst uns die Waagschalen holen«, entschied der Teufel. »Wir werden sehen, welche Taten wie schwer wiegen und wohin die Nadel am Ende ausschlägt.«
    Der Tod schnippte mit seinen Knochenfingern, und eine riesige Waage erschien. Er und der Teufel hielten beide mit einem Mal einen Sack in der Hand.
    Der Teufel begann.
    Er legte den Mord an Silvie in eine Waagschale, und sie senkte sich. Der Tod legte den Schmerz der Erkenntnis auf die andere Seite und die Waage glitt wieder ein Stück Richtung Gleichgewicht. Aber noch nicht ganz. Ein Jahrhundert der Buße mit dem Fluch folgte, und die Waagschalen lagen wieder gleich. Der Teufel grinste hämisch und legte ein Jahrhundert der Morde auf die andere Seite; die Waage zitterte, doch sie senkte sich noch nicht. Wütend stampfte der Teufel mit dem Fuß auf und legte den zweiten Mord an Silvies Seele in die Waagschale. Sie senkte sich tief. Der Tod seufzte. Ein Bündel mit Goldstücken an die Ärmsten der Armen glitt auf die andere Seite der Waage und brachte

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