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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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vor, die Segel fallen zu lassen, sobald der Anker freikommt. Backbordhalse, Mr Barthe. Mr Franks?« Er schaute sich um und entdeckte den Bootsmann sechs Schritte entfernt. »Die Männer an den Segeln dürfen nicht zu langsam sein. Ich will so wenig wie möglich abgetrieben werden, wenn der Anker hochgezogen wird.«
    Franks machte eine Verbeugung, nickte dann seinen Leuten zu und schickte sie an die Arbeit. Doch von seinem sonst so großspurigen Auftreten war an diesem Abend nichts zu spüren.
    Hayden verschaffte sich einen Überblick über die Situation im Sund, merkte sich die Position der anderen Schiffe und schätzte die Entfernungen mit geübtem Auge ab.
    »Steuermann? Haben Sie das Steuerrad gedreht?«
    »Habe ich, Mr Hayden. Es ist frei, das Ruderblatt spricht an. Die Taljen und das Steuerreep habe ich selbst überprüft.« Der Mann am Steuerrad - einer der Männer des Masters mit Namen Dryden - führte die Hand zur Stirn, um an einen imaginären Hut zu tippen. »Wenn ich mich nicht ganz täusche, Sir, frischt der Wind auf. Die See wird aufgewühlt sein, ehe Sie Jack Ketch sagen können.«
    »Das wird eine verdammt nasse Angelegenheit, so viel steht fest. Cawsand Bay füllt sich mit Schiffen. Wir müssen uns ranhalten. Haben Sie verstanden, Mr Barthe? Wir müssen schnell in die Cawsand Bay lavieren. Die Rahen drehen und backbrassen.«
    Der Wind wurde immer stärker, bis die Schaumkronen wie weiße Pferdeköpfe durch die Bucht jagten, sich am Bug brachen und Gischtfetzen in die Takelung flogen.
    Der Mann vom Waffenamt erschien an Deck und suchte Halt an der Reling. »Ist Ihre Kanone gesichert, Mr Muhlhauser?«
    »Ja, Mr Hayden.« Er sah mit einem Mal etwas blass aus. »Wir bewegen uns ja schon ganz schön ...«
    »Das ist noch gar nichts. In einer Stunde werden wir mit schlimmeren Wellen zu kämpfen haben.«
    Man rief noch mehr Matrosen an Deck. Einige beeilten sich, während andere trödelten und sich ihren Unmut offen anmerken ließen. Hayden hatte endlich einige Gefolgsleute innerhalb der Mannschaft gefunden - Männer, die mit der Art und Weise, wie das Schiff geführt wurde, zutiefst unzufrieden waren und nun stolz waren, wie die Themis geführt wurde und aussah. Allerdings waren diese Leute in der Minderzahl. Hayden beobachtete, wie sie sich an Deck an die Arbeit machten, aber dauernd von den trägen und verbitterten Matrosen behindert wurden. Es war beinahe wie ein Kräftemessen - zwischen denen, die sich bereitwillig an die Arbeit machten, und denen, die dem Arbeitseifer entgegenwirkten. Einige Männer standen sogar faul an Deck herum und taten nichts. Doch keine Gruppe trat mit einer Bittschrift oder einer Liste von Beschwerden vor.
    »Soll ich die Seesoldaten antreten lassen, Mr Hayden?« Hawthorne stand plötzlich neben ihm und war ebenfalls von dem Wetterumschwung beunruhigt.
    »Das muss der Kommandant entscheiden, nicht ich.«
    »Kapitän Hart ist in seiner Kajüte. In seiner Koje, um genau zu sein. Zu krank, um an Deck zu kommen, denke ich.«
    »Wie dem auch sei, es ist die Entscheidung des Kommandanten. Warten wir also ab, was geschieht. Unter den Männern gibt es offenbar keine Einigkeit.«
    »Das mag stimmen, Mr Hayden. Einige haben wohl beschlossen, auf keine Befehle zu hören.«
    Die anderen Offiziere und ein paar junge Gentlemen erschienen auf dem Quarterdeck und hatten ihre Mahlzeit beendet. Auf ihren bleichen Gesichtern mischten sich Furcht und Hoffnung, doch die Männer schwiegen und standen dicht beieinander, ein Pulk von blauen Röcken.
    Hayden sah seine Chance schwinden, wieder in See zu stechen. Denn wenn Hart tatsächlich abgesetzt werden würde, würde der Erste Sekretär auch ihn, Hayden, zurückrufen. Aber Hayden war nie wankelmütig gewesen und bahnte sich nun seinen Weg nach vorn. Er merkte, dass die Männer in diesem Moment nicht alle einer Meinung waren, und dies musste er ausnutzen, bevor die aufrührerische Fraktion die Oberhand gewann.
    »Die Spaken am Gangspill einsetzen«, befahl er und suchte Augenkontakt zu den Leuten. »Starr. Freeman. Marsden.« Er stellte sicher, die Männer beim Namen zu rufen, denn vor Augenzeugen war es ungleich schwieriger, sich einem Befehl eines Offiziers zu widersetzen. Wenn es zu einem Kriegsgericht kam, würde der Umstand gegen sie ausgelegt.
    »Ihr habt den Leutnant gehört!«, grollte eine tiefe Stimme. »Spaken einsetzen!« Es war Stuckey, und als Hayden sich umdrehte, sah er noch, wie der Neuling einem Matrosen namens Green einen

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