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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Nachdem sie sich für den nächsten Tag verabredet hatten und sich Ruthven vergewissert hatte, dass sie sicher im Haus war, ließ er sich zu seinem eigenen Domizil fahren.
    Wie eine gleißende Sonne strahlte das Glück in seinem Herzen. In dieser Nacht nährte er sich von einem Trunkenbold, nur soviel, wie er fürs Überleben brauchte. Er nahm sich vor, nie wieder zu töten, wenn sie nur an seiner Seite wäre.
    * * *
    Gut gelaunt trank er am nächsten Abend seinen Kaffee und wies seinen Diener an, in einer Stunde die Kutsche bereitzustellen. Nur noch eine Stunde, bis er Madeleine wiedersehen würde. Bis dahin wollte er sich die Zeit noch angenehm vertreiben. So schlug er die Zeitung auf – und die Kaffeetasse entglitt seinen Fingern.
    Drama im Hause LaRoux. Der Verlobte von Madeleine LaRoux, Pierre Daveaux, erschießt seine Braut und anschließend die ganze Familie. Die Polizei hat den geständigen Daveaux bereits in Gewahrsam. Als Motiv gibt der junge Mann Eifersucht an. Seiner Aussage zufolge wurde Madeleine LaRoux gestern Nacht von ihm in den Armen eines fremden Mannes beobachtet, als er zufällig in der Nähe ihres Elternhauses war.
    »Nein!« Ruthvens Schrei gellte durch das Haus. Noch ehe der Diener nach ihm sehen konnte, war er bereits fort. Wie von Sinnen flog er über die Landschaft. Mit nur einem Ziel. Dorthin, wo er das Einzige fand, was ihm jetzt Linderung verschaffen würde.
    Das Waisenhaus, von ihm gegründet und unterhalten, befand sich nur wenige Meilen entfernt.
    Er landete direkt vor der Eingangstür, die unter seinen Tritten zersplitterte. Der ersten Nonne brach er im Vorbeigehen das Genick. Rasend vor Wut riss er Kerzenleuchter um, eilte die Treppen hinauf ins Obergeschoss, wo sich die Schlafsäle befanden, während im Erdgeschoss Teppiche und Vorhänge Feuer fingen. Die anderen Ordensschwestern, durch den Lärm aufgeschreckt, begrüßten ihn unsicher – und starben binnen Sekunden. Mit seinen Krallen schlitzte er ihnen die Kehlen und Bäuche auf und ließ sie in ihrem Blut zurück. Unsanft stieß er die Tür zu dem ersten Schlafsaal auf. Ein kleines Mädchen stand vor ihm. Er hatte es selbst vor zwei Jahren aus den unratverseuchten Teilen der Stadt herausgeholt.
    »Monsieur Wallham!« Sie lächelte ihn an und schmiegte sich an seine Beine. Die Kleine hieß Luise, er hatte sie oft besucht. Nun versperrte sie ihm den Weg zu dem unschuldigen Blut der Säuglinge.
    Wie im Fieberwahn starrte er sie an. Seine Hand schnellte nach vorn, die kleine zarte Kehle als Ziel, und stoppte abrupt. Mitgefühl flammte in ihm auf. »Alles ist gut«, sagte er zitternd, nahm sie in den Arm und brachte sie auf den Gang. Dann ging er wieder in den Saal, verschloss die Tür hinter sich und setzte den Weg zu den Neugeborenen fort. Wie Puppen schliefen sie selig in den kleinen Betten. Süßer Lebenssaft pulste durch ihre kleinen Körper. Er konnte den Duft wittern, das Versprechen der Unschuld. Es gab keine Hoffnung mehr für sie. Einem nach dem anderen schlug er seine Fänge in die zarte Haut. Mit jedem Schluck verging seine Wut, seine Trauer. Die kleinen leblosen Hüllen ließ er achtlos zu Boden fallen.
    Als Ruthven wieder klar denken konnte, roch er als Erstes Rauch. Das Waisenhaus stand in Flammen. Er sprang durch das Fenster und flog davon. Hinter ihm gellten die Schreie der Kinder. Sein Gewissen kämpfte gegen die Reste seiner blinden Wut – und gewann die Oberhand. Er wendete, verharrte unschlüssig in der Luft. Es waren alles Zeugen, aber auch seine Kinder. Eilig flog er zurück, zerschmetterte alle Fenster und Türen, ermöglichte den Jungen und Mädchen so die Flucht. Luise? Wo war Luise? Er stürmte die Treppen hoch. Sie kniete weinend vor einer der toten Nonnen, wich entsetzt vor ihm zurück, als sie ihn sah. Sie wusste es, wusste, was er getan hatte. Doch auch dieses Mal brachte er es nicht fertig, die Kleine zu ermorden. Er griff nach ihr, sie zappelte vor Angst, versuchte, sich aus seinen Händen zu winden.
    »Scht«, murmelte er, »alles wird gut.« Er sprang durch das Fenster und flog mit ihr in den Armen weg, ließ das brennende Waisenhaus hinter sich. Mit seiner Geisteskraft brachte er Luise den Schlaf und das Vergessen, bevor er sie auf der Treppe eines anderen Waisenhauses der Stadt ablegte.
    In dieser Nacht verließ er für immer Marseille.
    * * *
    Er besaß die Gabe, Silvie zu identifizieren. Aber was hatte es ihm gebracht? Nichts. Zweimal hatte er sie vor dem Todesbiss erkannt. Zweimal war sie

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