Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
eiserne Balkonbrüstung hob, »du kannst doch nicht ... Alex!«
»Ich muss«, erwiderte sie, »ich will euch nicht in Gefahr bringen. Passt auf euch auf. Ich melde mich!«
Und bevor Oliver etwas sagen konnte, war sie schon von der Balkonbrüstung auf das zwei Meter tiefer liegende Dach des Lagerhauses gesprungen und verschwand in der Dunkelheit wie ein Schatten.
***
Sergio stand im Flur vor der Tür des Lofts, der Oliver Skerritt gehörte, die Hände tief in die Taschen seines Kaschmirmantels vergraben. Er war todsicher, dass Alex hinter dieser Tür mit diesem Kerl zusammenhockte. Es kam ihm so vor, als könne er sie durch die geschlossene Tür riechen. Armando und Freddy blickten ihren Chef abwartend an. Auf das Klingeln und Klopfen hatte sich nichts in der Wohnung gerührt.
»Brecht die Tür auf!«, befahl Sergio. »Ich will in diese verdammte Wohnung.«
Da ging die Tür auf und ein Mann mit dunklem Haar und Brille sah sie ungehalten an. Sergio erkannte sein Gesicht von den unzähligen Fotos, die seine Leute von ihm und Alex gemacht hatten, ja, er wusste von den Videobändern sogar, wie er beim Sex aussah. Er musste seinen rasenden Zorn mit aller Macht unterdrücken,und bevor der Mann auch nur ein Wort sagen konnte, drängte er sich an ihm vorbei in das Loft, das, obwohl ziemlich groß, kaum die Größe eines einzigen Salons seines Appartements in der Park Avenue hatte.
»He!« Der Zeitungsschmierer lief ihm nach. »Was soll das? Warum dringen Sie in meine Wohnung ein? Wer sind Sie?«
»Wo ist sie?« Sergio blickte in die Küche, in jedes Zimmer und öffnete die Tür des Badezimmers. Er stieß einen zweitenMann, einen kleinen Dicken mit verschrecktem Gesichtsausdruck, grob zur Seite. Sergio riss die Tür des Schlafzimmers in der Erwartung, Alex mit schreckgeweiteten Augen im Bett vorzufinden, auf. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Er würde sie so zusammenschlagen, dass sie sich für drei Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit sehen lassen konnte. Aber das Bett war leer. Stumm marschierte Sergio ins Zimmer, riss alle Schränke auf, ja, er erniedrigte sich sogar, auf die Knie zu gehen, um unter das Bett zu schauen. Nirgendwo eine Spur von ihr. Sollte er sich etwa geirrt haben?
»Wo bist du, du Miststück?«, knirschte er wütend und ging zurück ins Wohnzimmer, wo seine Leute die beiden Männer in Schach hielten. Sergio packte das Haar des Zeitungsschmierers und zerrte dessen Kopf brutal hoch.
»Wo zum Teufel ist sie?«
»Wen suchen Sie überhaupt?«, keuchte der Mann.
»Alex Sontheim«, Sergio stand die Mordlust in den Augen.
»Warum sollte sie hier sein?«
»Hat dir eine Lektion nicht gereicht?« Der Zorn explodierte in seinem Innern, er rammte ihm seine Faust ins Gesicht und verspürte eine grausame Genugtuung, als er das Blut aus der Nase des Mannes spritzen und seine Brille splittern sah.
»Alex war seit Monaten nicht mehr hier«, nuschelte Oliver, »ich weiß nicht, wo sie ist.«
Sergio starrte den Mann ein paar Sekunden lang an.
»Wenn du gelogen hast«, zischte er, »bist du tot!«
Nur Minuten später war der Spuk vorbei und die beiden Männer fanden sich eingesperrt im fensterlosen Badezimmer wieder. Oliver setzte sich schwer atmend auf den Rand der Badewanne, Mark ließ sich auf den Boden gleiten. Er zitterte am ganzen Körper vor Angst. Schon sein Leben lang hatte ihm vor körperlicher Gewalt gegraut.
»Was ist das nur für ein Vieh«, murmelte er. Olivers Handy klingelte wieder. Mühsam kramte er in seinen Jackentaschen, bis er es gefunden hatte..
»Ich habe im Handelsregisterverzeichnis nachgesehen«, rief Justin aufgeregt, »du kannst dich doch daran erinnern, dass eineGesellschaft Inhaber von MPM war, diese Seestern-Geschichte, stimmt’s?«
»Ja, klar«, Oliver nickte und verzog das Gesicht, weil seine Nase höllisch wehtat, »wir haben ja Ausdrucke gemacht.«
»Aber jetzt gehört MPM Alex und Zachary St. John.«
»Ach du Scheiße«, Oliver rieb sich das schmerzende Handgelenk und versuchte zu begreifen, was das zu bedeuten hatte. Auf jeden Fall war Alex in großer Gefahr – und sie hatte keine Ahnung.
***
Das Herz schlug Alex wie rasend gegen die Rippen, als sie im Schutz der Häusermauern Richtung Avenue of the Americas huschte. Irgendwo in den Straßenschluchten der Stadt heulte eine Polizeisirene, aber die Straße war menschenleer. Erst in der Höhe der West Houston Street gelang es ihr, ein Taxi anzuhalten.
»Nach Battery Park City«, sagte sie zu dem Taxifahrer und
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