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Unter Menschen

Unter Menschen

Titel: Unter Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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könnte.“
     
     

     
     
    Bill steuerte das Motorboot in mittlerem Tempo aufs Meer hinaus, während George den Dummy im Auge behielt. Sie schleiften eine lebensgroße Puppe im Taucheranzug hinter sich her. Beide Männer trugen ebenfalls einen Neoprenanzug. Das Wasser spritzte rechts und links auf. Die Sonne beschien die Tropfen und ließ sie glitzern.
    Ein kleiner Wellenberg tauchte ein paar Meter hinter der Puppe auf und schien ihr zu folgen. Bill erhöhte die Geschwindigkeit, doch die Welle hielt den Abstand.
    „Verdammt, das wird nichts!“, rief Bill gegen den Motorenlärm. „Hab ich dir gleich gesagt. Wenn er erst mal in Rage ist, kannst du alles vergessen.“
    „Abwarten“, antwortete George, „gib ihm eine Chance.“
    Die Welle teilte sich und eine silbrige Flosse schnellte hervor, ein Körper stürzte sich auf den Tauchdummy und riss ihn unter Wasser. George gab ein Zeichen, der Motor erstarb. Sam kämpfte mit der Puppe, wickelte seinen Körper schlangengleich um die Taille seines Opfers und zog ihn wieder unter die Oberfläche.
    „Jesus ...“, hauchte Bill. „Und jetzt stell dir vor, ich bin die Puppe. Oh, Mann ...“
    Die Beine des Attrappentauchers ragten kurz aus dem Wasser, dann verschwanden sie wieder. George griff nach der Leine und holte sie gleichmäßig ein. Noch einmal riss Sam an der Puppe, dann ließ er von seiner Beute ab. In wenigen Metern Entfernung erschien sein blonder Schopf über der Wasseroberfläche. Er tauchte unter und ein paar Sekunden sah man nichts mehr von ihm. Dann schoss Sam über einen Meter hoch aus dem Wasser und ließ sich in Walmanier wieder auf die Oberfläche zurückfallen.
    „Er ist jetzt wütend auf sich selbst. Lassen wir ihn sich ein wenig abreagieren“, sagte George, als Sam erneut aus dem Wasser schnellte.
    „Du denkst daran, was Laine hätte passieren können, hab ich recht? Er ist mit ihr im Arm getaucht. Fast jede Woche“, sagte Bill.
    „Vielleicht hätte er ihr nie etwas getan.“
    „Nenn mir jemanden, auf den er mehr steht, als auf dich. Nenn mir einen. Dich hat er auch angegriffen. Er ist gefährlich, ich sag’s dir.“
    Sam warf sich herum, peitschte das Wasser mit der Flosse und tauchte. George sah ihm nachdenklich zu.
    „Vielleicht ist das nur eine Phase und es hört wieder auf, wenn er reifer wird. Jungs in der Pubertät haben zu viel Energie. Außerdem denke ich, dass er sich in dem Alter ein Revier erobert, das er gegen andere verteidigt. Es muss etwas sein, was seiner Natur dient und das wäre eine logische Erklärung.“
    „Und wann denkst du, hört er wieder auf damit? Kannst du es verantworten, ihn ins Meer zu lassen, wo er Schwimmer angreift? Hast du ihn unter Kontrolle?“ Bill sah nicht sehr überzeugt aus.
    Etwas plätscherte neben dem Boot und Hände legten sich um den Bootsrand. Dann schauten zwei schuldbewusste grüne Augen zu ihnen hinauf.
    „Das ist nicht schlimm, Sam. Wir sind nicht böse auf dich.“
    George streckte die Hand nach Sam aus, der mit einem traurigen Sirren antwortete. Bill schwieg und vermied es, Sam direkt anzusehen.
    „Du wirst das schaffen“, sagte George. „Weißt du, was du versuchen kannst? Du solltest sprechen, in unserer Sprache. Das wird dir helfen, wenn es dich überkommt und du angreifen willst. Versuch es.“
    Sam sirrte und ließ die Schwanzflosse aufs Wasser klatschen.
    „Sprechen“, wiederholte George geduldig. „Sag was zu mir.“
    „Lass ihn einfach, George, du kannst ihn nicht erziehen. Er ist ein wildes Ding und fertig.“
    Sam warf Bill einen bösen Blick zu.
    „Gar nicht wahr!“
    „Sehr gut“, lobte George. „Sprich weiter.“
    Bill schüttelte den Kopf.
    „ Ich steig nicht mehr zu dir ins Wasser. Garantiert nicht“, sagte er. George fand, dass Sam ein wenig gekränkt aussah. Bestimmt war es schwer für ihn zu erleben, dass man ihm misstraute.
    „Ich kann nichts dafür! Jerry sagt, ich habe Instinkte! Kapierst du das endlich mal?“ Er wühlte das Wasser auf.
    „Weißt du, wie egal mir das ist, was du hast? Du entwickelst dich zum Killer!“, sagte Bill. Sam schlug mit der Schwanzflosse so fest auf die Wasseroberfläche, dass Bill eine ordentliche Ladung abbekam. Und dann fauchte er, scharf und tierisch, wie eine Mischung aus Schlange und Raubkatze.
    „Mein, Gott, jetzt dreht er durch. Er ist außer Kontrolle, George. Siehst du das nicht?“
    George packte ihn am Arm.
    „Nicht, Bill. Hör auf“, sagte er ruhig.
    Sam fauchte wieder und Bill stellten sich die

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