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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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schmerzhaft in ihr Kreuz. Stumm ertrug Alex Schmerzen und Erniedrigung. Nach dem dritten Mann hörte sie auf zu zählen. Sie hörte Sergios wütende Stimme nur noch aus weiter Ferne. Es war belanglos geworden. Das, was ihr widerfuhr, geschah nur einer empfindungslosen Hülle. Ihre Gefühle hatten sich an einen weit entfernten Ort zurückgezogen. Während dieser endlosen Minuten, die sich zu Stunden dehnten, war es Alex, als würde sie sich selbst von oben sehen. Ein zerschundener Körper, ein von Schlägen entstelltes und verquollenes Gesicht, das nichts mit der Alex Sontheim zu tun hatte, die sie einmal gewesen war. Ihre Gedanken flogen zu Nick. Alle Brutalitätkonnte die Erinnerung an die schönste Nacht ihres Lebens nicht besudeln.
    »Und?«, hörte Alex Sergios höhnische Stimme. »Gefällt dir das? Oder willst du endlich mit mir reden?«
    Wenn es auch nur etwas an ihrer Lage geändert hätte, hätte sie Sergio alles gesagt. Ja, sie hätte ihn angebettelt, ihn angefleht, sie hätte alles getan, nur um zu leben. Aber er würde sie sowieso töten. Deshalb musste sie stark bleiben. Ihr Stolz sollte ihn um den Verstand bringen.
    ***
    Stumm vor Zorn über die Niederlage, die er durch ihr beharrliches Schweigen erleiden musste, sah Sergio zu, wie sich ein Mann nach dem anderen voller Gier über Alex hermachte. Der Anblick der Männer, die wie keuchende Tiere von dem Körper der Frau Besitz ergriffen, die er einmal wirklich geliebt hatte, erfüllte ihn mit Ekel statt mit Genugtuung. Es gab noch ganz andere Methoden, einen Menschen zum Reden zu bringen, aber irgendetwas tief in seinem Inneren machte es Sergio unmöglich, Alex Gliedmaßen abtrennen oder sie irgendwie verstümmeln zu lassen.
    »Sie atmet nicht mehr«, sagte einer der Männer. Er beugte sich über Alex und tastete nach ihrer Halsschlagader. Sergio sprang von seinem Stuhl auf und starrte auf den leblosen Körper der Frau, für die er einmal sehr viel mehr als Sympathie empfunden hatte. Das Gefühl, vor seinen Leuten ein letztes Mal von diesem Weibsstück gedemütigt worden zu sein, bohrte sich wie ein glühender Widerhaken in sein Fleisch, trotzdem empfand er einen widerwilligen Respekt vor dieser Frau, die es gewagt hatte, ihm zu trotzen. Sie hatte keine Angst vor ihm gehabt. Er fuhr sich mit beiden Händen durch das kurz geschnittene Haar. Alex hatte Recht gehabt. Nelson hatte ihm einen schlechten Ratschlag gegeben. Was wäre sie für eine großartige Gefährtin für ihn gewesen! Sie wäre loyal geblieben, wenn er ihr nur gestattet hätte, auf seiner Seite zu stehen. Plötzlich war Sergios Zorn verraucht und machte einer bleiernen Müdigkeit Platz. Schöne, leidenschaftliche, mutige Alex! Niemals mehr würde er eineFrau wie sie treffen! Mit ihrem Tod hatte sie ihm eine schwere Niederlage zugefügt. Aber vor allen Dingen war mit ihr das Gefühl gestorben, unbesiegbar zu sein. Alex hatte ihn besiegt. In jeder Hinsicht.
    »Was sollen wir mit ihr machen?«, fragte Luca. Sergio zuckte zusammen und starrte ihn an. Ungeduldig verscheuchte er die sentimentalen Gedanken, die ihn für einen Moment benebelt hatten. Die kleine Schlampe hatte den Tod verdient. Sie hatte ihn belogen und betrogen und bestohlen. Fertig. Das Leben ging weiter und er brauchte einen klaren Kopf.
    »Schmeißt sie in den Fluss«, sagte er kalt. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging hinaus.
    ***
    Nick hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Kurz vor halb zwei morgens hatte er das Büro der Staatsanwaltschaft verlassen und war durch den einsetzenden Schneefall die zwei Blocks bis zur City Hall hinübergelaufen. Er hatte es nicht mehr ausgehalten, einfach dazusitzen und zu warten. Und es war kaum zu ertragen, wie Jenkins und Engels von Alex sprachen. Für sie war sie nur eine wichtige Zeugin, mehr nicht. Es interessierte sie nicht, wie sie als Mensch war, ja, es war ihnen sogar gleichgültig, ob sie wirklich schuldig oder unschuldig war. Ganz sicher würden sie die Korruptionsaffäre auch ohne Alex aufklären, zumindest so weit, wie sie es für nötig hielten. Nick ahnte, dass es Vitali wieder einmal gelingen würde, sich aus der ganzen Angelegenheit herauszuwinden. Seine Super-Anwälte würden jede Beschuldigung abschmettern und wahrscheinlich würde er alle Leute so einschüchtern, dass sie nichts gegen ihn Verwertbares mehr aussagen würden. Aber Vitali war Nick eigentlich auch gleichgültig. Es war Alex, um die sich seine Gedanken drehten. Wo war sie? Was hatten sie mit ihr gemacht?

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