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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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stolperte über den Bordstein. Oliver ließ sein Fahrrad fallen und bekam ihren Arm zu fassen.
    »Hoppla«, murmelte sie. »Ich glaube, ich habe ein bisschen zu viel getrunken.«
    Es fühlte sich gut an in seinen Armen. Sie sahen einander in die Augen. Bevor sie sich versah, beugte er sich vor und küsste sie. Der Blitz des sexuellen Begehrens, der durch ihren Körper zuckte, kam so unerwartet, dass sie nicht dagegen protestierte.Im Gegenteil, sie schlang ihre Arme um seinen Hals und erwiderte seinen Kuss. Atemlos hielten sie inne und sahen sich an. Der zweite Kuss geriet ausführlicher und leidenschaftlicher als der erste. Oliver gefiel ihr. Ausnehmend gut sogar. Sergio hatte sie mit diesem Model betrogen und sie versetzt. Alex spürte, wie ihr abwechselnd heiß und kalt wurde. Keine halbe Stunde später zahlte sie Sergio seine Untreue mit gleicher Münze heim.

14. Juni 1999
    Sergio blickte stumm auf die Fotos, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. Er blätterte sie langsam durch und bemerkte verärgert, dass seine Finger zitterten.
    »Wer ist der Kerl?«, fragte er mit mühsam beherrschter Stimme.
    »Er heißt Oliver Skerritt«, antwortete Silvio Bacchiocchi. »Arbeitet freiberuflich für die Financial Times und wohnt in der Barrow Street im Village.«
    Sergio spürte, wie eine Welle der Eifersucht durch seine Adern rann. Seit Tagen versuchte er vergeblich, Alex zu erreichen. Ihre Sekretärin wimmelte ihn jedes Mal ab, seine Nachrichten auf ihrer Mailbox blieben unbeantwortet. Deshalb hatte er vor ein paar Tagen Silvio damit beauftragt, sie zu überwachen, und nun musste er feststellen, dass sie mit einem anderen Kerl Hand in Hand durch die Stadt lief! Er hatte getan, was Nelson ihm geraten hatte. Eigentlich hatte er Alex mit dieser tauben Nuss Farideh Azzaeli nur zeigen wollen, dass er sie nicht brauchte, auch wenn es ihm entsetzlich schwer fiel, weil er vor Sehnsucht nach Alex beinahe wahnsinnig wurde. Sergio ärgerte sich über seine Besessenheit und doch konnte er den Gedanken, dass sie sich mit einem anderen Mann traf, nicht ertragen.
    »Wie oft trifft sie sich mit ihm?«, fragte er.
    »In der letzten Woche war sie dreimal bei ihm«, sagte Silvio. »Dienstag, Donnerstag und Freitag. Am Wochenende waren sie die ganze Zeit zusammen. Sie waren im Central Park, in ein paar Bars, am Washington Arch, einkaufen.«
    »War sie auch … nachts bei ihm?«
    »Äh … ja.«
    Sergio fegte die Fotos von der Schreibtischplatte und erhob sich. Mit steinerner Miene starrte er aus dem Fenster seines Büros im obersten Stock des VITAL-Building hinunter auf die Stadt. Der Gedanke, dass sie sich womöglich mit diesem Kerl über ihn unterhielt, vielleicht sogar über ihn lachte, fraß Sergioinnerlich auf. Diese Kränkung war eine Niederlage, die er kaum ertragen konnte. Alex sollte ihn kennen lernen!
    »Was soll ich machen?«, fragte Silvio hinter seinem Rücken.
    Bring den Kerl um, dachte Sergio, aber dann besann er sich.
    »Nichts«, sagte er, ohne sich umzudrehen, »behalte ihn im Auge und halte mich auf dem Laufenden.«
    »Okay, Boss«, Silvio sammelte die Fotos vom Boden auf und verließ das Büro. Sergio setzte sich hinter seinen Schreibtisch und verbarg sein Gesicht in den Händen. Wie Recht Nelson gehabt hatte! Beinahe hätte er Alex vertraut! Er hatte geglaubt, er bedeute ihr etwas, und nun musste er feststellen, dass sie ihm einen armseligen Zeitungsschmierer vorzog, der auf Rollschuhen durch den Park fuhr und Hotdogs mampfte! Das erste Mal, seitdem er denken konnte, nahm ihn sein Privatleben so sehr in Anspruch, dass er darüber das Geschäft vernachlässigte, und das erboste ihn noch zusätzlich. Alex war zu einer gefährlichen Obsession geworden und das beschäftigte ihn über alle Maßen, weil er einfach nicht begreifen konnte, was in ihm vorging.
    ***
    Alex hatte sich nicht vor einem Erscheinen bei der alljährlichen, von LMI gesponserten Benefizveranstaltung im Metropolitan Museum of Arts drücken können, sosehr sie es auch mit allen erdenklichen Argumenten versucht hatte. Eine persönliche Einladung von Vincent Levy kam einem Befehl gleich. Einen Moment lang hatte sie überlegt, Oliver zu fragen, ob er sie begleiten wollte, damit er sich gleich vor Ort ein Bild von den Wall Street-Haien machen konnte, die er so gerne belauerte und diffamierte, aber sie hatte es nicht getan. Sie mochte Oliver wirklich. Er war scharfsinnig und humorvoll, sensibel und intelligent. In seiner Gesellschaft hatte sie nicht das

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