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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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um die seltsame Kanone und starrten sie an.
    »Sie sieht aus wie eine verkürzte Achtzehnpfünder Blomefield, Mr Muhlhauser«, spekulierte Hayden, »ähnlich einer Karronade.«
    »Es ist ein besonderer Guss, wobei die besten Eigenschaften der Blomefield beibehalten wurden. Nur dass der Lauf, wie Sie schon bemerkten, kürzer ist. Dennoch hat sie die Reichweite eines normalen Achtzehnpfünders und schießt weiter als eine Karronade.« Er klopfte auf die seltsame Lafette. »Aber hier liegt der große Unterschied - er ist wie eine Karronaden-Lafette, aber aus Eisen, und hat viele kleine Vorteile, wie Sie noch sehen werden.«
    Der Zweite Leutnant trat hinzu, und der Bootsmann schickte die Männer wieder an ihre Plätze.
    »Mr Landry«, sagte Hayden, »welche Kanone möchte der Kommandant gegen Mr Muhlhausers Erfindung tauschen?«
    »Das weiß ich nicht, Sir.«
    »Nun, könnten Sie ihn dann fragen?«
    »Das könnte ich, Sir, aber er würde mich nur zum Teufel jagen, da ich nicht in der Lage bin, eine eigene Entscheidung zu treffen. Aber wenn Sie eine Entscheidung treffen, ohne ihn vorher zu fragen, wird er Sie schelten, weil Sie Ihre Kompetenzen überschritten haben. Wie Sie es auch drehen und wenden, er würde Sie verfluchen.«
    »Dann soll er uns für unser eigenständiges Denken verfluchen. Aber ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, ich sei ein Feigling.« Hayden wandte sich von Landry ab. »Mr Muhlhauser, für gewöhnlich kommen die Karronaden aufs Quarterdeck und die schwereren Geschütze unter Deck. Da Ihre Waffe keinem der beiden Geschütztypen an Bord zugeordnet werden kann, bin ich mir nicht sicher, wo sie aufgestellt werden soll.«
    »Auf dem Kanonendeck, falls möglich. Sie soll schwere Geschütze ersetzen, nicht Karronaden.«
    »Dann werden wir sie auf dem Kanonendeck aufstellen, Sir.«
    Die Themis lief an diesem Nachmittag nicht mit der Flut aus, da der Wind nachließ und die Tide schließlich ungünstig war. Da der Kommandant keinen der Offiziere zum Abendessen einlud, obwohl der Erste Leutnant neu an Bord war, speiste Hayden in der Offiziersmesse. Hätte er am Tisch des Kommandanten gesessen, wäre Hayden womöglich in Versuchung geraten, die Karikatur zu erwähnen, die er in seiner Tasche gefunden hatte. Doch der Zettel war kein stichhaltiger Beweis. Vielleicht hielt der Kommandant die Zeichnung auch nur für einen Scherz auf Kosten des neuen Offiziers. Und da Hayden über keine weiteren Beweise verfügte, schwieg er zu dem Vorfall.
    Mr Muhlhauser wurde ebenfalls in die Offiziersmesse gebeten und kam der Einladung gern nach. Da sie nicht weit von Plymouth entfernt waren, genossen sie an diesem Abend ein reichhaltiges Essen. Und sie würden so lange gut speisen, bis die frischen Vorräte verbraucht waren.
    Seit der letzten Zusammenkunft in der Messe, als Hayden die Offiziere mit der Karikatur konfrontiert hatte, herrschte unterschwellig eine eher gedrückte Stimmung. Doch die Offiziere überspielten dies mit vorgetäuschter Freundlichkeit und guter Laune. In Gegenwart des Ersten Leutnants benahmen sich alle besonders respektvoll, vielleicht um der Zurechtweisung durch Hart im Nachhinein die Schärfe zu nehmen, oder aus einem Schuldgefühl heraus, bei der letzten Versammlung gelogen zu haben. Hayden war nach wie vor davon überzeugt, dass die Männer die Wahrheit verschwiegen. Das Verhalten der Offiziere entschädigte Hayden ein wenig für die verletzten Gefühle, obwohl er sich insgeheim gewünscht hätte, die Männer hätten nicht so übertrieben gelacht, als er versuchte, besonders geistreich zu sein. Hayden empfand das als peinlich, denn seinen kleinen Scherzen wurde zu viel Heiterkeit beigemessen. Tatsächlich war er mit den anderen Offizieren nicht im Reinen und hatte sich immer noch nicht von den Demütigungen erholt, die er hatte erleiden müssen.
    »Schiffsgeschütze sind in den letzten Jahren nicht weiterentwickelt worden«, bemerkte ihr Gast. »Die Landstreitkräfte aber haben hinsichtlich der Artillerie Fortschritte gemacht.«
    »Das Heer ist es ja auch nicht gewohnt«, wandte Hawthorne ein, »die Kanonen auf einem ständig schwankenden Boden einzusetzen. Ein Schiff stampft und rollt und giert nun mal, und das zugleich. Wein, Mr Hayden?«
    »Und die Artilleristen brauchen auch nicht gebückt wie die Affen an ihren Geschützen zu stehen«, fügte Mr Barthe hinzu und folgte unweigerlich mit dem Blick der Weinkaraffe, als der Leutnant der Seesoldaten sie Hayden hinhielt.
    »Was Mr Hawthorne sagt,

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