Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
nickte.
»Detective John Munroe, NYPD«, sagte der Größere und hielt ihm eine Polizeimarke unter die Nase, »mein Kollege Detective Connolly. Wir haben ein paar Fragen an Sie.«
Marks Herzschlag setzte wieder ein, als er erleichtert begriff, dass die Männer Polizisten und nicht Vitalis Bluthunde waren. Er spürte die neugierigen Blicke seiner Kollegen im Rücken. Jedes Gespräch im Großraumbüro, das sich ohnehin nur um die nächtlichen Vorfälle bei LMI drehte, war verstummt.
»Sie sind ein enger Mitarbeiter von Mrs Sontheim«, fuhr der rothaarige Detective fort, »wann haben Sie das letzte Mal mit ihr gesprochen?«
»Ich … äh … ich …«, Marks Gedanken rasten, seine Handflächen waren schweißfeucht, »ich glaube, das war gestern Nachmittag.«
Unvorbereitet, wie er war, gab er die erstbeste Antwort, die ihm in den Sinn kam, und er wusste nicht, weshalb er die Polizei belog. Er war kein guter Lügner, und das merkten die beiden Detectives auch.
»Sind Sie sicher?«, fragte der Rothaarige misstrauisch.
»Ich … ich weiß es nicht mehr genau«, stotterte Mark, »ich bin ganz durcheinander.«
»Vielleicht ist es besser, wenn wir unser Gespräch auf dem Polizeipräsidium weiterführen«, sagte Detective Munroe.
»Warum wollen Sie …«, begann Mark, verstummte aber, als er aus den Augenwinkeln zwei weitere Männer auf seinen Schreibtisch zusteuern sah. Henry Monaghan, den dicken Sicherheitschef von LMI, kannte er, den anderen hatte er noch nie zuvor gesehen. Irgendetwas sagte ihm, dass Gefahr von den beiden Männern ausging und dass er auf dem Polizeipräsidium eindeutig besser aufgehoben sein würde.
»Hallo, Mr Ashton«, sagte nun Monaghan zu ihm und der Blick aus seinen Schweinsäuglein war alles andere als freundlich, »Mr Levy möchte Sie kurz sprechen.«
»Ich … äh … der Detective hat …«, begann Mark. Er zitterte innerlich vor Angst und betete insgeheim, dass die Polizisten ihn auf der Stelle in Handschellen abführen würden. Aber nichts dergleichen geschah.
»Ich bringe ihn gleich zurück«, versicherte Monaghan den beiden Kriminalbeamten mit einem kollegialen Lächeln, das so falsch war wie seine Zähne. »Es dauert nicht lange. Befragen Sie doch währenddessen die anderen Mitarbeiter von Mrs Sontheim.«
Munroe überlegte einen Moment, dann zuckte er die Schultern.
»Okay«, sagte er, »aber beeilen Sie sich. Ich habe nicht viel Zeit.«
Mark spürte, wie sich auf seiner Stirn ein Schweißfilm bildete. Sein erster Impuls war, einfach loszurennen und um Hilfe zu schreien.
»Kommen Sie, Mr Ashton«, sagte Monaghan und Mark erhob sich steif. Mit weichen Knien verließ er flankiert von Monaghan und dem anderen Mann das Büro, gefolgt von zahlreichen Blicken. Kaum hatte sich die Tür des Aufzugs hinter ihnen geschlossen, fiel alle Liebenswürdigkeit von Monaghan ab und seine Miene wurde bedrohlich.
»Wir fahren nach unten«, stellte Mark fest.
»Stell dir vor, Dickerchen«, knurrte Monaghan, »Mr Levy will dich gar nicht sehen. Aber ich will ein paar Dinge von dir wissen.«
Der Aufzug sauste in rasender Geschwindigkeit in das zweite Untergeschoss des Gebäudes und im gleichen Tempo schossen Mark Tausende von Gedanken durch den Kopf. Wo war Alex? Hatten sie sie erwischt? Er empfand mittlerweile nichts mehr anderes als kalte, nackte Angst. Die Männer führten ihn in einen kleinen, vollkommen leeren Raum, dessen Wände und Decken mit Ölfarbe gestrichen waren. Die Neonröhren an der Decke verbreiteten ein unangenehm grelles Licht, es war unerträglich warm. Monaghan schloss die dicke Stahltür hinter sich ab, dann fuhr er herum und packte Mark am Aufschlag seines Anzugs.
»Wo ist die Sontheim?«, zischte er.
»Ich … ich weiß es nicht«, flüsterte Mark.
»Wann haben Sie das letzte Mal mit ihr gesprochen?«, wollte der Dunkelhaarige mit den Aknenarben im Gesicht wissen.
»Gestern. Heute habe ich sie nicht gesehen.«
»Schluss mit der Lügerei«, unterbrach Monaghan ihn grob, »du hast heute Morgen um drei Uhr siebenundfünfzig versucht, mit deiner Karte die Eingangstür zu öffnen. Die Sontheim ist kurz zuvor auf demselben Weg in das Gebäude gelangt. Mit ihrer Karte konnte sie das, du aber nicht. Was wolltest du heute Morgen hier? Du hast doch gewusst, dass die Sontheim hier war, oder nicht?«
Mark schwieg. Der kalte Schweiß trat auf seine Stirn und ihm wurde übel.
»Komm schon, Dickerchen«, knirschte Monaghan ungeduldig, »oder soll ich deinem Gedächtnis etwas
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