Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
seinem Inneren schmerzlich nach ihr. Ohne Zweifel war sie die erste Frau, für die er mehr empfunden hatte als bloße körperliche Begierde. Allerdings war sie auch die erste Frau, die ihn derart hintergangen und belogen hatte. Wenn er sie in seine Finger bekam, würde er sie verprügeln, bis sie um Gnade winselte. Sie sollte die Demütigungen, die sie ihm zugefügt hatte, bitter bereuen!
»Und?«, fragte Levy und Sergio fuhr herum.
»Was?«
»Haben sie sie?«
»Nein«, antwortete Sergio finster. Das Telefon auf Levys Schreibtisch summte, er nahm ab.
»Was ist denn?«, sagte der Präsident von LMI ungehalten in den Hörer. »Ich bin in einer wichtigen Bespre… Wie bitte ?«
Sergio lauschte auf die aufgeregte Stimme, die aus der Sprechmuschel des Telefons drang. Levy hörte schweigend zu und bedankte sich schließlich.
»Wer war das?«, erkundigte Sergio sich. Levy, der seit mehr als 24 Stunden unter höchster Nervenanspannung stand und viel mehr getrunken hatte, als er vertrug, warf Sergio einen verschwommenen Blick zu.
»Das war Lester Roman, unser Fondsmanager für den Bereich Partnerships. Er hatte heute Morgen eine große Kontobewegung auf einem der Konten bemerkt. Jemand hat per Computer den Auftrag gegeben, das gesamte Depot von MPM in Höhe von 50 Millionen Dollar aufzulösen.«
Sergio starrte ihn verständnislos an.
»Wie kann das sein? Müssen da nicht die Kontoinhaber zustimmen?«
»Doch«, Levy nickte, »es ist auch nicht ohne Zustimmung geschehen. Alles ist ganz ordnungsgemäß durchgeführt worden. Niemand fand es auffällig, denn unsere Mitarbeiter sind daran gewöhnt, große und sehr große Transaktionen durchzuführen. Erst, als Roman eben bei der routinemäßigen Kontrolle den Namen des Depotinhabers gesehen hat, wurde er stutzig.«
Er machte eine Pause und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.
»St. John hat den Auftrag gegeben und die Sontheim hat ihn bestätigt. Laut Depotliste waren die beiden die alleinigen Inhaber des MPM-Kontos und damit befugt, so etwas zu tun.«
»Wohin ist das Geld gegangen?«, fragte Sergio, als er sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte.
»Auf ein Konto bei der California S & L in Beverley Hills, Los Angeles.«
»Wer hat die Transaktion befohlen? Zack ist seit letzter Nacht tot!«
»Heute Morgen kam die Anweisung über den Computer. Die Legitimation erfolgte um acht Uhr einunddreißig. Von meinem Computer aus. Alles war einwandfrei, das Kennwort stimmte. Die zuständige Depotmanagerin hat den Namen des Auftraggebers mit dem des Depotinhabers verglichen und ihr O. K. gegeben.«
»Von deinem Computer aus?« Fassungslos ließ Sergio sich auf einen Stuhl sinken. »Das heißt, Alex muss vor einer Stunde in diesem Büro gewesen sein, und sich seelenruhig an deinen Schreibtisch gesetzt haben, während hundert Leute nach ihr suchten!«
»50 Millionen Dollar«, flüsterte Levy, »und wir können es noch nicht einmal publik machen!«
Sergio starrte stumm vor sich hin. Alex war noch viel dreister, als er es für möglich gehalten hatte! Obwohl überall im Gebäude nach ihr gesucht wurde, hatte sie sich kaltblütig daran gemacht, ihm 50 Millionen Dollar zu stehlen. »Ich bringe sie um«, knurrte er. Der Gedanke, dass sie ein weiteres Mal übertölpelt hatte, fraß ihn innerlich auf. Er, Sergio Vitali, der so schlau und gerissen war, dass er seine lukrativen Geschäfte seit Jahrzehnten unbehelligt betrieb, war von einem Weibsstück aufs Kreuz gelegt worden! Sie hatte immer harmlos getan, aber nun entpuppte sie sich als Wolf im Schafspelz. Sergio dachte kurz daran, Nelson anzurufen, verwarf den Gedanken aber wieder. Er griff nach Levys Telefon.
»Was hast du vor?«, Levy war nur noch ein verängstigtes Nervenbündel.
»Ich mache sie fertig«, ein grausames Lächeln umspielte Sergios Lippen, »sie und ihre Komplizen. Jeder Dorfpolizist inganz Amerika wird sie jagen und dann wird sie für das bezahlen, was sie mir angetan hat.«
Er wählte eine Nummer, die er auswendig kannte.
»Hier spricht Sergio Vitali«, sagte er, als sich am anderen Ende der Leitung jemand meldete, »verbinden Sie mich mit Mr Harding.«
***
Alex sah die Nachrichten, während sie in einem kleinen Laden in China Town schnell etwas aß. Man suchte sie bereits wegen Mordes an Zack. Es hatte keinen Sinn mehr zu einem der Flughäfen zu fahren, denn dort war das Risiko zu groß, einem Polizisten in die Arme zu laufen. Sie bezahlte ihr Essen und ging durch den Regen
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