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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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vergessen, was es hieß, ein Leutnant zu sein! Nie hatte Bourne seine Offiziere in Gegenwart der Mannschaft kritisiert, sondern unter vier Augen mit ihnen gesprochen, wenn er es für nötig befand, bestimmte Dinge zu besprechen. Er führte seine Offiziere, unterstützte sie - zugegeben, er verlangte auch viel, aber niemand beklagte sich. Alle in der Offiziersmesse wussten, welche Möglichkeiten ihnen der Kommandant bot. Die Männer, die unter Bourne gedient hatten, hatten ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. Nicht im Traum hätte Hayden daran gedacht, dass er es einmal mit einem Kommandanten zu tun bekommen würde, der seinen Offizieren das Leben schwer machte.
    Hayden konnte lange nicht einschlafen, doch als er schließlich in einen leichten Schlummer fiel, träumte er von Henrietta Carthew. Er sah ihre Augen, ihre anmutig geröteten Wangen, den schlanken Hals. Der Traum umschloss ihn wie eine Woge. Die langsamen, gleich bleibenden Bewegungen des Schiffes wurden zum sanften Rhythmus des Liebesakts - Henrietta lag unter ihm, und ihre weichen Brüste drückten gegen seine Brust. Um sie herum nichts als Wasser, warm und endlos.

K APITEL ZEHN
    In der Nacht frischte der Wind aus Südwest auf, drehte dann auf West-Südwest und beendete den gewünschten Kurs. Bei Tagesanbruch ordnete Hart an, dass das Schiff in Torbay Schutz suchte. Der Kommandant blieb aber in seiner Kajüte und litt immer noch unter dem Stein, der nicht abgehen wollte. Die ganze böige Nacht hindurch war der Schiffsarzt immer wieder in die Kajüte gerufen worden und versorgte Hart mit Arzneien, die letzten Endes nur den Schmerz lindern konnten.
    Über den Schiffsarzt bat Hayden in einer dringlichen Angelegenheit um ein Gespräch mit dem Kommandanten. Nachdem er eine Dreiviertelstunde draußen vor der Kajüte gewartet hatte, durfte der Seesoldat, dem die Hinhaltetaktik immer unangenehmer wurde, ihn endlich hereinlassen.
    Obwohl der Tag ohnehin trist und grau war, wurde die Kabine noch durch Vorhänge und geteertes Segeltuch abgedunkelt. Hart lag in seiner Koje. Sein Gesicht wirkte geschwollen, die Augen klein und glasig.
    Griffiths stand am Kopf der Koje und begrüßte Hayden mit einem kurzen Nicken.
    »Was gibt es so Dringendes, Mr Hayden?«, fragte der Kommandant in scharfem, aber rauem Flüsterton.
    »Ich sehe es als meine Pflicht an, Kapitän Hart, Sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass es gestern beim Ankerlichten für einen Moment danach aussah, dass die Männer sich weigern würden, die Befehle der Offiziere auszuführen. Allem Anschein nach hatte ein beträchtlicher Teil der Mannschaft die Absicht, nicht zu segeln.«
    »War dem so?« Hart führte die Hand zur Stirn und schloss die Augen vor Schmerz. »Nun, das überrascht mich nicht sonderlich. Während meiner Abwesenheit hat die Mannschaft zweifelsohne seltsame Ansichten entwickelt, nicht zuletzt, da es an erfahrenen Offizieren mangelte, um die Mannschaft zu leiten. Ich muss gestehen, es erstaunt mich, Sir, dass Sie kommen und mich über Vorfälle informieren, die Sie in ein schlechtes Licht rücken. Ich versichere Ihnen, Leutnant, wäre ich an Deck gewesen, hätten sich die Männer willentlich an die Arbeit gemacht. Stören Sie mich nicht noch einmal mit solchen Trivialitäten. Ich bin krank und möchte mich nicht mit Ihren Bekenntnissen über Ihre Inkompetenz herumärgern. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe.«
    Nach einem kurzen Blick in Richtung des Schiffsarztes stürmte Hayden so zornig aus der Kajüte, dass der Soldat vor der Tür erschrocken zur Seite sprang. Da Hayden in seiner Wut keinem der anderen Offiziere begegnen wollte, stieg er an Deck und ging auf dem Quarterdeck auf und ab, um wieder zur Ruhe zu kommen. Gewiss hatte er Hart davor bewahrt, seines Kommandos enthoben zu werden. Und das war nun der Dank dafür!
    Ein feiner Nieselregen legte sich auf Haydens Rock und fühlte sich kalt im Gesicht an. Seine Wut ließ sich jedoch nicht so leicht abkühlen. Etwa eine Stunde schritt er an Deck auf und ab, bis der stärker werdende Regen ihn wieder nach unten trieb, wo er sich in seine Kabine zurückzog. Dort versuchte er, seine Emotionen unter Kontrolle zu bekommen, und zwang sich, den Don Quichotte zur Hand zu nehmen.
    Im Hafen von Torbay lagen die Schiffe dicht gedrängt vor Anker, da sich ein Konvoi formierte, der in den Atlantik segeln sollte, flankiert von drei Fregatten und zwei Briggs. Dort lag auch ein Vierundsiebziger vor Anker, der Schutz gesucht hatte, um Reparaturen am

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