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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Master zuckte mit den Schultern. »Er schwang an einem ziemlich dünnen Strick, wenn Sie verstehen, was ich meine, Mr Hayden. So etwas möchte ich nicht noch einmal erleben.« Barthe reckte sich ein wenig und stützte sich an einem Deckenbalken ab. »Und was ist mit Ihnen, Mr Hayden? Werden Sie dem Kommandanten berichten, was sich heute Abend zugetragen hat?«
    Hayden war regelrecht erschrocken. »Ich habe keine andere Wahl, als den Kapitän zu informieren. Das ist meine Pflicht.«
    »Doch dann wird er von Ihnen verlangen, die Namen der Männer zu nennen, die aufsässig waren, und einige oder sogar alle werden daraufhin ausgepeitscht.« Barthe wandte sich Hayden schnell zu und war erstaunlich beweglich für einen Mann mit diesem Leibesumfang. »Glauben Sie, dass das den Groll der Matrosen auf Hart mindern wird?«
    »Wollen Sie andeuten, dass ich lieber schweigen soll, Mr Barthe?«
    »Es ist gewiss nicht meine Aufgabe, Ihnen vorzuschreiben, wie Sie sich verhalten müssen, Mr Hayden.« Er schaute zur niedrigen Decke auf. »Ich frage mich gerade, ob wir vielleicht das Großsegel zu wenig gerefft haben. Wenn Sie mich entschuldigen würden, Gentlemen.«
    Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. In der Offiziersmesse herrschte Stille, die nur von den Windgeräuschen und dem Knarren des Schiffes unterbrochen wurde. Der Geruch von Rauch und brennenden Kerzen überlagerte die Ausdünstungen der Männer, die auf engem Raum zusammen lebten.
    Haydens Blick wanderte zu dem Leutnant der Seesoldaten. Er war versucht, Hawthorne zu fragen, ob er Barthes Einschätzung teile, wusste aber gleichzeitig, dass er die wenigen Leute, die ihn unterstützten, besser nicht beleidigen sollte. »Wie es scheint, gibt es mehrere Männer, die nicht an McBrides Schuld glauben. Hat denn niemand zugunsten des unglückseligen Matrosen ausgesagt?«
    »Doch, Wickham«, sagte der Schiffsarzt und hielt sein Operationsmesser ins Kerzenlicht, um die Schneide zu begutachten.
    »Und sonst niemand?«, fragte Hayden erschrocken.
    Der Arzt schärfte die Klinge weiter an dem Schleifstein. »Lord Arthur ist der Einzige, der nicht den Zorn des Kapitäns zu spüren bekommt. Wenn ein Mann aufgrund unzureichender Beweise angeklagt wird, könnten dann nicht gleich zwei beschuldigt werden? Oder gar drei?«
    Hayden konnte kaum noch sitzen bleiben, schob den Stuhl vom Tisch zurück und stellte sich auf das Schwanken des Schiffes ein. »Das sind schwerwiegende Beschuldigungen, Doktor Griffiths.«
    »Es sind keine Beschuldigungen, Mr Hayden, sondern lediglich Beobachtungen. Ich meldete mich nicht zu Wort, da ich über keine Informationen verfügte, die für oder gegen Mr McBride gesprochen hätten, obwohl ich der Auffassung bin, dass er ein verträglicher Matrose war und auf mich nicht wie ein Mörder wirkte. Das ist gewiss keine ausreichende Verteidigung, da schon andere Männer mit der gleichen Veranlagung schuldig gesprochen wurden.«
    Es klopfte an der Tür zur Offiziersmesse, und kurz darauf streckte der Diener des Kommandanten den Kopf durch den Türspalt. »Der Kapitän wünscht Sie zu sprechen, Doktor Griffiths.«
    »Komme sofort«, rief der Arzt, ohne von der Arbeit aufzuschauen. Erst als die Tür sich wieder schloss, sagte er leise: »Der Teufel soll mich holen.«

K APITEL NEUN
    Hayden lag in seiner Koje und grübelte über die Ereignisse des Tages nach - über die drohende Meuterei oder den Aufstand oder wie man es auch immer nennen wollte. Selbst die Weigerung zu segeln kam der Definition einer Meuterei nah.
    Jetzt fragte er sich, was der Erste Sekretär über die Vorgänge an Bord der Themis gewusst hatte. Wusste er überhaupt, wie groß die Unzufriedenheit der Mannschaft war? Glaubte Stephens wirklich, Hayden könne da Abhilfe schaffen? War dem Ersten Sekretär denn nicht bewusst, dass ein Erster Leutnant, mochte er auch noch so kompetent sein, praktisch machtlos war, wenn er nicht das volle Vertrauen und die Unterstützung des Kommandanten genoss? Leutnants übten stellvertretend für den Kommandanten die Macht an Bord aus, aber sie hatten nur so viel Autorität, wie ihr Vorgesetzter ihnen auch zugestand. Tadelte Hart seine Offiziere in Anwesenheit der Mannschaft, so untergrub er das bisschen Autorität, das die Offiziere hatten. Dadurch wurde es umso schwerer, den Pflichten an Bord nachzukommen.
    Wie sehr unterschied sich doch Haydens gegenwärtige Lage von der Stellung an Bord der Tenacious unter dem fähigen Kapitän Bourne. Jener Kommandant hatte nicht

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