Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Wichtiges in unserer Beziehung fehlt. Du liebst mich nicht, sondern betrachtest mich als dein Eigentum, das du nach deinem Gutdünken benutzen kannst. Du respektierst mich nicht.«
Sergio sagte nichts, sondern sah sie nur aufmerksam aus seinen unglaublich blauen Augen an.
»An dem Abend«, fuhr sie fort, »an dem du mich vergewaltigt hast, habe ich begriffen, wie du wirklich bist.«
»Und wie bin ich?« Ihm gelang es zu lächeln.
»Du bist ein Egoist. Für dich gibt es nur Sergio Vitali, sonst nichts. Dein Verhalten hat mich tief gekränkt.«
»Das tut mir leid.«
»Das glaube ich dir nicht.«
»Cara«, er beugte sich vor und legte seine Hand auf ihre, »ich habe noch nie zuvor in meinem Leben eine Frau so sehr begehrt wie dich.«
»Und?«
»Und?« Er sah sie irritiert an. »Was meinst du?«
»Ich weiß, dass du meinen Körper begehrst«, antwortete sie, »aber ich erwarte von einer Beziehung mehr als nur Sex. Ich bin bald 37 Jahre alt und habe keine Lust, nur das Betthäschen von einem Mann zu sein, der sich einen Dreck um meine Gefühle und Bedürfnisse schert.«
»Was erwartest du von mir?« Ein schwer zu deutender Ausdruck lag in seinen Augen. War es Unsicherheit? Oder war es lediglich Verärgerung darüber, dass er sich dieser Diskussion nicht entziehen konnte?
»Nichts«, Alex zuckte die Schultern, »ich erwarte nichts von dir. Zwischen uns wird nie mehr sein als Sex. Du wirst mich nie als gleichberechtigte Partnerin oder Vertraute akzeptieren. Ich weiß nicht weshalb, ich habe sehr häufig darüber nachgedacht. Manchmal dachte ich, es läge an mir, aber das ist nicht so. Du willst von einer Frau eben nicht mehr als das, was du dir bei mir holst. Und für mich reicht das auf Dauer nicht.«
Sergio schwieg einen Moment, sein Gesicht war ausdruckslos.
»Ich werde nicht zulassen, dass du mich verlässt«, sagte er dann und ließ ihre Hand los.
»Was willst du tun? Wirst du mich mit vorgehaltener Pistole zwingen, mit dir ins Bett zu gehen?«
Er reagierte nicht auf diese spöttische Bemerkung.
»Sag mir, was ich tun kann, damit du deine Meinung änderst.«
»Nichts. Es ist zu spät.«
»Das kann ich nicht akzeptieren«, erwiderte Sergio.
»Du hättest mich nicht anlügen sollen«, sagte Alex, »aber du lügst immer wieder. Wieso sind wir heute Abend nicht alleine unterwegs? Warum die Limousine, die Leibwächter, die jeden anstarren, der ins Restaurant hineinkommt?«
Sie stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf.
»Ich war bereit, dich zu lieben, Sergio. Wenn du ehrlich zu mir gewesen wärst, hätte ich jede Wahrheit akzeptiert, und wenn sie noch so schlimm gewesen wäre.«
Sie bemerkte am Ausdruck seiner Augen, dass sie einen wunden Punkt berührt hatte.
»Meine Frau hat in 30 Jahren nicht verlangt, dass ich ihr etwas von meinen Geschäften erzähle«, sagte er steif. »Wieso können wir es nicht einfach so lassen, wie es ist?«
»Ich habe dir gesagt weshalb«, sie drückte die Zigarette aus, »und jetzt möchte ich nach Hause.«
Sergio schluckte. Er wollte Alex unter keinen Umständen verlieren. Sie bedeutete ihm mehr, als ihm jemals eine Frau bedeutet hatte. Vielleicht sollte er doch Nelsons Warnung in den Wind schlagen und ihr die Wahrheit über sich erzählen. Mit ihr an seiner Seite konnte er unschlagbar sein, denn Alex hatte all das, was seinem Sohn Massimo fehlte. Sie war eine glänzende und kaltblütige Taktikerin, sie war bei aller Risikofreudigkeit besonnen und weitsichtig. Aber wie würde sie auf die Wahrheit reagieren? Wenn sie plötzlich Skrupel zeigte, wäre sie eine Gefahr und ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als sie eliminieren zu lassen. Frauen waren schwer einzuschätzen, und Alex erst recht. Sergio hasste nicht einschätzbare Risiken. Er brauchte Zeit, um sich über die beste Strategie in diesem Fall klar zu werden. Fürs Erste schien es deshalb das Beste zu sein, ihre Beziehung auf Eis zu legen. Bereits in dem Moment als er das dachte, verspürte er seine Sehnsucht nach ihr so schmerzhaft wie einen Messerstich. Allein der Gedanke,dass ein anderer Mann sie anfasste, brachte ihn um den Verstand.
»Lass uns ein anderes Mal darüber sprechen«, sagte er schließlich und zwang sich mit aller Kraft zu einem Lächeln, »ich muss über das, was du gesagt hast, nachdenken.«
»Einverstanden.«
Es war Viertel nach zwölf, als sie das Le Bernardin verließen. Luca und der andere Mann, die den ganzen Abend über im Foyer des Restaurants herumgelungert hatten,
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