Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Frank nickte, »sie ist verschwunden. Polizei und FBI suchen sie.«
Stumm drehte Nick sich um und ging in sein Büro. Frank folgte ihm und schaltete den Fernsehapparat an.
»... fanden Sicherheitsbeamte Zachary St. John, den Managing Director der Investmentfirma Levy Manhattan Investment, erschossen hinter seinem Schreibtisch« , verkündete eine Reporterin, die vor einem Bürohochhaus in der Wall Street stand. Hinter ihr flatterte das gelbe Absperrband der Polizei und mehrere Streifenwagen parkten vor dem Eingang.
»Ein Sprecher der Polizei teilte mit, dass die Leiterin der Abteilung Mergers & Acquisitions, Alexandra Sontheim, die des Mordes an St. John verdächtigt wird, verschwunden ist. Wie bekannt wurde, scheinen St. John und Sontheim gemeinsam über eine Strohfirma durch Insidergeschäfte illegale Millionenverdienste gemacht zu haben. Nachdem gestern die von Sontheim betreute Übernahme von Database durch Whithers Computers platzte, droht nun der Strohfirma der Bankrott. Ich bin Moyra Roberts, WNBC-News, zurück ins Studio ...«
»Das kann nicht sein«, murmelte Nick fassungslos. Frank hob nur die Augenbrauen und zuckte die Schultern.
»Nein«, Nick schüttelte den Kopf, »sie hat niemanden erschossen, das glaube ich nicht. Und ich glaube auch nicht, dass sie irgendwelche illegalen Geschäfte gemacht hat. Sonst hätte sie mir doch nicht ...«
Er hielt inne, dann ging er zu dem kleinen Safe hinter seinem Schreibtisch, öffnete ihn und nahm die Blätter heraus, die Alex ihm an jenem Abend im Alexis Sorbas gegeben hatte. Eilig blätterte er die Kontoauszüge durch, bis er den gefunden hatte, nach dem er gesucht hatte.
»Was ist das?«, fragte Frank neugierig.
»Die Kontoauszüge von dieser Bank auf den Cayman Islands«, erwiderte Nick, »Alex hat sie mir vor ein paar Wochen gegeben.«
»Das haben Sie mir gar nicht erzählt«, Frank warf seinem Chef einen gekränkten Blick zu. Nick achtete nicht darauf.
»Hier«, er reichte Frank eines der Blätter, »Zachary St. John, Codename Goldfinger. Er hat ganz sicher krumme Geschäfte gemacht.«
»Und wenn Alex Sontheim das auch getan hat?«
»Wieso sollte sie mich dann mit der Nase darauf stoßen?« Er drückte Frank den ganzen Blätterstapel in die Hand. »Hier, lesen Sie sich die Namen durch. Da – John de Lancie, und hier, Paul McIntyre ...«
Frank las kopfschüttelnd.
»Ich verstehe das alles nicht. Wenn sie doch nichts mit dem Mord zu tun hat, warum ist sie dann verschwunden?«
Nick holte tief Luft, aber dann zuckte er die Schultern.
***
Alex ging mit raschen Schritten den Broadway entlang. Bei dem windigen, regnerischen Wetter war jedermann damit beschäftigt schnell an sein Ziel zu gelangen, und niemand beachtete eine Frau mit Basecap und Jeans. Nach dem, was heute Nacht geschehen war, hatte sie keine andere Chance, als so schnell wie möglich aus der Stadt zu verschwinden. Sie hatte keine Zeit mehr, in ihrer Wohnung frische Kleider oder ihr Auto zu holen. Wenn es ihr gelang, Nick die E-Mails aus Zacks Computer zu übergeben, würde er ihr glauben. Zu Fuß brauchte sie für die acht Blocks bis zur City Hall 20 Minuten, aber sie traute sich nicht, ein Taxi anzuhalten. Sie war vollkommen durchnässt, als sie wenig später die Park Row überquerte und den Park der City Hall betrat. Das Gefühl der Erleichterung ließ ihre Knie weich werden. Nur noch ein paar hundert Meter, dann würde sie in Sicherheit sein. Sie bog in den Weg ein, der zum Haupteingang der City Hall führte und war schon fast an der Treppe, als ihr ein Mann in den Weg trat.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte er und Alex starrte ihn an.
»Äh«, der junge Mann hatte einen Stadtplan in der Hand, »können Sie mir sagen, wie ich von hier aus zum ...«
Alex blickte an ihm vorbei und sah an der Tür einen dunkelhaarigen Mann stehen, dessen Gesicht ihr bekannt vorkam. Er tippte eine Nummer in sein Handy und blickte dabei so unauffällig zu ihr hinüber, dass es auffällig war.
›Scheiße‹, dachte Alex.
»... Empire State Building komme?«
»Ich kann Ihnen nicht helfen«, sagte sie, »ich bin nicht von hier.«
Sie sah sich um und erblickte einen zweiten Mann, der direkt auf sie zukam. Er ging schnell und hielt ebenfalls ein Handy an sein Ohr. Vor den verblüfften Augen des jungen Touristen machte Alex auf dem Absatz kehrt und sprang über die Rosenbüsche. Die beiden Männer mit ihren Handys setzten ihr nach. So schnell sie konnte, rannte Alex über den Rasen, der unter ihren
Weitere Kostenlose Bücher