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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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antwortete mit einem vielstimmigen »Hurra!«
    In diesem Augenblick zerfetzte eine Kanonenkugel von der Geschützbatterie auf Belle Ile das Besansegel, keine zwanzig Fuß über den Köpfen der Offiziere. Hart hätte vor Schreck beinahe sein Fernglas fallen lassen, aber Barthe schaute ruhig nach oben und wandte sich dann wieder dem Gefecht auf den Fregatten zu.
    »Dabei hatten wir das Segel noch von Kopf bis Fuß repariert«, merkte er an und spähte mit gelassener Miene durch sein Glas.
    »Die Enterleinen kappen, Mr Philpott«, sagte Hayden und musste sich räuspern. Nur mit Mühe löste er sich gedanklich von dem verheerenden Blutbad auf dem Kanonendeck. »Segel setzen! Wir haben eine Brigg und einige Handelsschiffe zu verfolgen.«
    Mit Äxten wurden die Leinen gekappt, und das Schiff driftete nach Nordwest. Hayden ordnete an, das Steuerrad herumzureißen, als die Segeltrimmer aufenterten. Kurz darauf nahm das kleine Schiff Fahrt auf, der Bug zeigte nach Norden. Möwen flogen über sie hinweg und schienen ein trauriges Klagen anzustimmen, während die Lucy die Verfolgung aufnahm. In der zunehmenden Dunkelheit waren die Konturen des Küstenverlaufs nur schwer auszumachen. Ein schwacher Schimmer zog sich noch über den westlichen Horizont.
    Hayden nahm sein Nachtglas, enterte an den Wanten des Fockmasts auf und spähte in die Dunkelheit hinaus. In der Ferne schimmerten die Lichter von L'Orient, dazwischen erstreckte sich die tintenschwarze, gekräuselte See vor dem abflauenden Wind.
    »Deck!«, rief Hayden nach unten. »Ein Strich steuerbord. Ich sehe ein Schiff. Schicken Sie die Männer an die Geschütze, Mr Philpott - aber so leise wie möglich.«
    »Es geht ein leichter Wind«, wisperte Philpott. »Soll ich Leesegel setzen lassen?«
    In diesem Moment kletterte Wickham auf die Plattform.
    »Tun Sie das, Mr Philpott«, antwortete Hayden.
    Der junge Lord Arthur spähte mit dem Glas in die Dunkelheit. Er war der einzige Midshipman an Bord der Themis, der ein Nachtglas besaß, und Wickham hatte erwiesenermaßen scharfe Augen.
    »Ich glaube, da ist ein zweites Schiff, Mr Hayden. Genau geradeaus, aber weiter entfernt als das andere.«
    Hayden suchte die dunklen Wasser ab. »Ja, ich sehe es. Glauben Sie, es ist die Brigg?«
    »Vielleicht, Sir. Ich kann einen Besanmast erkennen.«
    Matrosen kletterten neben ihnen auf die Fußpferde an den Rahen und setzten die Leesegel. Die Spitze der Belle Ile glitt nach backbord, während die letzten Lichtschimmer am westlichen Horizont verschluckt wurden. Einige wenige Wolken zogen dunkel über den Himmel. Die ersten Sterne waren nun gut zu erkennen und warfen ihr kaltes, mattes Licht auf die dunklen Wasser.
    »Haben auch die Handelsschiffe Infanteristen an Bord?«, fragte Wickham.
    »Ich weiß nicht, wie groß die Besatzung der Garnison auf Belle Ile ist, aber es ist möglich.«
    »Wir haben nicht genügend Männer an Bord, um es mit Schiffen aufzunehmen, die Soldaten an Bord haben.«
    »Nein.«
    Wickham ließ das Glas sinken und sah Hayden im schwachen Licht an. »Was sollen wir dann tun, Sir?«
    »Wir werden versuchen, sie zu zwingen, sich zu ergeben.«
    »Aber der Franzose im Goulet holte erst seine Flagge ein, griff aber dann unser Enterkommando an.«
    »Und jetzt wissen Sie, wie schlecht beraten dieser Mann war. Eher feuern wir lange genug auf das Schiff, als dass wir den Franzosen trauen.«
    Hayden formte die Hände am Mund wie zu einem Trichter und rief leise zum Deck. »Haben Sie unsere blaue Lampe bereit, Mr Philpott?«
    »Habe ich, Sir. Sobald es ganz dunkel ist, wird sie alle fünf Minuten für eine halbe Minute zu sehen sein. Ich ordne gleich an, sie anzubringen, Sir.«
    Bald erschien eine blaue Flamme am Heck. Der Seemann, der sie hielt, wurde geisterhaft von dem Licht beleuchtet. Dann verschwand das Signal.
    Hayden suchte wieder die See ab, die nicht von den Segeln der Lucy verdeckt war. »Verdammter Wind«, flüsterte er. »Ausgerechnet wenn die Franzosen zum Hafen wollen, muss er abflauen.«
    Kurz darauf ließ der Wind ganz nach, als habe er Haydens Worte als Beleidigung empfunden. Die Männer unten an Deck murrten leise. Der Leutnant der Themis hängte sich das Nachtglas um die Schulter, schwang sich von der Plattform, griff nach einem Stag und kletterte aufs Deck. Auf dem dunklen Quarterdeck stieß er auf Philpott.
    »Alle Laternen löschen«, wurde geflüstert. »Kapitän Harts Befehl. Keine Lichter.« Der Waffenmeister stand am Fuß der Treppe, die ins Mittelschiff

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