Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Connors. Nick hob nur die Augenbrauen. Er erlebte es nicht zum ersten Mal, dass ein Zeuge mundtot gemacht wurde.
»Nick«, Frank Cohen kam herein, »Mr Engels und Mr Jenkins sind eingetroffen.«
»Gut«, frohlockte Connors und rieb sich erwartungsvoll die Hände, »jetzt geht’s los.«
***
Justin hatte per Computer für Alex ein Doppelzimmer auf die Namen Frank und Emily Chambers in einem Luxushotel mit Blick auf den Zürichsee reserviert. Die deutsche Staatsbürgerin Alexandra Sontheim wurde wegen Mordes mit internationalem Haftbefehl gesucht, aber es würde niemanden interessieren, wenn eine Amerikanerin ein Zimmer gemeinsam mit ihrem Ehemann mietete, auch wenn dieser Ehemann nicht erscheinen würde. Alex schlief schon fast im Taxi ein, das sie vom Züricher Flughafen Kloten in die Innenstadt brachte. Während des ganzen Fluges hatte sie befürchtet, jemand könnte ahnen, dass sie mit einem gefälschten Pass und unter falschem Namen reiste, doch es war nichts geschehen. Darüber hinaus war ihre Verwandlung perfekt. Wenn sie sich zufällig im Spiegel erblickte, konnte Alex kaum glauben, dass die Frau mit den kurzen dunklen Locken und den blauen Augen sie selbst war. Nach beinahe 72 Stunden ohne Schlaf sehnte sie sich nur noch nach einem heißen Schaumbad und einem weichen Bett.
***
In dem großen Büro herrschte völlige Stille, als Lloyd Connors mit seinem Bericht endete. Gordon Engels und Tate Jenkins waren mit einem ganzen Gefolge an Mitarbeitern aus Washington gekommen. Um den Konferenztisch im Büro des Bürgermeisters saßen außer Nick, Connors, Jenkins und Engels die beiden US-Marshals Deputy Thomas J. Spooner, Deputy Randy Khazaeli und Deputy Joe Stewart, die FBI-Agenten Samuel Ramirez,Jeffrey Quinn und Steve O’Brien sowie Frank Cohen und Connors‘ Mitarbeiter.
»Das sind also die Fakten, die wir bisher in der Hand haben«, Lloyd Connors blickte in die Runde. »Es sieht so aus, als ob Vitali jahrelang fast alle wichtigen Männer in New York City und Albany bestochen hat. Wir haben alles dabei: Gouverneur, Senatoren, den Polizeichef von New York City, den Bundesstaatsanwalt, Bundesrichter, Stadträte, Mitglieder der Börsenaufsichtsbehörde, ja, sogar Beamte aus dem Innen-, Justiz- und Wirtschaftsministerium in Washington.«
»Unglaublich«, sagte Gordon Engels, ein hagerer grauhaariger Mann mit wachsamen Augen hinter dicken Brillengläsern, nach einer Weile. Tate Jenkins blieb skeptisch.
»Wie glaubwürdig sind diese Informationen?«, wollte er wissen.
»Sehr glaubwürdig«, erwiderte Connors.
»Ich fürchte«, Gordon Engels runzelte die Stirn und klopfte mit dem Fingerknöchel auf die Kopien der Kontoauszüge, die Connors hatte anfertigen lassen, »es wird einen gewaltigen Skandal geben. Der Schaden, den wir damit in der Öffentlichkeit anrichten, wenn bekannt wird, dass fast jeder hochrangige Politiker oder Beamte in New York Bestechungsgeld angenommen hat, ist nicht abzuschätzen.«
»Bevor ich irgendeinen Schritt unternehme«, fügte Tate Jenkins hinzu, »muss ich das ohnehin mit Mr Horner absprechen. Ich werde in einer Angelegenheit von dieser Tragweite nicht ohne Rückendeckung handeln.«
Nick und Lloyd Connors wechselten einen Blick. Engels und Jenkins schienen über die Aussicht, eine Korruptionsaffäre dieser Größenordnung aufzuklären, alles andere als erfreut zu sein.
»Meiner Ansicht nach ist höchste Eile geboten.« Connors setzte sich wieder auf seinen Platz. »Vitali hat nicht nur diese Leute bestochen. Wir haben die schriftliche und notariell beglaubigte Aussage eines Mannes, der für ihn die Drecksarbeit erledigt hat. Dieser Mann wurde in der Nacht zum Donnerstag erschossen. Der Anwalt, der seine Aussage protokolliert hat, wurde ebenfalls vorgestern getötet. Wenn Vitali Wind davon bekommt,dass wir ihm auf den Fersen sind, wird er alle Spuren verwischen und womöglich werden dann noch mehr Menschen sterben.«
»Wer war dieser Mann, der erschossen wurde?«, erkundigte sich Gordon Engels.
»Sein Name war Zachary St. John.«
»Ach«, Jenkins hob die Augenbrauen, »der Investmentbanker, der von seiner Komplizin getötet wurde?«
»Er wurde nicht von Alex Sontheim erschossen, sondern von Vitalis Leuten«, erwiderte Connors mit mühsam beherrschter Ungeduld. »Mrs Sontheim ist eine Gefahr für Vitali, deshalb versucht er, ihr diesen Mord in die Schuhe zu schieben.«
»Welche Beweise gibt es denn für Ihre Theorie, Connors?« Tate Jenkins lehnte sich zurück. Der
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