Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
Vom Netzwerk:
Bugspriet und Klüverbaum durchführen zu lassen. Die Themis hatte noch einen Ankerplatz gefunden und wartete auf einen günstigeren Wind und auf das Nachlassen des gegenwärtigen Sturms.
    Hayden saß an dem kleinen Tisch in seiner Kabine und schrieb. Selbst auf dem Unterdeck war das Heulen des Windes in der Takelage nicht zu überhören. Dann und wann erfasste ein Windstoß das Schiff und drückte es auf die Seite, ehe es sich wieder aufrichtete und im Wellengang schaukelte.
    Hayden ging zwei Listen durch, die man ihm gegeben hatte: Auf dem ersten Blatt, das ihm der Arzt ausgehändigt hatte, waren die Kranken aufgelistet, die in der Nacht von Penriths Ermordung krank daniedergelegen hatten. Auf dem zweiten Blatt standen die Namen sämtlicher Mannschaftsmitglieder. Nun schrieb Hayden die Namen der Männer auf, die sich in jener Nacht nicht krank gemeldet hatten. Da die Themis eine Besatzung von zweihundertsechs Mann hatte, dauerte die Auflistung eine Weile, doch schließlich hatte er eine Liste der Leute, die in der fraglichen Nacht nicht krank gewesen waren. Diese Liste verglich er nun mit den Männern, die sich beim Ankereinholen so widerspenstig gezeigt hatten, obwohl Hayden dahingehend ungenaue Angaben hatte.
    Nachdem er einige Zeit nachgedacht hatte, kam er zu dem Schluss, dass es da keine großen Übereinstimmungen gab. So fiel ihm etwa auf, dass Stuckey in der Nacht des Mordes nicht krank gemeldet gewesen war, ebenso Giles, der Riese vom Fockmast, der sich ansonsten freundlich gab. Smithers war gesund gewesen, wie auch Smyth, Price, Starr ...
    »Mr Hayden, Sir?«
    Auf der Schwelle zur Kabine stand Wickham, einige Bücher in der Hand. Hätte er nicht die Uniform getragen, hätte er wie ein Schuljunge mit lockigem Haar ausgesehen.
    »Mr Wickham.«
    »Nur, wenn ich nicht störe, Sir. Es gibt da eine Angelegenheit, bei der ich Sie um Rat fragen möchte.«
    »Solange es nicht ums Heiraten geht, Wickham. Von Frauen verstehe ich nichts. Männer machen ja oft die Feststellung, Schiffe besäßen weibliche Eigenschaften, aber ich muss gestehen, dass ich da keine Parallelen sehen kann.«
    Bei dieser kleinen scherzhaften Bemerkung lächelte Wickham nicht, sondern wirkte eher bedrückt. »Nein, Sir, es geht um diese ...« Unter dem obersten Buch holte er zwei abgegriffene Pamphlete hervor, die er Hayden reichte, nachdem er sich rasch in der leeren Offiziersmesse umgeschaut hatte.
    Zu seiner Überraschung hielt der Leutnant Ausgaben von Common Sense und The Rights of Man in Händen, zwei Werke von Thomas Paine.
    »Die befanden sich unter Büchern, die Mr Aldrich mir zurückgab.« Der junge Mann nagte an seiner Unterlippe. »Ich wusste nicht recht, was ich damit anfangen sollte, Sir.«
    Hayden blickte auf den fleckigen Einband des ersten Buchs und sog hörbar den Atem ein. Würde das denn nie aufhören? Nun hielt er die Ausgabe von Common Sense hoch und fragte Wickham: »Wissen Sie, was das ist?«
    »Ein Pamphlet, Sir, das den König und die englische Regierungsform kritisiert.«
    »Genau, das und noch mehr. Dieses kleine Traktat hat wahrscheinlich jeder in Amerika verschlungen, der einigermaßen lesen kann. Diese Schrift fachte den Groll auf die Krone noch einmal an.«
    Wickham nickte. »Ich glaube, dass Mr Aldrich mir die Schriften aus Versehen gab, Sir.«
    »Ich möchte behaupten, dass Sie nicht unbedingt zu den Anhängern revolutionärer Ideale zählen. Haben Sie das Pamphlet trotzdem gelesen? Ganz?«
    Erneutes Nicken. »Glauben Sie, Mr Barthe hat recht, Mr Hayden? Dass hier Radikale an Bord sind, die andere zur Meuterei aufwiegeln würden?«
    »Ich weiß es nicht, Wickham. Sie haben ja miterlebt, was sich kürzlich in Plymouth ereignet hat. Der Kapitän ist der Ansicht, dass der Vorfall darauf zurückzuführen ist, dass das Schiff unter dem Kommando inkompetenter Offiziere stand. Aber Meuterei ...« Er blickte wieder auf das Pamphlet in seiner Hand. »Wenn eine Mannschaft sich für diesen Weg entschließt, gibt es meistens schwerwiegende Gründe, und in den meisten Fällen enden diese Konflikte zum Nachteil der Seeleute. Ich glaube nicht, dass ein kleines Pamphlet eine Mannschaft zur Meuterei aufwiegelt.«
    »Aber eine ganze Kolonie hat sich gegen die Krone erhoben, Sir.«
    »Vielleicht hat Paines Schrift ihren Beitrag dazu geleistet, aber die Amerikaner hatten weitaus bessere Aussichten auf Erfolg. Die meisten Meutereien jedoch enden damit, dass die Rädelsführer an den Rahen aufgeknüpft werden.«
    Wickham sann über

Weitere Kostenlose Bücher