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Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien

Titel: Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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sie heute Morgen nur nicht auf Nick gehört und war mit ihm gegangen? Ihre Gedanken rasten, aber es gab keine Möglichkeit zur Flucht. Sie war Sergio auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und sie wusste, dass er sie töten würde.
    »Komm«, sagte nun wieder einer der Männer, »ich muss mal pinkeln. Und dann holen wir die anderen. Die wollen sicher auch ihren Spaß haben.«
    Schritte entfernten sich, eine Tür ging mit leisem Quietschen auf und wieder zu. Der Raum musste ziemlich groß sein, es roch klamm und unbenutzt, wie ein alter Keller.
    »Hallo?«, flüsterte Alex nach einer Weile heiser, aber sie erhielt keine Antwort. Offenbar waren beide Bewacher gegangen. Sie bewegte ihre Hände und Füße und das Gefühl kehrte mit schmerzhaftem Prickeln in ihre Gliedmaßen zurück. Es gelang ihr, ihren Oberkörper aufzurichten, und sie lehnte sich gegen eine geflieste Wand. Sie rieb ihren Kopf so lange an ihrer Schulter, bis sich das Packband langsam lockerte. Mit den Fingernägeln bearbeitete sie das Klebeband an ihren Knöcheln. Vor Anstrengung brach ihr der Schweiß aus allen Poren und ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Jeden Moment konnten die Männer zurückkehren und dann wären alle Bemühungen umsonst gewesen. Endlich konnte sie mit dem linken Auge etwas sehen! Der Raum war tatsächlich riesengroß und völlig leer, Boden und Wände waren gefliest und an der Decke verliefen Rohrbahnen. Es sah aus wie in einem Schlachthaus. Und Schlachthäuser gab es in Manhattan vorwiegend im Meatpacker’s District in Chelsea, zwischen der 9th und 11th Avenue! Keuchend riss sie das Klebeband von ihren Füßen ab, dann erhob sie sich. Ihr wurde vor Kopfschmerzen schwindelig, aber sie zwang sich, quer durch den Raum zu einem Metallregal zu gehen. An einerscharfen Kante rieb sie ihre Handfesseln durch und kümmerte sich nicht darum, dass sie sich dabei verletzte, dann riss sie das Klebeband von ihren Augen ab und sah sich hektisch nach einem Fluchtweg um. Sie konnte die Oberlichter aus Milchglas erreichen, wenn das altersschwache Metallregal ihr Gewicht trug. Zumindest musste sie es versuchen. So schnell sie konnte kletterte sie auf das klapprige Regal und erreichte mit den Fingerspitzen den Rand des Fensters. Verzweifelt rüttelte sie an dem verrosteten Fensterhebel, der sich Millimeter für Millimeter bewegte. Plötzlich sprang das Fenster auf. Alex hätte jubeln können. In diesem Moment öffnete sich die Tür auf der anderen Seite des großen Raumes. Die Männer bemerkten sofort, was geschehen war. Sie schrien durcheinander und rannten auf sie zu. Alex mobilisierte alle Energien und zog sich nach oben. Sie verpasste dem Regal einen Fußtritt, und es brach mit einem dröhnenden Scheppern zusammen. Keuchend hing sie in dem geöffneten Oberlicht. Auf der anderen Seite ging es gut vier Meter nach unten, aber das war ihr egal. Sie rutschte weiter, ließ ihre Beine die Mauer hinabrutschen, schloss die Augen und ließ los.
    ***
    »Die Cops durchsuchen die ganze Stadt«, sagte Luca zu seinem Boss, »sie verhaften jeden, der ihnen nicht gefällt. Bis heute Abend ist jede Gefängniszelle im Umkreis von 100 Meilen dreifach belegt.«
    »Hm«, Sergio warf einen Blick auf seine Uhr, »vielleicht sollten wir es jetzt hinter uns bringen.«
    Er war durch die hektischen Aktionen der Polizei nicht besonders beunruhigt, denn Jerome Harding hatte ihm noch vor ein paar Stunden bei einem gemeinsamen Brunch versichert, dass die ganze Sache nichts mit ihm zu tun hätte, sondern lediglich der Aufklärung des Mordes an St. John diente. Harding hatte ihm versprochen, ihn umgehend anzurufen, sobald er etwas anderes erfahren sollte. Auf Harding war Verlass, das wusste Sergio. Außerdem konnten die Cops suchen, wie sie wollten. In spätestens drei Stunden war Alex tot.
    »Wie geht es Maurizio?«, erkundigte sich Sergio, als sie Richtung Chelsea fuhren.
    »Ich habe ihn zu Sutton bringen lassen«, antwortete Luca. »Dieses rabiate Weib hat ihm fast den Schädel eingeschlagen.«
    Sergio nickte grimmig. Trotz seines Zorns auf Alex verspürte er in seinem tiefsten Innern ein Gefühl der Hochachtung. Diese Frau war wirklich mutig. Eine fast ebenbürtige Gegnerin. Aber nach sieben Stunden gefesselt und geknebelt im Kühlhaus der alten Fleischfabrik würde sie kapiert haben, dass er trotzdem immer gewann und sie keine Chance gegen ihn hatte. An der 23. Straße gerieten sie in eine Polizeikontrolle und während sie im Stau standen, spielte Sergio mit dem Gedanken, der

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