Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
und sie war so schön und begehrenswert, dass er es kaum noch ertragen konnte, sie nicht zu berühren. Merkwürdigerweise war es ihm sogar egal, dass sie vor kaum 24 Stunden mit einem anderen Kerl geschlafen hatte.
»Wann kann ich einziehen?«
Da lächelte Sergio. Sie hatte den Köder geschluckt.
»Noch heute, wenn du willst«, er nahm ihr das Glas aus der Hand. Bevor sie noch etwas sagen konnte, hob er sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer.
***
Es war schon weit nach Mitternacht, als sie erschöpft und keuchend dalagen, die schweißfeuchten Glieder ineinander verschlungen, und Alex erinnerte sich an das, was Oliver gestern Nacht über Sergio gesagt hatte. Sie entschloss sich, diesen Moment der Nähe auszunutzen.
»Sergio?« Sie küsste seine nackte Schulter.
»Mhm …« Er lag auf dem Rücken und lächelte schläfrig.
»Ich möchte dich etwas fragen, aber du sollst mir nur antworten, wenn du mir auch die Wahrheit sagst.«
In Sergios Augen erschien ein wachsamer Ausdruck.
»Okay.«
»In den Zeitungen schreiben sie immer wieder, dein Vater sei ein Mafioso gewesen.«
»Ja, das war er wohl.« Er drehte seinen Kopf, damit er sie besser ansehen konnte. »Sein schlechter Ruf macht mir heute noch zu schaffen, wie du merkst. Die Leute denken leider, wenn man einen italienischen Namen trägt und erfolgreich ist, gehöre man automatisch zur Mafia.«
»Sie behaupten, dein Vater hätte Leute umgebracht.«
Sergio betrachtete Alex nachdenklich.
»Ich war 19, als mein Vater erschossen wurde«, sagte er langsam, »und ich denke, er hatte diesen Tod verdient, denn er hat eine Menge Leute umgebracht.«
Alex erschauerte.
»Das klingt spannend.«
»Spannend?« Sergio verzog das Gesicht. »Mein Vater war ein Berufskiller. Er kam als junger Mann aus Sizilien nach Amerika und hatte nichts anderes gelernt, als Schafe zu hüten und mit einer Waffe umzugehen. Er tat es, um zu überleben, denn es war damals ein Geschäft wie jedes andere auch. Das Leben in den dreißiger Jahren war schwer, ehrliche Arbeit war rar und dazu schlecht bezahlt.«
»Hast du deinen Vater gemocht?«
Sergio überlegte einen Moment bevor er antwortete.
»Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es nicht mehr. Ich habe ihn kaum gekannt. Er schickte mich auf ein Internat, als ich fünf odersechs war. Mein Bruder war gestorben, und er wollte nicht, dass ich in Schwierigkeiten gerate. Ich war zehn Jahre lang nur zu Weihnachten in New York. Erst, als mein Vater tot war, kam ich zurück.«
Eine Weile lagen sie schweigend da. Tief unter ihnen brodelte das nächtliche Leben in der Stadt, die niemals schlief, und der Autolärm drang gedämpft zu ihnen herauf.
»Hast du auch Leute umgebracht?«, fragte Alex leise. Sergio sah sie mit einem wachsamen Funkeln in den Augen an.
»Weshalb möchtest du das wissen, Cara?«
»Es steht so viel in den Zeitungen«, erwiderte sie, »all diese Sachen über Mafia und Unterwelt. Ich möchte wissen, was davon wahr ist.«
Sergio küsste sie, machte sich sanft von ihr los und stand auf. Trotz seiner Nacktheit wirkte er nicht schutzlos oder lächerlich. Seine Haltung war von einem lässigen Selbstbewusstsein, wie bei einer antiken Statue.
»Ist es wichtig für dich?«, fragte er.
»Ja«, sie erwiderte ruhig seinen Blick, »es ist wichtig für mich.«
»Was würde es für dich verändern, wenn du erfahren würdest, dass ich all das bin, was die Presse von mir behauptet? Würde die Vergangenheit eine so große Rolle für dich spielen, dass du mich nicht mehr sehen wolltest?«
»Nein«, Alex schüttelte den Kopf, »das hat damit gar nichts zu tun.«
Sie wusste, dass er viele Geheimnisse vor ihr hatte, und das störte sie nicht einmal. Es waren grundlegende Wahrheiten, die sie über ihn wissen wollte, spätestens seitdem Oliver gestern Nacht solche Dinge über ihn gesagt hatte.
»Was ist es dann?«, fragte Sergio und Alex richtete sich auf. Sie dachte an die Downeys, an die vertrauensvolle Zuneigung zwischen ihnen.
»Ich möchte von dir hören, ob es wahr ist, was die Zeitungen schreiben, oder nicht. Auch wenn es wahr ist und du mir das sagst, dann ist es in Ordnung für mich. Ich möchte dir nur vertrauen und glauben können.«
Sergio setzte sich auf den Bettrand und sah sie an. Für den Bruchteil einer Sekunde fühlte er sich versucht, Alex zu sagen,was sie hören wollte, aber dann dachte er wieder an Nelsons Warnung und an den Kerl, mit dem sie ihn betrogen hatte, und die Vernunft gewann die Oberhand. Er konnte Alex noch
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